Huhu Friederich :-)
Ich kann zwar kein Urteil abgeben, aber würde dir dennoch gerne ein paar Zeilen zu deinen Zeilen schreiben.
Nachtbruch
Hmm, schwierig. Vielleicht bricht die Nacht an? Oder bricht etwas in der Nacht? Oder wird mit etwas gebrochen?
Auf jeden Fall kommen mir zu dem Titel sofort Assoziationen, macht mich neugierig. Die Fragen nehme ich mal mit in die weitere Betrachtung.
Schließlich blickt schweigend
ein Dunkel auf Stunden,
ergreift schwere Lider,
durchtränkt sie mit Nacht.
Diese Strophe bereitet mir irgendwie Unbehagen. Ich versuche mal zu erklären, wieso.
Erst einmal gefällt mir der Rhythmus relativ gut, er ist gleichmäßig und passt zu dem, was ich inhaltlich erschließe (aber dazu später)
Sprachlich ist mir was aufgefallen. Die benutzt kurz hintereinander zwei Wörter die mit „schw-“ anfangen. Als ich die erste Strophe gelesen hatte, hatte ich darum das Gefühl, da wäre eine Wiederholung drin, weil die Anfänge so gleich sind. Mir ist klar, dass das etwas sehr pingelig ist, es hat einfach nur meinen Lesefluss gestört, was ja gerade bei einer Strophe, die eher „sanft“ und „regelmäßig“ sein sollte/ ist, schade ist.
Außerdem, finde ich, klingen die Worte in dieser Strophe sehr „hart“; es tauchen viele Dentallaute auf.
V1: „Schließlich blickt schweigend“ Hier zum Beispiel ist das „blickt“ ein Wort, was ich zumindest eher kurz, abgehackt aussprechen würde. Oder in V4 „durchtränkt“ spricht sich auch nicht gerade weich aus.
Hm, zum Inhalt: Es scheint mir hier um den Prozess des Einschlafens zu gehen. Es ist spät geworden (die Dunkelheit schaut bereits auf die Stunden), die „schweren Lider“ fallen zu, weil sie „durchtränkt mit Nacht“ sind.
Viel mehr kann ich aus dieser Strophe nicht so recht ablesen und frage mich, ob mir ihr Inhalt nicht verschlossen bleibt? Wenn es wirklich nur um das Einschlafen geht, stellt sich mir die Frage, welchen Zweck die Strophe überhaupt hat? Es ist nicht notwendig für das Verständnis (zumindest nicht für mein Verständnis *g*) der zweiten Strophe, die ohne die erste sogar viel mehr Offenheit und Interpretationsspielraum hätte.
Was gestern Fragment noch im hin
und her, was Standbild, was eilig
geritzter Entwurf, das gewinnt
im Verblassen an Form
und sinkt sachte
ins Nichts dahin.
Nachdem ich etwas „Probleme“ mit dem ersten Teil hatte, hat mir dieser recht gut gefallen. Es besitzt eine wunderschöne Gegensätzlichkeit. Die tatsächlichen Erinnerungen (an den vorherigen Tag) sind zum Teil Fragmente, unbewegte fest gebrannte Bilder, aber auch Skizzen, die in Schnelligkeit gemalt wurden. Allein diese Aufzählung gefällt mir, weil sie die Verschiedenheit der „Zutaten der Träume“ zeigt.
Sie allen „verblassen“, aber nehmen gerade dadurch „Form an“. Dieses Bild hat mich fasziniert und hat vielfältige Assoziationen in meinen Kopf gezaubert. Es ist wie ein kurzes Aufleuchten der (unbewussten) Erfahrungen, als würde man die „eiligen Entwürfe“ für einen Moment in ihrer „Vollkommenheit“, ihrer „Endgestalt“ sehen. Gleichzeitig „verglühen“ diese Bilder aber auch schnell, denn vielleicht gerade dadurch, dass sie greifbar werden, „sinken sie kurz darauf ins Nichts“.
In V 5/6 könnte sowohl das vorher Beschriebene als auch das gar nicht erwähnte lyr. Ich Subjekt sein. Der Gedanke gefällt mir eigentlich ganz gut. Als würden seine Erinnerungen zusammen mit ihm ruhen.
Sprachlich gefällt mir die Strophe auch wesentlich besser; sie ist „weicher“ im Klang, die Gegensätzlichkeit der Worte bereichert die Sprache, fordert Assoziationen.
Das einzige, was mir nicht gefällt: Die Wiederholung von „was“. Das taucht gleich drei Mal auf. Frage ich mich, ob das nötig ist – klar, es ist ja eine Aufzählung, aber vielleicht käme man auch nur mit zwei „was“ aus?
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich mit meinem Urteil sehr unentschlossen bin. Ich glaube, ich „lege meine Assoziationsfragmente“ erst mal hin und warte „bis sie im Verblassen Form annehmen“ :-) vielleicht weiß ich dann, wie ich das Gedicht finde.
Herzliche Grüße,
Deine Traumwächterin
Drehrassel: "Als Lyriker sollte man eine ahnende Checkung haben, von dem, was man da macht."