Geschichten zum Thema Alltag

individuell dankbar?

Beitragvon Veto » Sa 28 Feb, 2009 01:05


Timmys Paradoxon
Während Timmy aus Protest die Musikanlage lauter dreht, schüttelt sein Vater nur verständnislos den Kopf. „Verzogenes Gör, hört hier auf
seiner 350€ Anlage diesen Gangsterdreck über klauen bei Kik und
Drogenhandel und möchte unbedingt auch noch den neusten MP3-Player.
Wie undankbar“, brummt er den monoton wirkenden Beats irgendeines
Vorstadtkriminellen entgegen, den sein Sprößling durch den Klick auf
seine MySpace-Seite zum ganz großen Geld verhelfen soll. So wollte
er ihn nicht erzogen haben. Timmy sollte eigentlich doch zu schätzen
wissen, was er bekommt und dankbar sein.

Zwei Stunden zuvor sind Timmy und sein Erzeuger durch die Stadt getrottet und standen mit einem Chickenburger von McDonalds' bestimmt gute eineinhalb Minuten vor eines dieser Werbeplakate, die derzeit ihre Heimatstadt so überfluten. Abgebildet war eine schwarze Person. Keiner von ihnen weiß noch, ob sie männlich oder weiblich war. Geschweige denn ihr Alter. Doch trotzdem verlieh es den Vater dazu, Timmy ein wenig über die Welt und ihre Ungerechtigkeit aufzuklären. „Da, das ist wirkliche Armut! Diese Menschen sind Arm, nicht deine komischen Rapper, die über irgendwelche Ghettos in Detuschland quatschen! Diese Leute da leben in Wellblechhütten und haben kein Geld für Nahrung oder Medikamente! Alle paar Sekunden verhungert dort ein Kind“, der Vater schnipste kurz mit etwas fettigen Fingern, als wollte er mit seinem
Chickenburger einen philanthropischen Grotesksong anstimmen, „und
du beschwerst dich über Ghettos in Deutschland und darüber, dass du
irgendeinen iPod haben willst! Er“, er zeigt auf das
Gesicht des zweidimensionalen Gegenübers, „er hat Probleme!
Behalte ihn immer im Blick, wie schlecht es ihm im Gegensatz zu dir geht!“
Leicht demütig nickt Timmy und sie gehen weiter. Dann sprudelte eine Phrase aus ihm heraus, die für jedes Elternteil ein rotes Tuch zu sein scheint. Kontrolliert sprach er es nicht aus und nachgedacht hat er vorher
auch nicht. Nur ein paar Reste des Burgers behinderten ihn beim
reden, was ungewohnt war, denn er spricht sonst nie mit vollem Mund.
„Aber meine Freunde haben alle einen iPod. Dann kann ich auf dem
Weg zur Schule Musik hören und so...“, schmatzte der dumme Tölpel.
Als hätte sein Vater auf dieses Argument nur gewartet, donnerte er
voller Elan seinem Sohn entgegen: „Ach! Und wenn deine Freunde vom
Hochhaus springen, springst du auch?“, den zweiten Teil des
Arguments komplett ignorierend fuhr er fort, „nur, weil deine
Freunde so ein Teil besitzen, heißt es nicht, dass du das auch
brauchst. Sei mal bisschen eigenständiger! Du bist doch immer so auf
deine eigene Meinung verharrt! Lass deinen Blick bei dir und sei du selbst!

Verwirrt und etwas beleidigt von der energischen Antwort des Vaters tapste Timmy stumm nach Hause und drehte seine Anlage voll auf, um ein paar Texte aus seinem Leben zu hören.

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"Ich bin nicht suizid gefährdet,
ich bin genozid gefährdet."
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Re: individuell dankbar?

Beitragvon Orange » Sa 28 Feb, 2009 16:14


Hi Veto!
Erstmal sind mir ein paar Sachen am Text aufgefallen.
den sein Sprößling durch den Klick auf
seine MySpace-Seite zum ganz großen Geld verhelfen soll.

Den Satz versteh ich nicht
Timmy sollte eigentlich doch zu schätzen
wissen, was er bekommt und dankbar sein.

