Science Fiction ab 12 von eftos

10 Ich-Transportik

Beitragvon eftos » Fr 30 Apr, 2010 09:28


Tunnel Sci-Fi Trilogy -I- Das Königreich der Tausend (Blinde Passagiere)
Die Abenteuer von Prinz Henley zu Westerburg, Patchara Petch-a-boon und Svinenysh dem Ruba.

(X) Ich-Transportik
Draußen angekommen stehen Koldrust und Abendroth mehr oder weniger dumm herum obwohl beide mit Ihren Comms beschäftigt sind.
Dr. Abendroths Comm surrt. „Besprechung Noktios bezgl. Rebelkov“ wird angezeigt. Somit ist er, ab diesen Zeitpunkt, exakt zehn Uhr, zum ersten Mal aufnahmebereit.
„Sie sind aber auf Zack, mein lieber Abenroth“ sagt Noktios, „ja, es ist genau zehn, Zeit für die eigentliche Besprechung. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“ So macht sich die Kompetenztruppe inklusive Generalmajor auf Ihren Weg rüber in den Konferenzsaal.
„Ich schlage vor“ beginnt Noktios “Kollege Koldrust legt mit dem was wir vorhaben los, später ziehen wir dann Ihre Expertise bezüglich der Technik hinzu Dr. Abendroth“.
Dr. Septimus Koldrust beginnt sofort ohne jegliches Palaver oder Gedöns. Er fällt sozusagen mit der Tür ins Haus:
„Früher versuchte man in Tierversuchen eine Gehirn-Transplantation indem man das Gesamthirn oben am Rückenmark abtrennte. Mit fatalen Folgen.“
„Die Nervenfasern wachsen falsch zusammen und von daher ist im Optimalfall das Denken im fremden Körper zwar noch möglich, aber es kommt fast kein Input mehr außer die kompletten Augen und Ohren würden anstatt abgetrennt mit übertragen, was nie gelungen ist.“
„Output, also die Organsteuerung, das Atmen und Sprechen, das Bewegen oder den Gleichgewichtssinn zu erhalten ist aber unmöglich. Man erhält höchstens eine Art locked-in Syndrom, dann lieber tot.“
„Eingesperrt in einen Blasebalg, einer fürchterlichen Fress- und Sie-wissen-schon Maschine. Woran erinnert mich das bloß? Verfluchte Nullenergieerhaltung!“ ist die lapidare Bemerkung von Prof. Theoplus Noktios dazu.
Septimus fährt fort: „Die OP an sich ist höchst kompliziert. Man braucht eine Herz-Lungen Maschine, da das Herz zwar weiterschlägt, weil es seine Erregung selbst produziert, aber der restliche Kreislauf zusammenbricht, da zu viele Gefäße dilatieren, durch die fehlende neuronale Kontrolle nach Unterbrechung der entsprechenden Nerven vom Gehirn ausgehend.“
„Um diesen aufwendigen Eingriff durchzuführen muss zuerst der Schädel geöffnet werden. Das kann jeder Neurochirurg nach dem ersten Weiterbildungsjahr. Das alte Gehirn kann man bequem an der Schädelbasis ablösen. Dabei gehen dann schon mal die 12 Hirnnervenpaare kaputt. Danach den Hirnstamm im Bereich der Verbindung zum Rückenmark durchtrennen. Das bedeutet eine komplette hohe Querschnittslähmung.“
„Dann müsste man die großen Blutgefäße durchtrennen und mit denen des neuen Gehirns neu vernähen, technisch fast undenkbar. Selbst wenn das überstanden sein sollte, kann der Patient nie mehr selbstständig atmen oder sich bewegen. Er hat keinerlei Empfinden mehr. Darm- und Blasenentleerung ist unmöglich und so weiter. Kurz: das ist der falsche Weg.“
Er sieht sich um: Rebelkov ist irgendwie abwesend. Tilon Abendroth scheint gelangweilt, Noktios sieht ihn aufmerksam an.
„So viel zur Geschichte“ sagt er schließlich „aber Sie haben da ja was Neues entwickelt, mein Lieber Koldrust.“ Dieser nickt.
