Lyrik rund um das Thema Liebe

warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon cube » Do 18 Jul, 2013 09:56


simpel & schlicht
zuerst
sie war dein
und du in ihr
doch
als sie sich selbst
verlor verlorst
du dich und sie
und beide suchten sich und einander
also sie (oder du, vormals)
suchte sich in sich und dich (vllt)
und also du suchtest sie (in ihr)
die saß aber auf einer bank
und weinte und wartete und trug
all das mit fassung & wie eine strafe
als könnte sie nicht nehmen
(so konnte sie nicht)
seine hand und gehen
mit in unsichere-unbestimmte zukunftsräume
aller angebotner reichtum verschmäht
die leidenschaftliche versicherung
nichts erreichen zu wollen
ernsthaft & voller absichtslosigkeit
nichts zu versuchen und dieses ziel zu verfolgen
mit aller gebotenen hartnäckigkeit
o non dorten war keine gegenwart mehr die
künftig werden könnte nur ein loop
nurmehr über godot reden
das (muss man sich vorstellen) das
ist wie über godot reden und wieder
über godot reden wie wann sein zug wohl eintreffen werde
er wisse wichtiges etwas das alles ändert
kennst du das : auf seinen soultrain warten neben den gleisen sitzen. den kopf auf die schienen legen : einfaches erwarten

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rivus (Do 18 Jul, 2013 23:01)
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon rivus » Do 18 Jul, 2013 23:00


ach cube,
das absurde, absurdistan meldet sich, ganz absurde. so eine, käme sie dann, ach, könnte sie uns erden? ich melde mich wie immer später nochmal zu deinem text und kann ihn nur empfehlen ....




lifoanische grüße

rivus
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon findefuchs » Fr 19 Jul, 2013 08:33


Hi,

sehr eindringlich nimmt auch hier das "Beckett'sche Warten" nur um des Wartens willen, die Atemluft. Warten auf Veränderrung von Irgendwo, Hauptsache nicht von innen, nicht aktiv, Warten aus Angst vor Veränderung. Warten, damit man sich frei sprechen kann von Schuld, nichts unternommen zu haben. Man kann sich sagen, man habe doch gewartet und kostet es aus, das süsse, bittere Warten bis in alle Ewigkeit, nur um der Veränderung zu entgehen.

finde
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon cube » Fr 19 Jul, 2013 14:26


o finde!

mhm, dich wiederzulesen nach den vielen tagen, das ist wie milch mit honig. danke fürs einfühlen & die gedanken zum machwerk, so eindringlichkeit als ausdruck von lese-empfinden freut mich. der text ist ein onetake fast ohne nachbearbeitung, und meine schreibe zielt wohl generell aufs andocken an leserseelen; wenn der text das halbwegs ermöglicht, mach' ich nen halben salto, und wenn ich lese, dass ein findefuchs die durchlässigkeit aufbringt, und der eindringlichkeit nachspürt, freut's mich halt, und der begonnene sprung würde gestanden, könnte ich ihn springen!
es ist so traurig manchmal. da gibt es wunderschöne menschen, die glaubt man zu kennen und also erkannt zu haben, dass sie alles in sich haben, alles was sie bräuchten, um sinnvoll und verdrahtet zu welt und mensch zu leben. aber da ist dann diese von dir beschriebene disposition, und man möchte schreien sie wachrütteln, auf die spur schicken, sich das eigene leben zu erobern. aber man weiß doch gar nicht, ob das bestimmten humaneinheiten überhaupt möglich ist; oder ob etwas richtig ist, nur weil es sehr richtig erscheint; weil man vllt diverse male den eindruck hatte, dass war der springende punkt und diese tages- und lebensrezepte halfen zuvor anderen. ist es nicht schrecklich überheblich, zu glauben, man hätte ein rezept für jemandes leben, selbst wenn man derjenige ist, der des anderen leben zur zeit am besten kennen soll?
welches recht soll man haben, jemanden von melencolia befreien zu wollen, selbst wenn die person danach fragt. es ist schrecklich dass unsere gesellschaften und kulturen das aktive aggressiv herangehende so sehr fördern. was zwietracht sät in manchen vielträumenden vielschlafenden, die einfach wunderschön sind, wenn man sie sein lässt, ohne diese von außen herangetragene zwietracht mit sich selbst ausagieren zu müssen. ach ich weiß nicht; es erscheint sehr richtig und erfahrungskongruent, aktivsein zu fordern; aber irgendwie will ich vielmehr daneben sitzen und still darauf warten, dass godot endlich kommt, dann muss sie nicht allein warten. und selbst wenn wir trotz aller mühe doch immer allein bleiben, so ist doch das da-sein, das miteinander-sein, immerhin alles, was in unserer macht liegt, und auch wertvoll, non?