Zwei Stunden zuvor sind Timmy und sein Erzeuger durch die Stadt getrottet

Ich glaube bei den beiden Sätzen gibt es ein Problem mit der Zeit.
vor eines dieser Werbeplakate
einem
irgendeinen iPod haben willst! Er“, er zeigt auf d
ich dachte sie wissen nicht mehr ob " er" männlich oder weiblich ist.
jedes Elternteil
warum bleibt dann die Mutter so ruhig, ich denke du meinst für alle Eltern.
Nur ein paar Reste des Burgers behinderten ihn beim
reden, was ungewohnt war, denn er spricht sonst nie mit vollem Mund.
Ich bin mir auch hier mit den Zeiten nicht so 100%ig sicher.
schmatzte der dumme Tölpel.
1. ist wie weißer Schimmel, klingt ein wenig lächerlich. 2. ich finde es unangenehm wenn der Erzähler so offensichtlich wertet.
Leicht demütig nickt Timmy und sie gehen weiter
hier stimmt die Zeit ganz offensichtlich nicht.
Insgesamt finde ich das Thema interessant, aber mir ist die Geschichte etwas zu dünn und oberflächlich. Ich kann mich gut irren, aber es wirkt so als hättest du schnell eine Idee zu Papier gebracht.
Ich würde die Personen noch viel mehr ausarbeiten und mich mehr auf eine Perspektive konzentrieren und für diese Perspektive die Gefühle noch stärker ausarbeiten, aber das ist natürlich ausschließlich deine Sache.
Ich hoffe du kannst etwas mit meiner Kritik anfangen.
Sonnige Grüße
Orange
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Re: individuell dankbar?

Beitragvon Veto » So 01 Mär, 2009 21:59


Jau, wunderbare Kritik. Danke sehr.

Also nachm Überfliegen kann ich sagen: Hast soweit glaube ich in allem recht.
Und der Text ist tatsächlich so schnell dahin geschrieben. Ich kam von der Schule und meine Freundin brauchte noch etwas und ich musste mir die Zeit vertreiben. Aber ich werde das Thema nochmal schöner verpacken (:
ty.

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Re: individuell dankbar?

Beitragvon Struppigel » Sa 25 Jul, 2009 21:51


Hallo Veto,

nach dem ersten Lesen bin ich nicht gerade begeistert. Das "mal schnell dahingeschrieben" fällt leider sehr auf.

brummt er den monoton wirkenden Beats irgendeines
Vorstadtkriminellen entgegen, den dem sein Sprößling durch den Klick auf
seine MySpace-Seite zum ganz großen Geld verhelfen soll.

Dass Orange diesen Satz nicht verstanden hat, liegt an der umständlichen Verschachtelung und dem grammatischen Schnitzer (den/dem). Verkürze den Satz. Teile ihn in mehrere auf.

So wollte er ihn nicht erzogen haben.

Deutlich machen, wer hier mit "er" und "ihn" gemeint ist. Natürlich kann man es sich wegen des Inhalts zusammenreimen. Betrachtet man es jedoch stur, könnte auch der Vater den Vorstadtkriminellen nicht so erzogen haben wollen.

Das Problem mit der wertenden Beschreibung des Erzählers habe ich auch. Aber nicht, weil er überhaupt wertet, sondern weil er sich offenbar nicht für eine Seite entscheiden kann. So heißt es einerseits "Erzeuger" (Abwertung des Vaters), andererseits "dummer Tölpel" (Abwertung des Jungen).

Leicht demütig nickt Timmy und sie gehen weiter. Dann sprudelte eine Phrase aus ihm heraus, die für jedes Elternteil ein rotes Tuch zu sein scheint.

Die Zeitformen sind eine Katastrophe. Ich picke jetzt nicht alles raus. Es würde schon viel bringen, wenn Du einfach auf Konsistenz hin untersuchst - also solche Zeitenwechsel wie den obigen beseitigst.

Kontrolliert sprach er es nicht aus und nachgedacht hat er vorher
auch nicht.

Die Vorzeitigkeit wird mit dem Plusquamperfekt ausgedrückt. Also "nachgedacht hatte er vorher auch nicht"

Dann sprudelte eine Phrase aus ihm heraus, die für jedes Elternteil ein rotes Tuch zu sein scheint. Kontrolliert sprach er es nicht aus und nachgedacht hat er vorher
auch nicht. Nur ein paar Reste des Burgers behinderten ihn beim
reden, was ungewohnt war, denn er spricht sonst nie mit vollem Mund.
„Aber meine Freunde haben alle einen iPod. Dann kann ich auf dem
Weg zur Schule Musik hören und so...“, schmatzte der dumme Tölpel.

Es sprudelt, es kommt ohne nachdenken - trotzdem dauert es eine halbe Ewigkeit, bis man überhaupt bis zu dem Satz, der da sprudelt, gelesen hat.

Doch trotzdem
verlieh
es den Vater dazu, Timmy ein wenig über die Welt und ihre Ungerechtigkeit aufzuklären.

Der Vater hat nichts verliehen (im Sinne von ausborgen). "verleitete" müsste es heißen.

Diese Menschen sind Arm, nicht deine komischen Rapper, die über irgendwelche Ghettos in Detuschland quatschen!

Nein, Menschen sind weder Arm, noch Bein, noch Fuß, noch Hand. Sie sind einfach arm.

donnerte er voller Elan seinem Sohn entgegen

Das ist ebenso sinnvoll, wie mit Schwung loszubrüllen.

Leider sind die Antworten des Vaters ebenso unüberlegt wie die Aussagen von Timmy. Gewicht und Nachhaltigkeit hat darum keine der beiden Seiten. Die Intention hinter dem Text wird so immer schwammiger.

Grüße
Struppigel
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