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Geschichten zum Thema Alltag
von die.Sass.da » Mo 10 Feb, 2014 23:31
Ich schlage die Tür mit aller Wucht zu, stecke den Zündschlüssel ins Schloss, drehe ihn und lasse den Motor mehrmals laut aufbrausen.
Beobachte im Rückspiegel, wie Vater und Mutter aus ihrem verkehrsgelben Hochsicherheitslabor treten, um mich - ja, was eigentlich? - zurückzuhalten? Ich warte einen Augenblick. Die beiden tapsen, Arm in Arm, mit ihren angstdurchflochtenen Betroffenheitsmienen hinter meinen Wagen und stocken dann unvermittelt, als ihnen die Nähe zu groß wird. Kenn ich nicht anders. Die auch nicht. Zeitlupig öffnen sich ihre lautlosen Münder, jedoch will ich nicht länger warten.
Der wirbelnde Staub meines Aufbruchs mantelt meine Eltern in Gräue ein und deckt auf, was sie bedauerlicherweise sind. Monochrome Schemen. Ich muss jetzt weg. Richtung Horizont. In den Spuren, die mein Bruder schon vier Jahre zuvor tief in den Asphalt fräste.
Ich biege in die Hauptstraße ein und betrachte das Batallion wolkendurchstoßender Glas- und Stahlquader, durch deren Fluchten lethargisierende Hektik zieht. Muss diesem reizüberflutenden Ort der Konformität entkommen, bevor er mich gänzlich vereinnahmt und versklavt.
So wie all meine mir völlig unbekannten Freunde, an denen ich vorbeifahre und die ich mit erhobener Hand versuche abschiedlich zu grüßen. Doch sie beachten mich nicht. Von artifiziellen Auren umgeben paradieren die Willensbetäubten kuhgleich ins Leere. Angezogen vom verlockenden Wohlklang der Sirenen, die die Behüter des Friedens von ihren papiernen Herren in die gebundenen Hände gedrückt bekamen. Ich konnte diese Melodie noch nie ausstehen. Kopfschüttelnd setze ich meine Fahrt fort.
Und dann bemerke ich, dass meine erste Liebe überraschend aus einer Seitengasse heraus sprintet und sich in meinen Weg stellt. Als sie erkennt, dass ich nicht gewillt bin anzuhalten, hechtet sie mit einem beherzten Sprung auf meine Motorhaube. Soviel Courage hätte ich ihr nicht zugetraut. Sie war diejenige, die sich damals gleich einem mürrischen Esel dem nächsten Schritt verweigert hat. Jetzt ist sie plötzlich mutig, schlägt wutentbrannt auf meine Windschutzscheibe ein und will mich so zum Stoppen zwingen. Aber helfen wird ihr das auch nicht. Habe meinen Wagen nämlich mit vergangenheitsabweisender Unversöhnlichkeitspolitur behandelt.
Und so verliert sie in einer Neunziggradkurve den Halt, schleudert hellkreischend durch die Luft und zerschellt an ihrer roten Ampel. Ja, ihre Chance hat sie vor langer Zeit vertan.
Als ich dann den Horizont namens Ortsausgangsschild erreiche und passiere, nehm ich SIE endlich haptisch wahr. Lebenssatte Selbstbestimmung versprechend. Meine Grüne Welle.
Voll panischer Vorfreude trete ich das Gaspedal durch, rase in die Welle hinein und lass mich von ihr in eine unbestimmte Zukunft strömen.
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die.Sass.da
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von Garfield » Do 13 Feb, 2014 01:20
Heyho,
irgendwie ein arroganter Prot und dann auch noch so hochtrabende Sprache: Von artifizielle Auren umgeben paradieren die Willenbetäubten... Oha, das schreckt mich schon erst mal ab. Der, die, das Prot macht nen Abgang und fühlt sich dabei so allen ziemlich überlegen. Aber das ganze bleibt etwas arg leer. Konformistische Eltern, ja mei, das ist jetzt nicht direkt kreativ als Vorwurf. So bleibt das Verhalten recht pubertär, die "Ich mach jetzt einen auf intellektuell" Sprache unterstützt das noch. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das so deine Absicht war^^
Nichtdestotrotz ist dein Stil flüssig und teilweise musste ich schon schmunzeln, die vergangenheitsabweisende Unversöhnlichkeitspolitur fand ich gut. So als Fingerübung ist das ganze also recht nett, aber noch fehlt etwas die Substanz.
Grüße, Garf
Kurz, er bewies eine Geduld, vor der die hölzern-gleichmütige Geduld des Deutschen, die ja auf dessen langsamer, träger Blutzirkulation beruht, einfach gar nichts ist. Gogol - Die Toten Seelen
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von annabell » Di 18 Feb, 2014 23:25
ja, ich kann Garfield in mancherlei hinsicht zustimmen! auch ich habe geschmunzelt und mich ansatzweise vom fluss deiner prosa mitziehen lassen...auch die stelle, die garfield anhebt, geriet dir, wie ich finde, nicht so passgenau...da gehörte, meine ich, etwas mehr lust am durchschuss hin, ein paar begrenzungslinien mehr, wie "brennende barrikaden, die man - mit dem fahrzeug passierend - nur aus dem augenwinkel wahrnimt, während man auf dem weg is, saucen-safran fürs dinner zu besorgen, oda so", falls du verstehst, aber ich freute mich, hier mehr von dir zu lesen!
beste grüße bell
"Armselig ist das Haus, in dem es nicht auch viele unnütze Dinge gibt." (Horaz)
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von findefuchs » Fr 21 Feb, 2014 17:55
Hi annabelle,
ach annabelle...um's mit Reinhard May zu sagen! Das Teil liest sich für mich wie "Sin Nombre" als Oberseminar adjektivisiert, für die Testfahrer unter den Lyfoianern aufbereitet, mit intellektuellen Stunts versehen. Jetzt müsste es nur noch AC/DC vertonen...
finde
Zuletzt geändert von findefuchs am Fr 21 Feb, 2014 17:57, insgesamt 1-mal geändert.
Als ich des Suchens müde wurde, erlernte ich das Finden. Friedrich Nietzsche
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von Anna Lyse » Mo 03 Mär, 2014 23:27
hi ich konnte leider nach den ersten paar absätzen nicht mehr weiter lesen. aber vielleicht gelingt es mir noch und da sag ich dir auch wie ich es fand. uneingeschränkt der meinungen die über mir sind
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Anna Lyse
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