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ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » Mi 05 Aug, 2009 15:36


hallo alle zusammen,
hiermit eröffne ich eine diskussionsrunde zur lüge.

gruß, rivus

p.s.:
als erstes meinte ich, dass selbstbetrug keine dem willen unterworfene selbsttäuschung sei!

aber nachdem ich nietzsches auslassungen zur umdeutung der wahrhaftigkeit las: "die negativen seiten des daseins können nicht ertragen werden und führen zu einem nicht-sehen-wollen, wie die welt eigentlich aussieht. mit diesem faktischen nicht-ertragen-können der wirklichkeit wird schlussendlich noch ein moralischer imperativ geknüpft: das nicht-können wird über ein nicht-wollen zum nicht-dürfen. der selbstbetrug des "dies ist nicht wahr" wird im imperativ somit zum "folglich darfst du es nicht für wahr halten!" erweitert.die auferlegte lüge ist somit die konsequenz eines willens zur lüge ..." bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher.
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » Fr 07 Aug, 2009 02:01


warum fängt der selbstbetrug im selbst an?
& noch spannender ist doch die frage warum führt das selbst diesen selbstbetrug fort? und kann es dabei auch zu einer kollision mit den ich-instanzen kommen?

p.s.:
selbstbetrug dient ja nach nietzsches umdeutung der wahrhaftigkeit auch dem schutz des selbst. so kann grausamkeit gegenüber den mitmenschen als menschenfreundlichkeit umgedeutet werden ( ich hör noch die worte von mielke wie er vorwürfen der unmenschlichkeit entgegnete "er liebe doch alle, alle menschen ..)

kann das selbst, das die diskrepanz zwischen ideal-selbst und realem selbst mit dem betrügen aufhebt das willentlich beeinflussen? oder spielen dabei noch andere faktoren eine rolle?
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » Mo 28 Sep, 2009 18:51


oh, auch ich habe diesen faden aus den augen verloren.

danke alan für deine gedanken u. das eingehen auf die fragestellung bezüglich fortführung des selbstbetruges!

auch dir janusz sei dank für deine bereichernden ausführungen u. den adresshinweis.

grüße, r


p.s.: leider sind die beiträge von janusz u. alan nicht mehr bezüglich. also ich habe keine ahnung, sie müssen sich wohl im orkus tummeln oder weiß der geier ....
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » Mo 04 Apr, 2011 10:24


oh, oh,
ich hab diesen kleinen faden aus der fallgrube des philosophischen hervorgezerrt. mensch, wer hier philosophisch erhellendes beitragen kann, immer hereinspaziert u. mag im philpfannkuchen senf oder marmelade oder beides drin sein, egal, ich, wir hier, verkonsumieren es :wink:

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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » So 10 Apr, 2011 22:47


ist das leben von marilyn monroe ein klassisches beispiel für einen selbstmörderischen selbstbetrug?

gibt es einen gesamtgesellschaftlichen, unwissentlichen selbstbetrug?

gibt es einen selbstbetrug von archetypen?
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » Mi 29 Jun, 2011 01:20


hey leute, vielleicht können wir den faden hier noch mal beleben! also her mit euren kommentaren, brainstorm ist erlaubt, aber auch deftiges philosophieren :)
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon KrachKaff » So 16 Okt, 2011 19:23


hallo drei gedankenansätze zu wahrheit und selbstbetrug

- was ist denn mit autosugestion?

- im endeffekt ist dann doch auch eine wichtige frage, in wieweit 'ich' die wahrheit erkennen kann (nitzsche hat es ja mit der verneinung jedes glaubens an alles für wahr halten; sprich die mögliche wahrheit schon im keim erstickt.)

- die gedanken die man sich selbst nicht eingesteht, werden zum selbstbetrug ... wo ist dann die lüge, in der verneinung des gedankens?, oder wird der gedanke (siehe eins) irgendwann nicht mehr existent und darum auch keine lüge mehr sein ...

Grüße
KrachKaff
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon rivus » Mo 17 Okt, 2011 06:06


hallo krachkaff,


autosuggestion, als auch selbstinstruktion, um die dinge um sich herum und in sich zu verbessern, ist wohl eine "wissentliche" angelegenheit! oder?

grüße
rivus
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon KrachKaff » Mo 17 Okt, 2011 14:50


hallo Rivus,

wohl schon, jedoch ist es auch eine form von lüge ....

"die negativen seiten des daseins können nicht ertragen werden und führen zu einem nicht-sehen-wollen, wie die welt eigentlich aussieht."
ist das nicht auch wissentlich?

deswegen mein kommentar:

"- die gedanken die man sich selbst nicht eingesteht, werden zum selbstbetrug ... wo ist dann die lüge, in der verneinung des gedankens?, oder wird der gedanke (siehe eins) irgendwann nicht mehr existent und darum auch keine lüge mehr sein ..." (nachtrag: durch autosuggestion ... )


aber gerne nochmal in schopenhauer art: wenn ich mir selbst solange einrede, dass diese negativen seiten nicht existent sind, die schlechten gedanken so aus meiner wahrnehmung nehme, dann sind sie dort auch irgendwann nicht mehr vorhanden ...
(theoretisch)

praktisches negatives beispiel:
ich rede mir mein lebenlang ein ohne dies oder das nicht leben zu können, und irgendwann stürze ich mich vor langeweile von der brücke, wenn die glotze kaputt ist, oder die stereoanlage oder was.

eine vorm von unwissentlichem selbstbetrug, selbst eingeredet, irgendwann durch floskeln ins unterbewusstsein abgedrängt und dort festgesetzt. und zur unwissentlichen lüge verkommen.