lieber rivulus,

ich möchte deine frage wiederholen, ob sie uns erden könnte? auf den ersten blick scheint (mir) klar, dass es unmöglich ist. dass die wartende, geerdet werden müsste, auf erdung hofft und auf nachricht, wo norden ist. wie ich es aus findes kommentar herauslese. aber in absurdistan mögen andere gesetze und regeln gelten, als uns die herrschende rationalität glauben machen will. vllt erfordert doppelwirklichkeit auch doppeltes spiel? ich weiß es nicht, und die idee des doppelten spiels ist ja an sich schon sehr unangenehm. auf godot warten scheint mir machmal die ehrlichere weise des gegen-diese-welt-seins zu sein, in abgrenzung zb zu denen, die ihre ablehnung klar artikulieren und veränderung einfordern und dafür aktiv sich einsetzen. die auf-godot-wartenden folgen doch zumeist ebenfalls prinzipien, still und ohne großes aufhebens tun sie, was sie für richtig halten, um diese welt zu einem etwas besseren ort zu machen, selbst wenn der kampf, die innere entzweitheit, so viel kraft schon fordern. könnten die absichtslosigkeit, das nicht-wollen & nicht-wissen-wollen zu einer erdenden heimat werden, in einer welt, die (für mich) ganz offensichtlich selbst nicht weiß, wo es hingeht oder hingehen soll, die ständig auf aktivität und wachstum und selbsttraining drängt?

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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon findefuchs » Fr 19 Jul, 2013 15:24


Natürlich. Das Mögliche, denke ich, ist das Wertvollste eines Menschen.

Cubieeeeeeeeeeeeeeeee!Hallooooooo. Ich freue mich auch riesig, Dich hier wieder schreiben zu sehen. Fast glaube ich, habe ich Dich und Deine berührende Schreibe vermisst.
Nochmal zu Deinem Text: Dieses Drängen nach dauernder Aktivität und der "Verdrahtung"von Mensch und Welt, der subtile Anspruch nach "Selbstverwirklichung", dieser Kultur-Wortschöpfung, ist doch nur ein Symptom der jeweiligen Zeit, in der wir leben. Jede Generation, jede Epoche, jeder Kulturkreis definiert anders, was für ein Individuum als sinnvoll gehalten wird, oder ob eine individuelle Sinnsuche überhaupt im gesellschaftlichen Kontext relevant ist. Eine Gesellschaft hangelt sich in ihren Einzelteilen an diesem roten Faden entlang, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Fraglich ist, ob nicht gerade jene "Vielträumenden", "Vielschlafenden", Melancholischen, in den Freiräumen, die sie sich erlauben zu leben, erfahren, fühlen und auskosten, dass in ihrer Geduld auch ein Ankommen bei sich und ihrem So-Sein liegt, die erdet. Womöglich benutzen sie "Godot" als Alibi, dem Rest der Welt gegenüber, um nicht zugeben zu müssen, dass sie daran zweifeln, ob tatsächlich immer alles ein Ziel haben muss. Vielleicht finden sie es absurd, dass dieses "wachrütteln wollen", das "auf die Spur schicken wollen" einen Sinn ergibt für ihren Lebensentwurf. Sie sagen, sie warten, damit andere zufrieden sind. Sie erfinden ein Ziel. Das ist das noch Absurdere hinter der vermeintlichen Absurdität des ewigen Wartens. Sie haben Godot erfunden, um ihm niemals begegnen zu müssen.

Gruß.

finde
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon knistern » Fr 19 Jul, 2013 22:43


Ich denk´ es ist was für die Harten
auf selber Wartende zu warten
ich frage mich nun
gibts nichts Bessres zu tun
Da lese ich lieber im Garten
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon knistern » Fr 19 Jul, 2013 22:50


Es konnte ein Mann sich in Wetten
vor hohlen Sprechblasen nicht retten
Er fragt nach dem Sinn
es war keiner drin
drum sprach er "Ihr seid nicht zu retten"
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon knistern » Fr 19 Jul, 2013 23:21


Weil ich mit zeitgenössischer Lyrik meine Probleme habe (eigentlich inzwischen nicht mehr), will ich eine selbst erlebte Anekdote wiedergeben, die mein Verhältnis zu großen Teilen dieser "Lyrik" verständlicher machen könnte.

