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Die Gewinnertexte des "Gedichte des Monats"-Wettbewerbs werden hierher verschoben.
von Anna Lyse » Mo 05 Apr, 2010 16:52
wir werden uns nie sehen und es blutet meine nase, wie ein meer dazwischen noch so komische notizen komisch an den rand gedrückt, vor lauter nasen die platt vielleicht was sagen. und während die nase blutet und während die finger starr nichts tun die lippen noch geringer formen, lassen dabei wenig übrig.
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von Neruda » Do 08 Apr, 2010 23:38
Liebe Isa,
gefällt mir dein Text, vor allem der Titel. Ich kann gar nicht genau sagen warum. Ich finde ihn ziemlich klug konstruiert, mit den Wortwiederholungen an denen ich mich als Leser aber nicht störe, was sonst ja schnell mal passiert. Vor allem gefällt mir aber, dass der Text durch solche Bilder wie platte Nasen, etc. fast ein bisschen lächerlich wirkt, aber immer wieder umschwenkt ins Ernste, in etwas Verzweifeltes; der Versuch sich an nicht Vorhandenem festzuhalten. Gefällt mir jedenfalls, wollte ich nur mal gesagt haben.
Lg, Kim
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von Friederich » Fr 09 Apr, 2010 11:57
Hallo Isa, ein Text, der nicht trotz, sondern aufgrund seiner Wortwiederholungen gefällt und der mir trotz seiner einfachen Wortwahl sehr gefällt. Wichtigster Aspekt aber sind die sehr gelungenen Zeilenumbrüche und das Metrum, das stellenweise die Unebenheiten in der Syntax zu einer reizvoll passend-unpassenden Kombination formt an den rand gedrückt, vor lauter nasen die platt vielleicht was sagen.
Einen Hauch Ironie kann ich feststellen, denn diese "Nasenzentriertheit" verhilft dem Rezipienten zu einer tagtäglich gewohnten, in diesem Kontext aber lustigen Perspektive, die dem ernsten Dukuts (das Meer dazwischen oder die Finger, die starr nichts tun) schön komplementär gegenüber steht. LG, Friederich
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von Drehrassel » Fr 09 Apr, 2010 18:24
[quote="Friederich":1msri9gk]Wichtigster Aspekt aber sind die sehr gelungenen Zeilenumbrüche und das Metrum, das stellenweise die Unebenheiten in der Syntax zu einer reizvoll passend-unpassenden Kombination formt[/quote]
diese bemerkung kann ich lediglich wiederholen, vielleicht kurz ausführen: rhythmisch-metrisch ist dieses kleine gedicht mit seinen lustigen bildern (welche aber eine klar erkennbare ernsthafte "absicht" im bezug auf das sujet des textes erkennen lassen) sehr interessant gestaltet. es lässt sich, trotz dass es in keinem durchgängigen schema verfasst wurde und auf keine tradierte vers- oder gedichtform zurück greift bis in die kadenz, den versabschluss der fünften zeile (also bis an die ja so tragi-komisch immerwieder im text auftauchenden "nase/n") alternierend lesen. und das über die versgrenzen hinweg! also synaphisch. der einzelnen verszeile käme dabei also kein bestimmter versfuß zu, aber es wechselte sich silbe für silbe eine hebung und eine senkung, ausgehend vom ersten wort des gedichtes an ("wir"), ab. dies erreicht isaG, obwohl sie sich (sogar auffällig!) vieler einsilbiger worte bedient, welche eigentlich keinen genau bestimmbaren akzent besitzen, durch gezielte verwendung eindeutig zu betonender worte, vor allem die drei-silbigen "dazwischen" "komische" "notizen", aber auch durch die das versgefüge rhythmisierende stilisierungen wie z.b. die wiederholung des adjektives "komische(e)" und das sehr versierte spiel mit der syntax.
daraufhin folgen zwei verse, welche man - nicht mal mit annahme einer tonbeugung - mit einer freien füllung von doppelter senkung. und das ausgerechent auch noch an der gleichen stelle, und das auch noch ausgerechent nach einer sehr auffälligen anapher aus zwei ganzen worten:"und während / und während". direkt nach diesen beiden stellen aber wieder alternieren die verszeilen ihren enden entgegen; wobei in der kadenz der zweiten der beiden zeilen eine stelle eingebaut ist, welche sich nicht "leiern" lässt, sondern welche man im grunde fast wie einen hebungsprall zu lesen hat, um dem semantischen gehalt gerecht zu werden. grandios! - aber noch nicht das finale! genau hier nämlich aber wieder fängt das gedicht an in die abschließenden beiden schlussverse zu alternieren, und dies kann man wieder problemlos bis hin zum letzen wort des textes tun. wobei der rhythmus sogar immer hölzerner wird und sich an eben diesem alternierenden maß so orientiert, wie das wolfang kayser einmal "metrischen rhythmus" genannt, und damit gemeint hat: eine über-erfüllung des metrums welche monoton vor sich hinklappere und an keiner stelle ihr schema rhythmisch überspiele. das ist aber hier! in diesem! gedicht gerade das kunststück! denn dieser am ende öde rhythmus hat sich erst über das ganze gedicht hin entwickeln müssen und ist eine folge aus den vorherigen kabinettstückchen, welche ich versucht habe, etwas zu erläutern. nicht zuletzt stützt das ja auch gerade den inhalt des gedichtes.
sehr feine arbeit, isa.
