Buchrezensionen, Vorstellung von Autoren, Schriftstellern und ihren Werken

Hugo von Hoffmannsthal 1874-1929

Beitragvon rivus » So 19 Feb, 2012 08:13


TERZINEN ÜBER VERGÄNGLICHKEIT

Noch spür’ ich ihren Atem auf den Wangen:
wie kann das sein, daß diese nahen Tage
fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?

Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
und viel zu grauenvoll, als daß man klage:
daß alles gleitet und vorüberrinnt

und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
herüberglitt aus einem kleinen Kind
mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd.

Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war
und meine Ahnen, die im Totenhemd,
mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,

so eins mit mir als wie mein eignes Haar.
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Re: Hugo von Hoffmannsthal 1874-1929

Beitragvon rivus » So 15 Jul, 2012 10:20


Mein Garten
Schön ist mein Garten mit den goldnen Bäumen,
Den Blättern, die mit Silbersäuseln zittern,
Dem Diamantentau, den Wappengittern,
Dem Klang des Gong, bei dem die Löwen träumen,
Die ehernen, und den Topasmäandern
Und der Volière, wo die Reiher blinken,
Die niemals aus dem Silberbrunnen trinken ...
So schön, ich sehn mich kaum nach jenem andern,
Dem andern Garten, wo ich früher war.
Ich weiß nicht wo ... Ich rieche nur den Tau,
Den Tau, der früh an meinen Haaren hing,
Den Duft der Erde weiß ich, feucht und lau,
Wenn ich die weichen Beeren suchen ging ...
In jenem Garten, wo ich früher war ...
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