Jeder darf dazu eine andere Meinung haben.

"in Zeilen aufgefüllte Prosa" , wie Hans Joachim Wilberg die Gegenwartslyrik beschreibt ist von Günter Eich, den ich 1964 und 1965 in Großgmain mehrmals traf, mir so erklärt worden:
"Theo, schreib einen Text aus der Zeitung. Es ist `künstlerisch wertvoll´ wenn er dir gefällt. Ordne ihn in willkürliche, aber gut aussehende Zeilen und schreib ihn neu nieder. Geld wirst du damit nicht verdienen. Aber herrlich blödsinnige Kommentare erzielen."
Günter Eich ist 41 Jahre tot - aber er hatte so recht.

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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon findefuchs » Sa 20 Jul, 2013 09:36


Hallo knistern,

schade finde ich, dass Deine Kommentare versuchen, "Ungereimtes" als unsinnig darzustellen. Ich bin geplättet, weil ich nicht fassen kann, dass es noch so kalten Kaffee gibt, den wir vermeintlich längst ausgeschüttet hatten.

Besonders witzig sind Deine kommentare unter dem Aspekt Deiner Signatur.

Wenn Du Zeitungsartikel vergleichst mit ungebundener Lyrik, dann fehlt Dir eine wichtige Information: Zeitungsartikel geben in epischer Breite Fakten bekannt. Sie informieren mit möglichst vielen Details. Die KUNST ungebundener Lyrik besteht hingegen im WEGLASSEN, im VERDICHTEN, im VERSCHLÜSSELN, in der VERKNAPPUNG, in der VERFREMDUNG, im metaphorischen "auf den Punkt" bringen eines Gedankenganges. Vielleicht wird Dir jetzt klar, weswegen ich Deine ewig-gestrigen Kommentare unter dem geposteten Kunstwerk als irrelevant empfinde.


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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon struktur-los » Sa 20 Jul, 2013 12:27


Hallo Cube,

ich kann dir nicht sagen, ob mir dein Text gefällt oder nicht. Mich regt er zum Nachdenken an.

Findet man sich selbst, wenn man in die Seele eines anderen Menschen schaut, mit ihm ("genügend") Zeit verbringt? - auch dann, wenn dieser sich doch selbst scheinbar nie gefunden hat? - oder in der äußeren Welt verloren (glaubt).?.

Inwiefern entdecken wir Wesenszüge von uns selbst in ihm - und - sind es immer dieselben – sind es Muster, die wir, einmal verankert, nicht loswerden, nicht loslassen wollen, können? Sind wir Menschen überhaupt in der Lage, etwas zu entdecken, was nicht zuvor bereits ins uns wohnte, uns bereits bekannt ist? Und ist es real – kann es real sein, oder ist es schlicht Projektion – eigene, übertragene?

Könnte es nicht auch das sein, was gerade nicht Bestandteil unseres Wesens ist – suchen wir im anderen Etwas? - vielleicht eine Fähigkeit, eine Wesensart, Gedanken, die wir nicht beherbergen, uns aber wünschen?

Oder darf es etwas Unbekanntes, Neues sein? Suchen wir - im anderen - das, was uns scheinbar fehlt? Woher wissen wir, was uns fehlt? Wollen wir das? Was tut es mit uns – und was tun wir damit – was täten wir denn anderes?

Sind wir Einer? Und wenn – wie viele davon? Und wenn wir Viele sind – wer ist dann der Eine?

Unabhängig von diesen Grübeleien, kommt es mir so vor, als wäre das, was das Leben und die Menschen m. E. ausmacht und erfüllt, nämlich, das wirklich Schöne und Einzigartige in ihnen, mit allen Höhen und Tiefen, gemeinsam zu entdecken, zu teilen und beweglich zu halten, eben genau das, was das erzählende Lyr-Ich bereits gefunden und empfunden hat, ohne es sich einzugestehen.

Es wartet, weil es immer mit denselben Augen in die Welt schaut – es sieht ein Außen, welches be/ängstigt, weniger das Innen, welches ganz andere Worte formt und auslebt/ausleben könnte – vll. weil es sich selbst eine positive(re) Sicht der Dinge nicht zutraut, dem anderen nicht zutraut, nicht vertraut.

Sich selbst und die Menschen, die man liebt, mit denen man lebt, sich umgibt, annehmen, mit dem Wissen, dass sich alles stetig verändert, erneuert - man sich somit selbst immer wieder neu definieren darf, ist/wäre eine Möglichkeit, das Leben zu fassen, ohne es festzuhalten, denke ich.

