Mannwerdung
Verfasst: Mi 23 Dez, 2009 11:27
Der Bub arbeitete Tag und Nacht, um sich und seine Familie zu ernähren, und als Lohn für seinen unerschöpflichen Eifer und seine Willenskraft versprach sein Vater, ihm zu seiner Mannwerdung seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen, was immer es auch sein würde.
Zu seinem sechzehnten Geburtstag hatte sich der Junge nun etwas ganz Besonderes gewünscht: eine Ratsche.
Nicht irgendeine Ratsche freilich, er wollte eine mit Verzierungen, eine, die sowohl leise, als auch laut spielen konnte, die schreien und flüstern würde, und die ihm in den Stunden seiner Einsamkeit als Unterhalter, Freund und Vertrauter dienen könnte, wie manche Menschen seines Alters ein Buch ins Vertrauen zogen.
Die Familie des Jungen war sehr arm, und so hatten alle Bewohner des Hofes zusammenlegen müssen, um dem Jungen seinen Wunsch erfüllen zu können.
Der Vater hatte zwar zuerst die Dummheit seines Sohnes verflucht, weil er sich, anstatt etwas Nützlichem, womit er dem Rest der Familie eine Freude hätte bereiten können, ein Musikinstrument gewünscht hatte – noch dazu ein unmelodisches, auf Rhythmen basiertes, und wie die Flöten der Mädchen verziert sollte es auch noch sein.
Nach einem langen Vater-Sohn-Gespräch hatte der Bub seinen Vater jedoch überzeugt, und der war, immer noch schlecht gelaunt, mit einem Großteil der Ersparnisse der Familie zu einem Schreiner im Dorf gegangen, und hatte das Instrument in Auftrag gegeben.
Es begab sich aber nun, dass der Schreiner, von dem harschen Auftreten des Vaters schlecht gelaunt, bei dem Bau des Instruments einen entscheidenden Fehler beging: er vergaß, der Ratsche Moral, Anstand und Gefügigkeit einzubauen, oder wollte es vielleicht auch nicht.
Und so geschah es, dass der Junge am Tage seiner Mannwerdung die fertige Ratsche geschenkt bekam. Sie war tatsächlich ein Meisterstück geworden, die Intarsien auf dem Holz waren so fein, dass man ganz genau hinsehen musste, um Einzelheiten zu erkennen, und von Weitem wirkte die Ratsche wie ein Artefakt aus längst vergangenen Tagen, weil sie schillerte und wunderschön anzusehen war.
Natürlich wollte der Junge das Instrument auf der Stelle benutzen und erproben, und er erwartete, dass er der Ratsche mit Leichtigkeit den Klang würde entlocken können, den er wollte, denn er konnte bereits viele andere Instrumente spielen, die wesentlich komplizierter waren, und er war, trotz seiner jungen Jahre, ein Meister seines Fachs.
Also lief er voller Vorfreude auf die große Weide hinter dem Haus, und er begann, die Ratsche zu drehen. Und wirklich, er konnte der Ratsche Rhythmen entlocken, die er auf einer Trommel nie gemeistert hätte, laut und leise, schnell und langsam, beschwingt und elegant.
Es gab nur eine einzige Sache, die ihn störte, denn jedes Mal, wenn er einen Fehler machte, und den Rhythmus unterbrach, dann schien ihn das Instrument mit einem Klang zu verspotten, den der Junge nicht besser als ein „abfälliges Lächeln“ zu kategorisieren wusste.
Er übte monatelang, vernachlässigte seine häuslichen Pflichten, aber er machte immer wieder Fehler, und mit jedem Male, da ihn die Ratsche verspottete, wurde er zorniger. Er schrie seinen Vater an, wenn er kam, um ihn zum Abendessen zu holen, und er schimpfte mit seiner Mutter, weil sie nicht statt ihm auf dem Feld arbeitete. Er benutzte Argumente, die jedem, außer ihm, lächerlich erscheinen mussten, aber sie wussten seinem Zorn nichts entgegenzusetzen.
Eines Tages jedoch, wurde die Ratsche gestohlen, und der Junge erkannte seine Fehler, konnte wieder klar denken. Er entschuldigte sich bei jenen, die er im Zorn verletzt oder angeschrien hatte, und sie vergaben ihm. Er weigerte sich jedoch, nach der gestohlenen Ratsche zu suchen, da er fürchtete, ihrem unsäglichen Bann erneut zu verfallen, obwohl ihn sein Vater ihres Wertes wegen dazu drängte; so ging der Herbst ins Land, und die Ernte fiel spärlicher aus, als erwartet.