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
- ossip mandelstam
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von Anna Lyse » Do 22 Apr, 2010 10:58
hallo, nein nicht vergessen nur aufgeschoben habe ich meine antwort an euch. nicht fein ich weiss aber so ist es halt ;) danke erstmal euch drei, hatte nicht mit irgendeinem kommentar hierzu gerechnet, von daher war ich umso überraschert feedback zu erhalten. @neruda: danke dir fürs lesen und den kommentar. ob er nun klug konstruiert ist, naja :D er sollte mal etwas anderes sein, da ich nicht nur für irgendwelche wortfindungen stehen will sondern auch mal, für mich, langweiliges ausprobiere. um diese langweile zu überspielen hatte ich die metapher mit den platten nasen gewählt. @friederich: auch dir ein danke für den kommentar. du hast den text ja wie immer sehr eigen auseinandergenommen, fand ich schön zu lesen. deine sicht auf die "nasenzentriertheit" hat mir gut gefallen und ja ironie ist wohl auf vorhanden, damit man ja bloß nicht auf die idee kommt ich habe "versucht" ernst zu sein, doch weiss mans? @drehrassel: ja was soll ich dazu sagen. bin platt wie ne nase, immernoch und immerwieder wenn ich mir deine kritik durchlese. sie lässt nichts offen und ich habe wieder mal einen interessanten und wirklich hilfreichen einblick erhalten. auch wenn es ca. 4x lesen gebraucht hat um die sätze so ineinanderzuhaken dass es für mich verständlich war :D doch ich mags. auch danke dir für das lob (danke euch allen). komischerweise muss ich dazu sagen schenke ich diesem text nicht sehr viel beachtung aber vielleicht ist es auch genau das oder? oder auch nicht. aber wieder fängt das gedicht an in die abschließenden beiden schlussverse zu alternieren, und dies kann man wieder problemlos bis hin zum letzen wort des textes tun. wobei der rhythmus sogar immer hölzerner wird und sich an eben diesem alternierenden maß so orientiert, wie das wolfang kayser einmal "metrischen rhythmus" genannt, und damit gemeint hat: eine über-erfüllung des metrums welche monoton vor sich hinklappere und an keiner stelle ihr schema rhythmisch überspiele. das ist aber hier! in diesem! gedicht gerade das kunststück! denn dieser am ende öde rhythmus hat sich erst über das ganze gedicht hin entwickeln müssen und ist eine folge aus den vorherigen kabinettstückchen,
vor allem hier, musste ich lachen :D denn hölzern trifft es so gut...auch das mit dem kabinettstückchen, hmm ja es liest sich wie eine egozentrische aufführung der eigenen lächerlichkeit. danke! lg, isa
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von Perry » Do 27 Mai, 2010 13:10
Hallo Isa, vom Rest was formen, heißt ja soviel wie das Beste aus etwas zu machen. Nun das LI scheint sich erst einmal nur die Nase platt, ja sogar blutig zu drücken. Aber es kann das LD nicht erreichen. Nun das kann von einem zur Adoption freigegebenen Kind bis einem lebenslänglich einsitzenden Geliebten wohl alles sein. Worin besteht nun das angesprochene Beste? Ich kann außer den komischen Randnotizen nur eher ohnmächtges Nichtstun herauslesen. Vielleicht wolltest du ja auch dieses Gelähmtsein von einem Ergeinis zum Ausdruck bringen. MIr ist das aber inhaltlich ein bisschen zuwenig, um mich mitnehmen lassen zu können, auch wenn dir das Formale gut gelungen ist. LG Perry
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von Anna Lyse » Sa 29 Mai, 2010 09:18
hallo perry, und danke für deine notiz zu diesem stück. tja ein wenig hat sich meine eigene sicht auf den text auch schon gewandelt, wohl eher in langeweile. aber das ist ja klar, denn ich habe da schon ein ziemlich genaues bild vor augen, welches der leser nicht hat und nur hat wenn er selbst etwas mit den worten verbindet... (warum auch immer).
sagen wir mal so. was das hier ist, würde man vielleicht am besten als ein diffuses konstrukt bezeichnen. diffus, weil nicht eindeutig klar ist was hier gemeint ist und vielleicht sogar unsinnig erscheint. konstrukt, weil ich schon genau wusste was ich hiermit wollte. zumindest mit der form ist das rübergekommen und vom inhalt her ist eigentlich auch das erreicht worden was ich wollte. doch ich werde mal sehen, vielleicht werde ich auch bei gelegenheit mal was ganz anderes daraus machen.
gruß, isa
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