von blaue_Raupe » Mo 06 Okt, 2008 15:37
Hi KediosRache,
Die Päckchen sehen nach einer Art Eigeninspiration aus … ein Text aus 02 im Korn wieder aufgegriffen und ummodelliert?
Zumindest dünne Fäden finden sich wieder, und für mich als Leser bleibt letztlich, dass mir nach den bisherigen Betrachtungen die Version von vor ein paar Jahren deutlich besser gefällt. Einerseits mag’s an den Konkreta liegen, die zwar sehr einfach sind, was für meine Begriffe aber nicht schadet.
Ein paar Worte zu beiden …
[size=85:72vrz4pp]Wenn die Dämme brechen
.........nimm dein letztes Brot und geh
.........im Abschied
.........liegt Segen
.........und ungepflasterte Felder
.........warten auf dein Lied
.........Das Wasser
.........wird dir folgen
.........(2002)[/size]
~
Nicht wegen der stark romantischen Einschläge gefällt mir dieses Päckchen besser, sondern wohl hauptsächlich deshalb, weil es recht unaufgeplustert bildert und die großen Kräne, die ich im zweiten finde, am Wegrand stehen lässt.
Romantisch, ja … sehr ländlich, sehr karg, aber positiv konnotiert im Brot und in den Feldern, die scheint’s durch ein bloßes, aber reines „Lebenslied“ besät werden können. (Im Übrigen würde ich das „ungepflastert“ noch mal durch die Maschine drehen – Felder sind es zumeist).
Die Klammer wird ja dadurch aufgefüllt, dass ich im Dämme brechen von etwas an dieser Stelle negativ Belegten über das aufgesplitterte Motiv gehe, es kommt eine Landschaftsanreicherung, und das Wasser, das letztliche „Ergebnis“ der gebrochenen Dämme verliert im Fortgehen der Person an Wucht und Bedrohung, im „Hinterherfließen“ mag ein Rinnsal bleiben, das die besagten Felder inmitten der Klammer letztlich vielleicht wieder nährt.
Im Rahmen besagter Klammer geht vielleicht noch mehr. „Das Wasser wird dir folgen“, einerseits vielleicht lebensspendend, andererseits evtl ein Einschlag dahingehend, dass die Person vielleicht allzu schnell auf die kargen Felder gezogen ist. Den brechenden Dämmen nicht standgehalten, und auch auf denneuen Wegen, die zunächst übers Einfachere führen, wird das Wasser folgen, sich sammeln und letztlich wieder an einem menschgewirkten Damm enden. Sei’s betonlich oder im übertragenden Sinn. Letztere Lesart halte ich allerdings nicht für die prominentere.
Wie gesagt … macht für mich nichts, dass es einfach ist. Wenn’s mal einfach sein will, soll’s das sein.
Aber es fehlt ja noch’n Päckchen.
.[size=85:72vrz4pp]........Wenn der Abschied versandet
.........zerteile die Flut
.........Zeiten ertrinken in deiner Stille
.........und fürchten die Zukunft
.........wenn du bleibst
.........ist Neugier
.........ein schwaches Segel
.........(2008)[/size]
~
Wo ich hier in die deutlich größeren Begriffsebenen gehe, und zwar nicht als Splitter, sondern durchgehend, überzeugt es mich im Rahmen dieser Texte weniger als das Päckchen, das noch auf dem Acker lag.
„Wenn der Abschied versandet / zerteile die Flut“? Sicherlich kann „man“ mal aus Ägypten ausziehen, so man denn möchte, aber der Einstig bereitet mir Schwierigkeiten. Wenn der Abschied versandet, also sinkt und in Vergessenheit gerät, wo soll ich da Fluten teilen? Ausziehen, sicherlich, aber der Kontrast sagt mir nicht zu. „Abschied“ / versanden als bloße Verknüpfung ebenfalls nicht. Langsam einsickernder „Abschied“ … nee. Not form me.
Was ich als "gemeint" erachte: Wenn man nicht mehr daran denkt, zu neuen Ufern aufzubrechen [...]. Dann halte ich vor allem den bestimmten Artikel für überdenkenswert, da "der" Abschied" ein nicht genauer bezeichneter oder als ein bestimmter eingeführt ist.
Die Bildkohärenz lässt mir auch im Folgenden noch zu wünschen übrig – „Zeiten ertrinken in deiner Stille“ – klingt ja erstmal pompös, und für meinen Geschmack ist es so ungefüllt ein bisschen zu dicke.
Das konnotierte „in sich verkriechen / Stillstehen / in sich zusammenfallen“ geht mir mit dem versandenden Abschied immer noch nicht runter, und im Folgevers sehe ich zwar, dass du „ertrinken“ den Fluten geschuldet hast, woraus sich aber der Lapsus ergibt, dass, so denn „Zeiten“ in „[einer] Stille“ ertrinken, die Furcht um eine Zukunft hinfällig ist. Tot und untergegangen fürchtet es sich wohl nicht mehr.
Und nach dem großen Kino kommt der Mini-Ausklang mit der Neugierde, dem schwachen Segel ... das liest sich nach dem großen Besteck für mich ein wenig zu lasch und könnte besser zutage treten, wäre das andere nicht so sehr vorstehend.
Sicherlich ist Päckchen II jetzt nicht zuletzt auch gegen Päckchen I gewichtet worden, aber sie stehen ja beide dort.
Die Töne beider klingen sehr unterschiedlich, ein ländlich-Romantisches, das ein bisschen an das altertümelnde „auf die Walz gehen“ erinnert, „gegen“ das dominant gewordene Wassermotiv, angereichert mit großen Begrifflichkeiten, die mir im Ballungsraum ein wenig zu stark geworden sind.
Soweit ein Blick hinein & hinaus
Für’s Erste,
VG
r~~~
Edit: Man sollte die Fälle beherrschen. Ja, das sollte man.
you cannot unscramble scrambled eggs.[links:3fqyydm7][/links:3fqyydm7]