Geschichten zum Thema Alltag

So ein Glück!

Beitragvon Pio » Mo 04 Mai, 2009 06:45


So ein Glück!

(nach einer Idee von Dietrich Schnurre)


„Jetzt kommt da eine Frau vorbei, eine jüngere Frau, sieht gut aus, wäre was für uns, wenn wir nicht hier liegen müssten“.

„Was hat sie an?“

„Einen kurzen Rock und eine weiße Bluse. Hochhackige Schuhe trägt sie auch“.
„Wie sehen die Beine aus?“

„Prima Beine, lang sind sie“.

„Und die Haare?“

„Schwarze Haare, lange schwarze Haare“.

„Ist sie allein?“

„Nein, ein Mann geht neben ihr, irgendein Schnösel, vielleicht ihr Freund.“

„Sag mal, Wanitzki, können wir nicht endlich einmal die Plätze tauschen? Mein Bett sollte auch mal am Fenster stehen. Wir wechseln täglich ab.“

„Kommt nicht in Frage, ich liege schon drei Wochen länger hier als du. Du brauchst, nicht immer wieder zu fragen, diesen Platz behalte ich. Außerdem beschreibe ich dir ja immer alles genau, was sich draußen abspielt.“


Dieser Wanitzki! Beide sind wir dreißig Jahre alt, beide liegen wir seit Wochen hier in diesem Zimmer im Bett, können nicht aufstehen, nicht einmal aufs Klo gehen, wir beide müssen in die Pfannen scheißen!
Besuch kommt auch nie, ich kann nur die Decke anglotzen.
Aber Wanitzki liegt in seinem Bett am Fenster, kann sehen, was da auf der Straße abläuft, kann das Leben sehen.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob er mir alles genau erzählt.
Manchmal schläft er auch am Tag, berichtet dann nichts.
Er will nicht einmal für kurze Zeit seinen Platz wechseln, unfair, egoistisch ist er.
Geld habe ich ihm schon angeboten, aber der lässt sich auf nichts ein.
Manchmal wünsche ich, er würde verrecken, dann hätte ich endlich seinen Platz, könnte etwas vom Leben sehen.
Eigentlich ist er ein Scheißkerl. Gestern habe ich ihn erwischt, er beschreibt nicht immer genau, was er sieht, erzählt nicht alles, ich muss oft nachfragen.
Da hat er wieder mal gesagt, dass eine junge, schöne Frau vorbeigeht, aber ihre Freundin oder Schwester hätte er fast unterschlagen. Die war noch viel schöner! Die wollte er für sich alleine behalten, nicht mit mir teilen! Dieser Mistkerl!
Der kann nicht anständig beschreiben, was er sieht. Immer wieder muss ich nachfragen, ihm die Würmer aus der Nase ziehen.

Abend ist es mal wieder geworden, jetzt passiert nichts mehr draußen.
Die Schwester ist noch mal vorbei gekommen, hat uns irgendwelche Tabletten gegeben, damit wir besser schlafen können.
Wanitzki erhält immer noch andere, die sollen seinen Schleim lösen. Er röchelt öfter so merkwürdig. Geschieht ihm recht, dem Schweinehund.

Mitten in der Nacht wache ich auf, Wanitzki röchelt fürchterlich. Ich mache das Licht an.
Merkwürdig sieht er aus, sein Gesicht ist ganz rot, er fuchtelt mit seinen Händen herum, seine Augen fallen ihm fast aus dem Kopf, er greift sich an den Hals, wirft sich hin und her oder versucht es mindestens.
Jetzt wird sein Gesicht blau.
Ich sollte auf den Notknopf drücken und die Nachtwache rufen, zögere aber.
Das ist meine einzige Chance, den Fensterplatz zu ergattern.
Ich mache das Licht wieder aus, Wanitzki röchelt immer schwächer, dann höre ich nichts mehr.
Als ich am Morgen aufwache, schieben sie gerade Wanitzki aus dem Zimmer, der braucht jetzt keinen Aussichtsplatz mehr. Wo der hinkommt, ist nichts mehr zu sehen, alles dunkel.
Die Schwester fragt mich, ob ich denn nichts gehört hätte. Tief geschlafen hätte ich, sage ich zu ihr.
Wanitzki sei verschieden, sagt sie.
Ja, den Fensterplatz bekäme ich, sie werde nachher mein Bett ans Fenster schieben.

