Gedichte, die gesellschaftliche oder politische Themen behandeln

zeitzeugen

Beitragvon Perry » Do 08 Okt, 2009 13:51


wenn später einmal über den beginn
des neuen jahrtausends berichtet wird,
erinnert sich sicher kaum jemand an uns,
die wir in dieser zeit lebten und litten.
über finanzkrisen und kriege wird man lesen,
vielleicht vom ersten mensch auf dem mars.
und doch hatten wir bedeutende namen,
wie freie meinungsäußerung in china,
recht auf religiöse entfaltung in tibet
oder den wunsch nach frieden in uganda.
doch so sehr wir die finger auch hoben,
sie warfen zuwenig schatten im licht
einer unbarmherzigen sonne.
Perry
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Re: zeitzeugen

Beitragvon rivus » Di 20 Okt, 2009 00:04


hallo perry,
hoffentlich liege ich nicht wieder meilenweit neben deiner intention, aber ich assoziiere nun mal gern u. fantasiere auch zu gern über den eigentlichen text(rahmen, inhalt) hinaus.

zeitzeugen, zeit-/zeugschaften: zeit schafft zeugen, zeugen erschaffen zeit neu oder entreißen sie aus ihrem angestammten raumzeitkontinuum in die dimensionalität der nachgeborenen u. nichtzeugen.

[gibt es überhaupt ein soviel später mit menschen u. dem planeten erde oder kann menschliches wissen menschen u. erde in andere galaxien verorten? [hierbei erinnere ich mich an einen beitrag von hoimar v. ditfurth "wenn die welt untergeht" :
"die vorurteilsfreie beobachtung der natur lehrt den menschen, dass es in seiner umgebung nichts gibt, das ewigen bestand hätte. das gesetz permanenten wandels gilt selbst für den unbelebten kosmos: auch das universum hat eine geschichte ", es hat einen anfang gehabt u. wird ein ende haben ...."]

zum text:
ja ... das ist das rad der zeit mit seinen drehmomenten. es wird immer nur wenige geben, die sich an die alte zeit erinnern wollen, nach zeitzeugschaften forschen, um die vergangenheit zu ergründen, wie sie wohl gewesen sein mag für menschen, zeit/geist und welche herausforderungen / belastungen / überlastungen für die menschen des neuen jahrtausends bestanden. das substantielle wird übrig bleiben, aufbereitet für die allgemeinheit. man wird es differnzierter in universalhistorischen u. konkretgeschichtlichen deutungen nachlesen können. aber vielleicht gibt es ja eine entwicklung, die dem emotionalen genauso viel aufmerksamkeit schenkt u. wir finden die befindlichkeiten / kämpfe/ leidenswege um "namen wie freie meinungsäußerung in china // recht auf religiöse entfaltung in tibet // wunsch nach frieden in uganda " in einer zeitzeugengeschichtssammlung wieder.

das lw befürchtet jedoch, dass die sonne den lauf der zeit bestimmt u. alles tilgt, was an die schatten unserer tage erinnert. dass menschen vergebens zeitzeugen sind, weil die geschichte doch kein so langes gedächtnis hat u. politische geschehen sich in den zeitachsen einer anderen zeit verlieren u. bezüge nicht mehr so hergestellt werden können, wie sie sich in der aktuellen zeit darstellten. sie verschwinden praktisch in die verborgenheit.

gern darüber nachgedacht

lg, rivus

p.s.:
1,als leser habe ich die hoffnung, dass auch solche präsenzen nicht verloren gehen u. je sensibler ein späterer zeitgenosse den spuren der geschichte nachspürt, um so mehr wird er wert legen auf zeitzeugenberichte, um möglichst glaubhafte bezüge für erkämpftes u. verlorenes jener zu betrachtenden Zeit herstellen zu können.

2, hier eine literaturempfehlung. ich fand das buch richtig gut
http://charlotte.lettenbauer.com/kultur/buch/Diner.html
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Re: zeitzeugen

Beitragvon Perry » Mi 21 Okt, 2009 01:05


Hallo Rivus,
es freut mich, dass du soviel in den Text hinein interptretieren und herauslesen konntest und danke für den Literaturhinweis. Mir ging es um die traurige Erkenntniss, dass wir die Chancen aus Erfahrung zu lernen zu wenig nutzen und uns irgendwann vielleicht deshalb die unbarmherzige Sonne verbrennen wird.
LG
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