Liebe Grüße
strukti
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Grund: ... katastrophaler Ausdruck ...
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon knistern » Sa 20 Jul, 2013 15:15


findefuchs hat geschrieben:Hallo knistern,

schade finde ich, dass Deine Kommentare versuchen, "Ungereimtes" als unsinnig darzustellen. Ich bin geplättet, weil ich nicht fassen kann, dass es noch so kalten Kaffee gibt, den wir vermeintlich längst ausgeschüttet hatten.

Besonders witzig sind Deine kommentare unter dem Aspekt Deiner Signatur.

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finde



Lieber findefuchs,
den wichtigsten Satz hast Du - so scheint mir - überlesen:

Auch Du darfst eine andere Meinung haben als ich!

Nur nehme ich mir dieses Recht ebenfalls für mich heraus. Auch wenn Du dies als "ewig-gestrig" empfindest.
Und ich werde den Teufel tun, etwa deshalb Deine Meinung ab zu qualifizieren. Denn das erledigst bereits Du für mich.

Knistern
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon findefuchs » Sa 20 Jul, 2013 17:09


Yo, Bro. Alles klar.
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon cube » Sa 20 Jul, 2013 19:31


wow finde, das waren so sätze von dir, die könnte mich gerade echt weiterbringen in sachen thema-entwicklung. ja, ist denkbar, klingt verstehbar - so was er-schlösse so einiges. würde da gerne und dringend noch was beifügen in sachen ideen-entwicklung, aber gerade ist nicht so der richtige zeitpunkt dafür. und, oh ja, dich hier zu treffen, das ist sehr fein & freut (sehr).

danke für die anderen komms natürlich, für weiterfragende, interpretierende, fundamental-kritik-übende .. ich werde bald auch die anderen sachen beantworten und auch bissen knistern zerpflücken, falls er da so interesse dran hat.

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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon rivus » Sa 20 Jul, 2013 22:48