Endlich, denke ich, endlich kann ich etwas anderes als die Decke sehen, endlich kann ich nachholen, was mir so lange Zeit entgangen ist.
Nach dem Frühstück kommt die Schwester mit einem Pfleger. Sie schieben mein Bett ans Fenster.
Ein schöner Tag heute, die Sonne scheint, auf der Straße wird viel los sein.
Ich hebe den Kopf ein wenig, schaue aus dem Fenster und sehe eine Mauer.
Pio
Neu
Neu
 
Beiträge: 49
Registriert: Mi 29 Apr, 2009 06:53
Eigene Werke
 

Re: So ein Glück!

Beitragvon Pegamund » Mo 04 Mai, 2009 07:15


hmm.

warum drückst du eigentlich nach jedem satz die entertaste?

und warum heißt der gegenspieler vom prot in der ersten hälfte "Wanitzki" und in der zweiten "Winatzki"?
(oder war's anders rum?)

die pointe ahnt der nicht völlig blöde leser ungefähr ab .... na, sagen wir: ab
„Sag mal, Winatzki, können wir nicht endlich einmal die Plätze tauschen, mein Bett sollte auch mal am Fenster stehen. Wir wechseln täglich ab. Die Schwester könnte das einfach machen“.

insofern ist es recht einfach gestrickt.

auch sprachlich: eher schlicht.

mehr konstruktives fällt mir jetzt grade nicht ein.

Pegagruß
Pegamund
Poesiebomberpilotin
Etabliert
 
Beiträge: 167
Registriert: Mi 17 Sep, 2008 19:44
Eigene Werke
 

Re: So ein Glück!

Beitragvon Pio » Mo 04 Mai, 2009 09:18


Hallo "Pegamund",

danke für deinen Beitrag.
-Winatzki - Wanitzki werde ich sofort ändern.
- die Entertaste werde ich weniger drücken.
die pointe ahnt der nicht völlig blöde leser ungefähr ab

-Wie schön für dich, ass du nicht zu den völlig blöden Lesern gehörst!
- Ja, ich muss noch viel üben, bis ich so "rührend schön" wie du schreiben kann, wahrscheinlich gelingt es mir nie.

Gruß

Pio
Pio
Neu
Neu
 
Beiträge: 49
Registriert: Mi 29 Apr, 2009 06:53
Eigene Werke
 

Re: So ein Glück!

Beitragvon Orange » Do 07 Mai, 2009 18:46


Hi Pio!
Die Pointe das mit der Mauer? Oh weia, dass hab ich nicht kommen sehen! Bin ich jetzt blöd? ;(
Den Plot fand ich eigentich ganz o.k. Sprachlich stimme ich Pegamund zu. Auch die vielen Absätze stören mich. Sonst sind's doch immer zu wenig ;)
Was ich schade finde, ist dass du nur sehr begrenzt atmospäre aufbaust. Man kann sich die Situation nicht vorstellen.
Sprachlich könnte man noch an ein paar Stellen feilen. Ich hab mal ein paar Stellen rausgesucht, die ich anders machen würde, das sind nur Bespiele.
Dieser Winatzki! Beide sind wir dreißig Jahre alt, beide liegen wir seit Wochen hier in diesem Zimmer im Bett, können nicht aufstehen, nicht einmal aufs Klo gehen, wir beide müssen in die Pfannen scheißen!