Die Familie hatte durch die Nachlässigkeit des Jungen nicht genug Geld, um Vorräte für den Winter zu kaufen, und als die Temperaturen den Tiefpunkt erreichten, starb seine Mutter an einer Lungenentzündung – sie hatten sich keinen Arzt mehr leisten können.
Zu seinem sechzehnten Geburtstag hatte sich der Junge nun etwas ganz Besonderes gewünscht: eine Ratsche.
Nicht irgendeine Ratsche freilich, er wollte eine mit Verzierungen, eine, die sowohl leise, als auch laut spielen konnte, die schreien und flüstern würde, und die ihm in den Stunden seiner Einsamkeit als Unterhalter, Freund und Vertrauter dienen könnte, wie manche Menschen seines Alters ein Buch ins Vertrauen zogen.
Die Familie des Jungen war sehr arm, und so hatten alle Bewohner des Hofes zusammenlegen müssen, um dem Jungen seinen Wunsch erfüllen zu können.
Der Vater hatte zwar zuerst die Dummheit seines Sohnes verflucht, weil er sich, anstatt etwas Nützlichem, womit er dem Rest der Familie eine Freude hätte bereiten können, ein Musikinstrument gewünscht hatte – noch dazu ein unmelodisches, auf Rhythmen basiertes, und wie die Flöten der Mädchen verziert sollte es auch noch sein.
Nach einem langen Vater-Sohn-Gespräch hatte der Bub seinen Vater jedoch überzeugt, und der war, immer noch schlecht gelaunt, mit einem Großteil der Ersparnisse der Familie zu einem Schreiner im Dorf gegangen, und hatte das Instrument in Auftrag gegeben.
Es begab sich aber nun, dass der Schreiner, von dem harschen Auftreten des Vaters schlecht gelaunt, bei dem Bau des Instruments einen entscheidenden Fehler beging: er vergaß, der Ratsche Moral, Anstand und Gefügigkeit einzubauen, oder wollte es vielleicht auch nicht.
Und so geschah es, dass der Junge am Tage seiner Mannwerdung die fertige Ratsche geschenkt bekam. Sie war tatsächlich ein Meisterstück geworden, die Intarsien auf dem Holz waren so fein, dass man ganz genau hinsehen musste, um Einzelheiten zu erkennen, und von Weitem wirkte die Ratsche wie ein Artefakt aus längst vergangenen Tagen, weil sie schillerte und wunderschön anzusehen war.
Natürlich wollte der Junge das Instrument auf der Stelle benutzen und erproben, und er erwartete, dass er der Ratsche mit Leichtigkeit den Klang würde entlocken können, den er wollte, denn er konnte bereits viele andere Instrumente spielen, die wesentlich komplizierter waren, und er war, trotz seiner jungen Jahre, ein Meister seines Fachs.
Also lief er voller Vorfreude auf die große Weide hinter dem Haus, und er begann, die Ratsche zu drehen. Und wirklich, er konnte der Ratsche Rhythmen entlocken, die er auf einer Trommel nie gemeistert hätte, laut und leise, schnell und langsam, beschwingt und elegant.
Es gab nur eine einzige Sache, die ihn störte, denn jedes Mal, wenn er einen Fehler machte, und den Rhythmus unterbrach, dann schien ihn das Instrument mit einem Klang zu verspotten, den der Junge nicht besser als ein „abfälliges Lächeln“ zu kategorisieren wusste.
Er übte monatelang, vernachlässigte seine häuslichen Pflichten, aber er machte immer wieder Fehler, und mit jedem Male, da ihn die Ratsche verspottete, wurde er zorniger. Er schrie seinen Vater an, wenn er kam, um ihn zum Abendessen zu holen, und er schimpfte mit seiner Mutter, weil sie nicht statt ihm auf dem Feld arbeitete. Er benutzte Argumente, die jedem, außer ihm, lächerlich erscheinen mussten, aber sie wussten seinem Zorn nichts entgegenzusetzen.
Eines Tages jedoch, wurde die Ratsche gestohlen, und der Junge erkannte seine Fehler, konnte wieder klar denken. Er entschuldigte sich bei jenen, die er im Zorn verletzt oder angeschrien hatte, und sie vergaben ihm. Er weigerte sich jedoch, nach der gestohlenen Ratsche zu suchen, da er fürchtete, ihrem unsäglichen Bann erneut zu verfallen, obwohl ihn sein Vater ihres Wertes wegen dazu drängte; so ging der Herbst ins Land, und die Ernte fiel spärlicher aus, als erwartet.
Die Familie hatte durch die Nachlässigkeit des Jungen nicht genug Geld, um Vorräte für den Winter zu kaufen, und als die Temperaturen den Tiefpunkt erreichten, starb seine Mutter an einer Lungenentzündung – sie hatten sich keinen Arzt mehr leisten können.