Entschuldigung für ein krankes Kind an kranke Lehrer
(Zur freien Verfügung, für jede/jeden, der sie gebrauchen kann, kann individuell angepasst werden)
Hochverehrter gnädigster Herr …
Ich, der ich der geringste Mensch bin, der jemals auf Erden zu wandeln das zweifelhafte Vergnügen hatte; nicht würdig auch nur die Spuren zu küssen, mit denen Ihre herrlich gesalbten Füße den Straßenstaub heiligen, grüße Sie, der Sie eine Oase in jener Wüste sind, die von den Göttern „Mensch“ genannt wird.
Nun bin ich überzeugt: Die Penaten sind meinen Liebsten nicht wohlgesonnen, denn mit Bestürzung erfasste mein immer treu sorgendes Mutterherz die Gewissheit, dass meine geliebte Tochter S… , ( die, ich muss hier anmerken, es nicht wert ist, Ihre vielgepriesene Schule besuchen zu dürfen) von mir heute morgen in Febris' Armen vorgefunden wurde.
Jawohl, nun ist das entsetzliche ausgesprochen: Sie hat Grippe!
Ich weiß nicht, wer mehr zitterte an diesem Morgen des 15. 02., Sieben Uhr 03. Ich, aus Sorge um mein geliebtes Nesthäkchen, oder es selbst, das sich bibbernd und bebend in Fieberschauern krümmte.
Ach, der Sorgen sind gar so viele und des Leids wohl nie genug! Läge doch nur ich im Fieberwahne! – Doch mein arglos Töchterlein?
Da lag es nun vor mir in seinem Bettchen, wie ein verwundetes Reh, das ein Jünger des Sankt Hubertus tollgrün – mordlustig zu erlegen trachtete. Jedoch – ihr Auge blitzte, ja schien mir wohl gar zuzuzwinkern.
Nein - zu früh des Hoffnungsschimmers Morgenröte, es war nur ein Lichtreflex. Die von mir, der Stromersparnis willen, entzündete Kerze spiegelte sich in ihren glühenden Augen und enthüllten mir die ganze Pein ihres Seins:
Das bereits von mir erwähnte Fieber, eine laufende Nase und Schmerzen, so dass jeder Nieser das zarte Köpfchen erschütterte; die Schmerzen verstärkte, wie mächtige Holzhammerschläge, ausgeführt von gewaltigen Glatzköpfigen mit schweren goldnen Ohrringen verzierten Eunuchen, die mit nackten eingeölten Oberkörpern gnadenlos fröhlich das Holz schwingen – wenn Sie mir diesen metaphorischen Fauxpas bitte verzeihen wollen. Ich sah's dem Kinde an – ja fühlte beinah' die selbe Qual, die funkengleich auf mich überzuspringen schien.
Nein, S… kann heute unmöglich von der Ehre, Ihre Schule besuchen zu dürfen Gebrauch machen. Jedoch kann sie beseelt von der Hoffnung auf Gesundung und damit besseren Tagen, davon träumen.
All dies soll mich jedoch nicht daran hindern, für ihr Fehlen um Entschuldigung zu bitten, was ich mit diesen bescheidenen Worten auch getan haben möchte. Aus einem Egoismus heraus, den sich wohl nur ein liebendes Mutterherz erlauben kann, hoffe ich, dass sie in Fünf Tagen, Elf Stunden und Zweiunddreißig Minuten wieder Gesund ist, so dass sie ab diesem Zeitpunkt wieder in der Lage sein wird, ihrem innigsten Wunsche – die Schule besuchen zu dürfen – nachzugeben.
Vielleicht erstaunt es Sie, Herr .., dass ich meine scheinbar berechtigte mütterliche Sorge “Egoismus“ nenne. Lassen Sie es mich erklären: Ist der Schmerz, ausgelöst durch den Anblick eines geliebten leidenden Menschen, denn nicht von der Flamme des Egoismus genährt? Ist denn Liebe nicht Egoismus in seiner reinsten Form, die im günstigsten Falle auf Gegenseitigkeit beruht? So schließe ich nun dieses Schreiben mit den Ihnen wohl selbst bestens vertrauten Worten: Dum spiro, spero!
(Zur Erklärung: Meine Schwester erzählte mir, ein Lehrer habe sich beklagt, dass die heutigen Eltern nicht einmal mehr in der Lage seien, eine „halbwegs“ vernünftige Entschuldigung zu schreiben. Damit sie vorbereitet ist, bat sie mich ein paar Zeilen zu verfassen. Gewünscht wurde: Ein paar Worte und genaue Zeitangaben. Deshalb auch diese hirnrissigen Zeitangaben – als ob vorhersehbar sei, wann ein Kind wieder gesund ist.)
>Nicht um mein Machwerk zu loben, um das Forum zu heben änderte ich den Titel<