Noktios hebt abwehrend die Hand und fährt fort:“Bevor wir auf Ihre neue Methode zu sprechen kommen, Herr Kollege, fasse ich hier nochmal den derzeitigen Stand der Technik, genauer gesagt die vier Möglichkeiten der Bewusstseinsübertragung zusammen.“
„Wie Ihnen bekannt, gibt es genau vier Möglichkeiten der Ich-Transportik, wie es so schön neusprachlich heißt.“
„Die beste wäre sicherlich man löscht erstens den Speicher des neuen Gehirns. Danach liest man die in Chemischer Form vorliegende Information des alten Hirns aus und überträgt drittens diesen Inhalt auf das neue Gehirn.“
„Leider ist dies derzeit noch Science-Fiction. Ich glaube die Technik-Abteilung sagt da später noch mehr als genug dazu.“
Er sieht kurz rüber zu Tilon Abendroth, dieser jedoch schüttelt den Kopf. „Ah richtig, das soll ja ich machen.“
„In aller Kürze: Das Hauptproblem ist die Löschung. Es handelt sich halt um ein Organ und langsam gewachsene, hochdifferenzierte Strukturen. Man kann diese zwar auslesen aber die Rücksetzung aller Synapsen in einen hypothetischen Leerzustand ist derzeit reine Theorie. Selbst wenn dies gelänge so ist es fast ausgeschlossen das Neuronale Netz des Althirns mittels Lese- und Schreibapparatur ins neue Großhirn zu übertragen.“
„Lesen ist kein Problem, aber das Schreiben. Auch hier verhindern die komplex verwobenen, über einen langen Zeitraum ausgewucherten Nervenbahnen im Zielhirn eine Übertragung.“
„Diese Krankheit benötigt eben seine Zeit“ wirft der Kybernetiker ein. Schmunzelnd fährt Noktios fort:
“Die zweite Möglichkeit wäre das Gehirn zu entnehmen und an die Mechanik eines Roboters anzuschließen. Nun, ums kurz zu machen, dies ist die schlechteste der denkbaren Möglichkeiten. Zwei Sätze, Abendroth?“
Der angesprochene antwortet „Ja, unmöglich. Das Gehirn stirbt ruck zuck ab. Unsere im Baukastenprinzip aufgebauten, multi-Schicht prioritätsgesteuerten 4D-Temporalspeicher, zusammen mit diesem verwucherten, analogen, unflexiblen, organischen Klumpen? Dieses verwachsene Geschwür, das geht nie mit der modernen Technik einher.“
„Mechanisch betrachtet bräuchte man einen eigenen Biokreislauf nur um diesen leistungsschwachen Rechner mit Energie zu versorgen. Dazu müsste man dann quasi einen Wirt hinten auf den Roboter draufschnallen. Trotz dieser Klimmzüge lebt das abgetrennte Gehirn übrigens keine Sekunde länger. Das ist eine totale Sackgasse.“
„Wie Sie schon eingangs erwähnten, Herr Professor, ist es besser man liest die Chemische Information aus und überträgt diese dann in die Maschine. Mit allen Problemen. Ich komme später noch einmal darauf zurück.“
„Damit sind wir bereits bei der Dritten Möglichkeit der Bewusstseinsübertragung angekommen.“ Antwortet Noktios mit erhobenen Zeigefinger: “Die Ich-Transportation mittels Auslesen des Gehirns und der Übertragung in assemblierter Form auf eine Maschine. Dies wollen wir am Schluss verhandeln.“
„Jetzt kommen wir zur vierten und letzten Möglichkeit: der Transplantation organisch-organisch. Sie haben erneut das Wort, Dr. Koldrust. Was haben Sie auf der Platte?“
Dieser beginnt ohne Umschweife: „Die Intensivmedizinische Betreuung werde ich aus Trivialitätsgründen weglassen. Ich denke allen ist klar wie durch Intubation, Kreislaufmedikation etc. Hirntote am Leben gehalten werden. Ich gehe deshalb nun gleich zum eigentlichen Eingriff über.“
„Wie bereits angesprochen habe ich einen Oberflächensensitiven Laser entwickelt der hierbei zum Einsatz kommt. Die Technischen Spezifikationen sind an anderer Stelle veröffentlicht, glauben Sie mir, der Teufel liegt im Detail, es ist eine recht komplizierte Apparatur. Im Folgenden werde ich nur darauf eingehen wie dieser beim Eingriff fachgerecht eingesetzt wird.“
Selbst Abendroth nickt hier kurz, der Laser scheint Ihn milde zu Interessieren.
