Buchrezensionen, Vorstellung von Autoren, Schriftstellern und ihren Werken

Alfred Lichtenstein 1889-1914

Beitragvon rivus » Sa 18 Feb, 2012 15:57


Einer ging in zerrissenen Hausschuhen
Hin und her durch das kleine Zimmer,
Das er bewohnte.
Er sann über die Geschehnisse,
Von denen in dem Abendblatt berichtet war.
Und gähnte traurig, wie nur jemand gähnt,
Der viel und Seltsames gelesen hat -
Und der Gedanke überkam ihn plötzlich,
Wie wohl den Furchtsamen die Gänsehaut
Und wie das Aufstoßen den Übersättigten,
Wie Mutterwehen:
Das große Gähnen sei vielleicht ein Zeichen,
Ein Wink des Schicksals, sich zur Ruh zu legen.
Und der Gedanke ließ ihn nicht mehr los.
Und also fing er an, sich zu entkleiden ...

Als er ganz nackt war, hantelte er etwas.
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Re: Alfred Lichtenstein 1889-1914

Beitragvon rivus » Sa 18 Feb, 2012 19:06


Die Dämmerung
Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
Als wäre ihm die Schminke ausgegangen.

Auf lange Krücken schief herabgedrückt
Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.

An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.
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