hi cube!
(1)im voraus: ja. die welt drängt. und ja, das gedicht drängt und bedrängt mit seinem nachspüren von gefühlen, die mit phantasie diesen bourdieu'schen raum des möglichen ausfüllen, als er sich schon wieder leert, realisiert er doch diese schöpferische unruhe, dass es möglich ist, unsre eigene geschichte zu machen. dein text spricht mich auf meine weise an. in deinem "warten auf eine die auf godot wartet" gibt es für mich eine bemerkenswerte parallelität zur geschichte von alexander grin "die purpursegel" in der am ende eine, die auf ihren prinzen wartet, doch noch zu ihrem glück kommt. sie schöpft ihre lebenskraft aus ihren glauben, der für andre nicht nachzuvollziehen ist, lässt sie widrige lebensumstände aushalten und zieht letzendlich in diesem spielraum ihrer illusionen den einen, der ihre erwartungen vollendet und das spotten der andren zum stillschweigen bringt. sie ist diejenige, die sich mit ihren träumen mit hilfe eines liebenden erden kann ... aber, ich gehe noch weiter, im sinne des vertrauenden wartens und hoffens des alttestamentarisnen jahals und denke hoffnung gibt es auch dann, wenn es so aussieht als ob hoffnungsfäden zerrissen seien. hat aus solchem hoffen und warten bonhoeffer nicht seinen optimismus entwickelt, mit welchen er den realen repressalien und folterungen seiner gegner begegnen konnte? ...
.
.
(2)zur frage, ob so eine uns erden könnte , ach, in einer mittlerweile absurdistanischen welt? ich möchte zu deinen ausführungen zur frage, die ich nun erweitert habe, am ende meiner interpretationsreise kommen.
.
.
(3)versuch einer interpretatorische annäherung:
eine beruhigende begegnung auf augenhöhe, schlicht, einfach und berührung, ein gespürtes einssein in ihr. auf einen augenblick ein verliebtsein, zuerst, aber dann, nach dem realen sosein können, verlor sie, auf die existenz bezogen, sich im einssein an godot, also an einen andren, nur nicht an du, sodass du, sich daraufhin ebenso an einem infragegestellten du und zugleich an einem infragegestellten sie verliert, wobei sie sich sowohl als du & sie weiterhin einander suchten, um möglicherweise sehnsüchte zu nähren? als seelenverwandte, als geglaubte seelenverwandte, als du, wie das du sich im verliebtsein sich vorstellte, eine sie wie das du, sich im du und sich suchte, also doch dich suchte? wie das du auch sie suchte, aber in ihr! vielleicht, weil eine andre im spiel ist? im wartemodus fokussiert sich die selbstwahrnehmung, spiegelt sich die enttäuschung, das doppelspiel illusioniert nicht mehr, verliert jeglichen zauber ursprünglich gefühlten einsseins und im gefühlten, weit weg von geträumten, in einem ungewünschten fernistan, wird ihr gerade auf einer bank, mit näheoption, das eigentlich surreale, absurde bewusst, ja, die getäuschten gefühle brechen ihren damm, während sie weiterhin wartet und all das nichtvollzogene, nichtgefundene, verstörende erträgt, um doch zu spüren, dass nähe möglich wäre, wenn sie sich doch trauen könnte, ihren vieltraum, ihr einsseinwollen, mit dem ihr noch zu fremden, doch augenblicklich erreichbaren du wahrzumachen und gerade das ihr so nahe du, scheint ihr augenblicklich doch zu fern und die grenze, die fernende nähe, attributiert die schuld am nichtgelingen einer vertrauenden beziehung am eigenzustand und als gefühlte strafe und vielleicht als abkehr von godot, als verrat, auf den sie doch schon so lange wartet. so, im status quo ihrer gefühle, kann sie nicht mal die hand nehmen, die ihr vom räumlich nahen du gereicht wird und sich vom wartezustand lösen, um eben mitzugehen in eine reale welt und eben "in unsichere-unbestimmte zukunftsräume". sie hat keine kraft, die bank zu verlassen, die ihr ja auch schutz gibt und die ihr sehr vertraut ist, wie auch der zustand des wartens, der ihr einen seelischen raum gibt, in welchem sie sich auskennt. hier kann sie ihre regeln ausspielen! doch gerade mit dem einbruch einer andrer nähe kommt die verunsicherung, die sich hinter einem abwehrschild von plattitüden versteckt! aber immerhin reicht es noch zu einem gespräch über godot. der so verunsicherte du kann dennoch eine nähe herstellen, die uns das eigendringlich vermittelt, was wir doch alle, mehr oder weniger gebeutelten gut, an der für mich schönsten stelle deines textes nachvollziehen können: "auf seinen soultrain warten neben den gleisen sitzen. den kopf auf die schienen legen : einfaches erwarten" ja, hier zeichnen sich unsre ungestillten sehnsüchte ihren poetischen pfad. warum sollte aus dem soultrain nicht doch eine kommen, die uns, auf ihre weise, erdet, so dass wir welt auch auf eine andre art erleben können, wenn wir uns darauf einließen?
.
.
(4)teil 2 folgt

lg rivus
Zuletzt geändert von rivus am Sa 20 Jul, 2013 22:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: warten auf eine die auf godot wartet

Beitragvon cube » So 21 Jul, 2013 20:22


he rivus,

ich denke auch dass glaube etwas ist, das möglichkeitsräume öffnet. eine unterschätzte kraft mglw, in unseren von falscher religiösität und der sogenannten esoterik infizierten zeiten & breiten. ich will es in ahnlehnung an deinen kommentar eine stille und ausdauernde kraft nennen, die trotz alles anderen sagens von außen eigene welt mit eigener gesetzlichkeit schaffen kann. wenn man seinem fühlen folgend etwas wohlüberlegt für richtig hält, bleibt es das auch, ob die welt damit einverstanden ist oder nicht. eigene geschichte muss möglich sein, da haben die neurowissenschaftler in meinen augen nichts mitzureden, ob man sie schreibend erfindet oder lebend herbeiführt.

oh, in deiner interpretatorischen annäherung bin ich gerade ein wenig verloren gewesen. finde ich interessant und gut, wie das komplizierter werdende zweisein in dem spiegelspiel der pronomina wirken kann, ja da war's nicht mehr so simpel & schlicht, wie es sich schätzen lässt, sondern voller hin und her, verlaufen und verwirrung. beziehung als irrgarten, in dem geister gefangen werden wollen.

hm, die von dir beschriebene situation hat wohl wirklich etwas surreales, potzblitz, das will ich zugeben. selbst der ausdruck, die welt ist seltsam, wäre vllt nicht zuviel gesagt in dieser stunde? habe deine annäherung und auslegung aufmerksam gelesen, lege die ohren wieder auf die gleise und warte auf vibrationen.

vielen dank,
cube

ps: das andere etwas später. :-)
Zuletzt geändert von cube am So 21 Jul, 2013 20:24, insgesamt 1-mal geändert.
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