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Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon rivus » Di 06 Nov, 2012 00:01


hallo leute,
hier könnt ihr eure gedanken zur wahrheit einbringen. wahrheit trägt doch auch ein janusgesicht! wahrheit kann menschen zu einsichten verhelfen, das leben besser zu meistern. wahrheit kann aber auch das gleichgewicht eines menschen so erschüttern, dass sie ihn im extremsten fall vernichtet.
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon kokoschanell » Do 29 Nov, 2012 19:51


ich würde mal sagen, es kommt auf den menschen an.

manche brauchen keine wahrheit. sie lügen sich selbst in die tasche bis ins kühle grab. nur so können sie mit ihrer schuld weiterleben.
andere haben ein gewissen. sie können das nicht.

ich bin für schonungslose wahrheit, sonst kommen die anderen zu leicht davon. und man selbst lebt ein leben, das ein fake ist.
ich könnte mein leben nicht mit unwahrheiten leben.

meine jetzt nicht, dass man der nachbarin unbedingt dagen muss, wie schrecklich sie in dem neuen kleid aussieht :lach:
ich denke, man versteht schon, was ich meine.
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon entitàgratuita » Fr 30 Nov, 2012 03:00


Was ist Wahrheit überhaupt?

In der Logik ist das der Zustand einer Aussage, die keinen Widerspruch enthält. Dabei ist das Gegenteil von wahr falsch und es ist offensichtlich, dass eine Aussage nicht zugleich wahr und falsch sein kann. Auf rein logische Aussagen heruntergebrochen erscheint das Ganze recht simpel, doch an dieser Stelle kommt der Mensch ins Spiel.

Der Mensch empfindet Dinge als wahr, die er durch seine Erfahrung bestätigen kann, unabhängig davon, ob diese Dinge nun tatsächlich der Wahrheit entsprechen oder nicht. So würde ein Mensch, der in seinem Leben bisher nur schwarz-weiß gefleckte Kühe gesehen hat und nie etwas Gegenteiliges gehört hat, wohl behaupten, dass alle Kühe dieses Muster besitzen, obwohl dies nicht der Wahrheit entspricht. Der Begriff der moralischen Wahrheit ist also ein anderer als der Begriff der Wahrheit an sich.

Als Lüge definieren wir demnach eine Aussage, die wir in der Annahme machen, dass sie falsch ist. Auch hier ist es völlig unerheblich, ob diese Aussage nun tatsächlich falsch ist oder nicht - wichtig ist die Intention, die hinter ihr steht. Um so eine(per definitionem beabsichtigte) Lüge aber machen zu können, braucht der Mensch einen Wahrheitsbegriff, den er tief in seinem Inneren verankert hat. Darum halte ich, wenn auch nicht DIE Wahrheit, denn diese werden wir wohl kaum jemals erfahren können, so doch eine gewisse Vorstellung von Wahrheit für unabdingbar für jeden Menschen. Sobald sich ein Mensch so sehr von sich selbst entfremdet und in Lügen verfangen hat, dass er an dieser zentralen Vorstellung von Wahrheit zweifelt, geht er geistig und seelisch zu Grunde. Darum ist es für die Menschen auch so schwer, ihre von Grund auf gepflegten Vorstellungen und Vorurteile abzulegen, denn das würde bedeuten, an all dem zu zweifeln, was man bisher für wahr gehalten hat...

Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass alle Menschen in ihren eigenen starren Wahrheiten verbleiben sollten. So würde die Gesellschaft nicht funktionieren und die seelische Gesundheit eines Menschen hinge allein davon ab, wie gut er sich mit dem Paradigma, das man ihm völlig willkürlich auferlegt hat, abfinden und in ihm aufgehen kann. Wenn dagegen der Wahrheitsbegriff fließend ist, sich an dem Neuerfahrenen bereichert, nachdem es einer gründlichen Prüfung unterzogen wurde, dann gelangen wir langsam zu einem selbstständigen modernen Menschen(oder zumindest zu seinem Idealbild). Allerdings werden solche Menschen wohl mit mehr oder minder schweren Selbstzweifeln zu kämpfen haben, solange sie nicht doch einen starren Kern in ihrem Wahrheitsbegriff unterbringen können, und sei es nur die Antwort auf die Frage: "Wer bin ich?"
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon kokoschanell » Fr 30 Nov, 2012 13:50


hi enti,
schön defniert.

wahrheit und lüge ist immer vom menschen abhöngig.
subjektiv gesehen mag eine lüge für ihn eine wahrheit sein.

um zu lügen, muss er jedoch zunächst seine lüge als solche erkennen. bewusst lügen und darum geht es hier ja aber, setzt voraus, dass man eine wahrheit durchaus als solche erkannt hat, sonst würde man ja nicht lügen.

nehmen wir ein beispiel:
jemand sagt, das habe er nie gesagt. dann gibt es die möglichkeit, dass er das gesagte wirklich vergessen hat. das wäre auch für mich verzeihlich.