"folglich darfst du es nicht für wahr halten!" (Nietzsche) kann man da nicht auch sagen: 'folglich nimmst du es nicht mehr wahr!" ein moralisches dillema nietzsches ... denn:
"das nicht-können wird über ein nicht-wollen zum nicht-dürfen" wieso ist das klar und gesetz? man kann genauso gut sagen: 'das nicht wollen (nicht wissen wollen was wahr ist) wird zum nicht dürfen (autosuggestion selbstauferlegter moralischer weise) wird wiederum zum nicht mehr können/nicht mehr müssen".


um herauszufinden ob der selbst betrug im selbst stattfindet, sollte man erst die frage klären, wo das selbst anfängt und wo das nicht-selbst, bzw. woher das selbige selbst zustande kommt.


... denke ich ...

Grüße
KrachKaff
etwas müde vom pc gestarre :)
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon struktur-los » Mo 17 Okt, 2011 19:27


Hallo allerseits...

Um es kurz zu machen, ohne Nietzsches oder sonst wessen Ausführungen zum Thema gelesen zu haben:

Ich frage mich - Kann ich mich selbst belügen? Meine Antwort lautet - Nein.
Da das Lügen m. E. nur bewusst vollzogen werden kann, kann es eine "unwissentliche Lüge" nicht geben.

Ich denke aber, dass unser Unterbewusstsein durchaus dazu fähig ist, Wissen/Erinnerungen so zu platzieren, dass es/sie fürs Bewusstsein nicht mehr sichtbar wird/werden – wenn es dem Selbstschutz dient - was nicht heißt, dass wir dadurch eine höhere Resilienz erreichen - es zeigt eigentlich nur, wie beschränkt diese (noch) ist – d. h. es würde uns dies zeigen, wenn wir uns ihrer bewusst wären, sie uns bewusst machen.

Ich glaube jedoch, dass selbst das, was tief versteckt in unserem Innersten wohnt, dazu fähig ist, in speziellen Schlüsselsituationen Gefühle und Emotionen hervorzurufen, die unser Handeln beeinflussen.

Wenn wir ein Nichtsehenkönnen, ein Nicht/Unbewusstsein als Selbstbetrug betiteln wollen, dann passiert dieser in meinen Augen somit weder wissentlich noch willentlich – Kann somit überhaupt noch von Betrug gesprochen werden?

Inwiefern ein Mensch etwas verdrängt, hängt von seinem Selbst/Ich ab, zudem von äußerlichen Einflüssen – wie zu(ge)kommen(d)e Fürsorge, Liebe, Geborgenheit – dem sozialen Umfeld im Allgemeinen, dem Spiegel der Welt – seine damit verbundenen Erfahrungen - Diese Faktoren sind im Übrigen ja auch für die Ausprägung unserer Resilienz verantwortlich. Ist sie es somit, die uns vor einem "Selbstbetrug" bewahrt?

Die Frage sollte also lauten: Wann und warum verdrängen wir bestimmte Dinge?

Für mich persönlich stellt Verdrängung ein Faktum dar, mit bestimmten Erfahrungen (noch) nicht umgehen zu können, da man/ich nicht fähig ist/bin, sie zu verarbeiten – allein oder mit anderen gemeinsam – vll. nicht einmal bewusst zu erfassen (erfolgt ja oft bei Kindern, die mit unbekannten Gefühlen und einem noch mangelnden Wortschatz bzw. Bildern, die vom Verständnis her noch nicht eingeordnet werden können, logischerweise noch nicht umgehen können).

Demnach sind unsere Resilienz und unser Verständnis bzw. die Fähigkeit, uns nötiges Wissen zu beschaffen bzw. anzueignen, wohl für das Bestehen/Nichtbestehen in schwierigen/neuen Situationen sowohl für den "adäquaten" Umgang mit den Dingen, die uns beeinflussen, verantwortlich. Ach, was für ein Wirrwarr…

Ich belasse es vorerst mal dabei…

Liebe Grüße

:)

PS:
Sorry, musste nochmal editieren, manchmal schreib ich aber auch einen Müll zusammen... :rolleyes: ... ich denke da gerade an die biologischen Grundlagen von Emotionen... Oo ... und an die Entstehung und Verarbeitung von Gefühlen.
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon struktur-los » Mo 17 Okt, 2011 23:13


...
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Re: ist selbstbetrug nicht auch eine unwissentliche lüge?

Beitragvon struktur-los » Di 18 Okt, 2011 11:33


... Ah ja, da fällt mir noch ein, wie sieht es denn aus, wenn der Mensch die Dinge auf seine ihm mögliche Weise wahrnimmt - diese Wahrnehmung jedoch z. B. aufgrund eines Traumas teilweise eingeschränkt (bspw. durch die Ausblendung versch. Schlüsselreize), keine "realen Schlüsse" zulassen kann - diese dann in seinem Bewusstsein einordnet bzw. an andere weitergibt? Ist es das, was du, rivus, als "Unwissentlichen Lüge" bezeichnen würdest? Ich bin nach wie vor gegen diese Wortverbindung.

Und was ist letztendlich wahr? - das, was die meisten wahrnehmen? - das, was wissenschaftlich bewiesen werden kann?

Gesellschaftlich gesehen muss ja ein Konsens gefunden werden, um ein friedliches Miteinander leben zu können, ein gemeinsames Wachstum zu ermöglichen. Und hier wären wir bei dem von dir, rivus, infrage gestellten gesamtgesellschaftlichen, (unwissentlichen) Selbstbetrug... aber jetzt möchte ich erstmal los, meinen freien Tag genießen.

Hier regnets.

L. G.
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