Den Satz find ich eigentlich unnötig. Alles was wichtig ist, ist dass sie nicht von ihrem Bett wegkommen und das merkt der Leser auch ohne den Satz.
hat uns irgendwelche Tabletten gegeben
irgendwelche klingt immer so verplant, kann man es nicht weglassen? Vielleicht die Form beschreiben?
Abend ist es mal wieder geworden, jetzt passiert nichts mehr draußen
.Die verquere Satzstellung sagt mir nicht zu. Ich glaube das hast du noch an ein paar Stellen
Sie schieben mein Bett ans Fenster und gehen wieder.
Musst du wirklich sagen, dass sie wieder gehen? Ist das nicht klar?
Ich hoffe du kannst etwas mit meinem chaotischen Kommentar anfangen.
Sonnige Grüße
Orange
"Die schönste aller Farben ist die geheime Farbe der Worte."
(Rafik Schami)
Orange
Mitglied
Mitglied
 
Beiträge: 61
Registriert: Mo 15 Sep, 2008 14:12
Eigene Werke
 

Re: So ein Glück!

Beitragvon Pio » Fr 08 Mai, 2009 07:37


Hallo Orange,

Code: Alles auswählen
Die Pointe das mit der Mauer? Oh weia, dass hab ich nicht kommen sehen! Bin ich jetzt blöd?

Glaube ich kaum. Dir fehlen eben die hellseherischen Fähigkeiten!

Dieser Winatzki! Beide sind wir dreißig Jahre alt, beide liegen wir seit Wochen hier in diesem Zimmer im Bett, können nicht aufstehen, nicht einmal aufs Klo gehen, wir beide müssen in die Pfannen scheißen!


Damit wollte ich die Lage der beiden Protagonisten beschreiben, die dann auch die Handlung des einen erklärt.

Sie schieben mein Bett ans Fenster und gehen wieder.

- "gehen wieder" habe ich gestrichen.

Absätze habe ich einige verändert.

Was "verquere Satzstellung" u.a.angeht, kann ich nur sagen, dass das eben mein Stil ist. (Er könnte besser sein!)

Deinen Kommentar fand ich nicht chaotisch, er war konstruktiv.

Gruß

Pio



Hallo Jo,

- Ausrufezeichen: geändert

- "nach einer Idee ist gut":
Mir ist kein Original von Schnurre bekannt. Er führt an, dass er die Idee in einer Zeitung gelesen hat, Verfasser war ihm unbekannt.

-Dass der Text sprachlich misslungen ist, der Anfang banal, ist deine Ansicht. Da gibt es auch andere Meinungen.

- "Schnösel sagt kein Mensch"
ich kenne Menschen, die diesen Ausdruck gebrauchen. Es kommt wohl drauf an, wo man in Deutschland wohnt.

- "Die Schwester könnte das einfach machen".
Habe ich geändert.

- "endlich einmal - mal"
So rede nicht ich, sondern ein Protagonist. Ich meinte, dass sei möglich.

- "Du brauchst nicht immer zu fragen-----
Habe ich übernommen.

- ob die Geschichte real sein könnte?
Ich denke schon, ich hab in meinem Leben schon die unmöglichsten Reaktionen gesehen. Wenn ein Mensch keinen anderen Ausweg mehr sieht, reagiert er unvorstellbar brutal.

- Neues?
Ich habe in meinem Leben sehr viel gelesen, finde heute kaum etwas, was nicht irgendjemand irgendwann schon bearbeitet hätte.
Man kann wohl nur versuchen, Ideen anders umzusetzen. Dass das besser gemacht werden kann, als ich es versucht habe, ist mir schon klar.

Vielen Dank, dass du dich so ausführlich mit meinem Text beschäftigt hast.

Gruß

Pio
Pio
Neu
Neu
 
Beiträge: 49
Registriert: Mi 29 Apr, 2009 06:53
Eigene Werke
 

Zurück zu Tretmühle

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste

cron