anders ist es, wenn er es nur behauptet um ärger zu vermeiden, also schuld zuzugeben. dann hat es wenig mit erfahrung zu tun, sondern der mensch weiß ganz genau, was die wahrheit ist und negiert es, um seine haut zu retten. das ist nicht verzeihlich für mich.


politiker lügen dauernd. siehe eurokrise. aber jeder weiß das. wieder was anderes.

wahrheit als grunddefinition im forschungbereich ist wieder ganz anders. was gestern als erwiesen galt ( die erde ist eine scheibe), kann morgen schon auf grund neuer wissenschaftlicher erkenntnisse nicht fakt sein. dies ist aber kein lügen, sondern aussagen, die nach bestem gewissen(erkenntnissen) gemacht werden.

puh, das war viel...lächeln von koko
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon CBarker84 » Fr 22 Feb, 2013 14:32


Was Wahrheit ist und was nicht, lasse ich mal außen vor. Wahrheit ist eben die Wahrheit, interessanter ist die Frage, ob und wann man lügen darf/soll, da das Ergebnis häufig mehr Probleme effektiver löst als die Wahrheit.
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon kokoschanell » Fr 22 Feb, 2013 17:50


das geht nicht, lieber baker. wer wahrheit aussen vor lässt, kann auch lügen nicht ´definieren.
lg von koko
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon rivus » So 24 Feb, 2013 17:54


ja wann darf man denn nach deiner meinung CBarker84 lügen?
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Re: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?

Beitragvon Le_Freddy » So 24 Feb, 2013 19:50


ich würde gerne noch bei der wahrheit bleiben, bevor wir zur lüge kommen.
und ich würde gerne auch noch die aussagen wahrheit außen vor lassen. ersteinmal die frage nach der wahr-nehmung:
Der Irrtum, sagt man, ist die Erscheinung. Das ist falsch. Im Gegenteil, die Erscheinung ist immer wahr, wenn man sich an sie hält. Dieser Baum den ich für einen Menschen halte, ist nicht scheinbar ein Mensch, und ein Baum in Wirklichkeit. Als Erscheinung […] ist er dieses in der Nacht aufgetauchte dunklere Etwas.Und das ist wahr: es ist das Auftauchen eines Seins.
(J. P. Sartre: Wahrheit und Existenz)

er beschreibt den Irrtum als "auf der Ebene der Wirklichkeit" liegend, auf die die "verifizierbare Antizipation" (Mensch!) zielt. freilich ist damit noch nicht viel gesagt. aber wenn so unwahr wäre, was uns nachts abundan begegnet, warum fürchten wir uns dann so sehr? und warum fürchten wir uns noch vor dingen, von denen wir wissen uns nicht fürchten zu müssen? damit kommen wir langsam in den bereich der aussagen: dies sind atome – dies sind kerne mit elektronengas darum – dies sind protonen und neutronen … wellenfunktionen … aber es ist doch immernoch ein stein? man darf sich die frage stellen ob das, was hinter dem schleier liegt, den die wissenschaft (zurecht) lüftet wahrer ist als das was wir sahen als der schleier noch unten war, oder ob es nicht viel mehr eine andere wahrheit ist.
diese fortschritts-infrage-stellung lässt ich weiter verfolgen: es gab zeiten da bezeichnete man wale als fische, heute weiß jedes kind, dass wale keine fische, sondern säugetiere sind. richtig. wie gut dass wir über diesen irrtum erhaben sind. dass hier zwei grundverschiedene begriffe von fisch verwendet werden interessiert uns dabei nicht. (die verwendung unterschiedliecher sprachen ist wohl auch der Grund für den "beef" zwischen neuro-bio und philosophie, was der eine meint wenn er freiheit sagt, ist nicht ansatzweise mit dem zu vergleichen (nich das Gegenteil) von dem, was der andere mit determinierung meint.) und weil es schon einmal angesprochen wurde, noch soviel zum fortschritt: dass das mittelalter geglaubt habe die welt sei eine scheibe, ist sicherlich aus einer gewissen neuzeitlichen arroganz in verbindung mit selektiver wahrnehmung und übersetzungsfehlern entstanden, aber wer könnte jemandem diesen glauben verübeln? wer von uns geht durchs leben in dem bewusstsein auf einem riesegen ball zu sitzen? (ich wohne ja nun auch im flachen land ;P)

aber nochmal zur aussagenwahrheit. wann ist denn eine aussage wahr? (mal von allen (nicht mehr) hermeneutischen problemen abgesehen die das verstehen und sprache uns bereiten) wenn sie mit der sache übereinstimmt? wenn sie nicht wiederlegt ist? wenn sie mit anderen aussagen kohärent ist?
das müsste erstmal geklärt sein, bevor wir eine diskussion über die lüge anfangen, nichtoder?
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