„Zuerst Schnitt von oben durch das Großhirn. Aufklappen und ablösen der beiden Hemisphären um den Corpus callosum auf dem Grund der großen Hirnlängsspalte. Danach Zellgenaues Ausschalen um den Nucleus caudatus, dem Stria terminalis et Vena thalamostriata superior, dem Thalamus, Substantia nigra und dem Tractus cerebellorubralis mittels der struktursensiblen Multispektralstrahlen.“
„Nun splicen der beiden abgelösten Hälften auf den Zielorganismus unter Einsatz von Neurozellstimulatoren aus gezüchteten Nervenkeimen und neuralen Stammzellen. Zur Synaptogenese Laser-Transplantation von embryonalen Nervengewebe auf die Schnittflächen. Danach Applikation neurotropher Nervenwachstumfaktoren z.B. NGF unter Ausschaltung der Nogo-Inhibitoren zur Aggregation der Neuro-Angio-genese.“
Anerkennendes nicken seitens Prof. Dr. Theoplus Noktios. Rebelkov ist jetzt nur noch körperlich anwesend, den Techniker Abendroth interessieren diese Details wenig. Koldrust fährt fort:
„Für die Synapsen-Engergieversorgung des Gewebes wird selfish-brain, also die Potentialerhaltung ausgenutzt. Synapsen werden aktiviert durch die neu aussprossenden Axome in die Leitschienen. Das alte Stammhirn verwebt durch die künstliche Anregung, der Membrankompatibilität des Klons und aufgrund der Energieerhaltung on-demand innerhalb kürzester Zeit.“
„Astrozyten rufen Blutenergie ab. Neue Nervenfasern übernehmen Kommunikationsfunktionen hin zum Hirnstamm. Die Nerven-Neuralkommunikation setzt ein, dadurch ist Großhirnfunktionalität auf der Zielperson nun hergestellt.“
Theoplus Noktios hält sich nun die Hand ans Kinn, er sieht rüber zum Generalmajor, dieser schluckt leicht. Der Assistenzarzt schließt wie folgt seinen Vortrag:
„Obwohl es sich beim Menschen um eine Proto-Operation handelt die zum ersten Mal ausgeführt wird, haben Tierversuche den Erfolg obiger Vorgehensweise bereits bestätigt. Man kann schon sagen dass sich bei den Alt-Tieren, meistens Schimpansen, eine deutliche Verbesserung Ihrer Situation eingestellt hat. Man muss bedenken, diese alten Affen waren normalerweise am Ende. Durch den neuen Rumpf haben Sie ein Stückweit an Qualität gewonnen.“
Pause. Die Zuhörer, eigentlich ist es nur Noktios, ließen all dies ein paar Sekunden sacken. Dann sagt der Professor:
„Danke für diesen beeindruckenden Vortrag, mein lieber Koldrust. Wie immer eine zielgenaue Landung. Nun haben wir genau drei Jahre Zeit dieses Verfahren an den Primaten zu testen und Echtdaten zu sammeln. Ihnen steht ein ganzer Zoo zur Verfügung.“ Dabei lächelt er.
„Kommen wir nun noch einmal zurück zur Möglichkeit drei. Der Gehirninhaltsübertragung auf eine Maschine. Hierbei kommt erschwerend hinzu dass leider noch weniger Nutzdaten vorliegen. Es läuft wohl auf einen ‚freiwilligen‘ hinaus… Ihnen ist somit das Wort erteilt, Herr Kollege Abendroth“
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