Für alle Gedichte, die zwischenmenschliche Beziehungen behandeln - mit Ausnahme der Liebeslyrik

beim jägerwirt am see

Beitragvon Perry » Fr 05 Jul, 2013 00:58


mit der jacke überm kopf
flüchten wir in die wirtsstube
der sommer hatte sich entschlossen
die sonne mit gewitter zu bestrafen

die speisekarte ist kurz aber deftig
gespickt mit eurokonformen preisen
zur feier des tages es war der erste
urlaubstag da darf’s etwas mehr sein

an den anderen tischen paare
die schon bessere zeiten gesehen haben
wer sonst fährt außerhalb der ferien
vielleicht familien mit kleinkindern

du bestellst dir einen fangfrischen
saibling auf jungfräulichem salat
ich entscheide mich für das rehfilet
mit sonnengereiften preiselbeeren

zum nachtisch gönnen wir uns
noch strudel du apfel ich topfen
genießen die selten gewordene nähe
zwischen tochter und vater
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Re: beim jägerwirt am see

Beitragvon kokoschanell » Mo 22 Jul, 2013 13:27


eine kleine Geschichte fast, lieber perry-mit nerwaretetm Ausgang. Vater und Tochter.
Kurz aber deftig, immer schwankend zwischen fast nüchterner Beschreibung und Gefühl.
Ein Gedicht aus Männerhand und gerade deshalb: irgendwie rührend.
LG von koko
Vielleicht stünde es besser um die Welt, wenn die Menschen Maulkörbe und die Hunde Gesetze bekämen.

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Re: beim jägerwirt am see

Beitragvon findefuchs » Mo 22 Jul, 2013 15:42


Hi Perry,

sehr schön nüchtern und schmerzhaft lapidar, sonnig-fluffig, als wär nix, beschreibst Du dieses unüberwindliche "Sichnichtsmehrzusagenhaben", diese Fremdheit zwischen den eigentlich am nahestehendsten Menschen. Fast schlägt dem Leser der Saibling und der Strudel auf den Magen, weil wohl solche Situationen sehr oft und häufig Realität sind bei vielen Menschen.


Gruß

finde
Als ich des Suchens müde wurde, erlernte ich das Finden.
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Re: beim jägerwirt am see

Beitragvon Perry » Mo 22 Jul, 2013 17:47


Hallo Koko,
"schwankend zwischen fast nüchterner Beschreibung und Gefühl."

Das trifft es gut, allerdings sollte auch ein Tick Ironie auf so manche Urlaubsidyllen mitrüberkommen, die meist keine sind. ;)

Was Du mit "Männerhand" meinst kann ich nicht so ganz nachvollziehen, aber das ist wohl auch eine weiblich gefärbte Sicht. :D

LG
Perry :wall: Verdammt, ich will hier eine Leerzeile haben!
Hallo finde,

gut herausgelesen, gerade was die

"an den anderen tischen paare
die schon bessere zeiten gesehen haben"

betrifft. Sie sitzen meist nebeneinander (Reihenpaare) und reden nicht wirklich miteinander.

Was Vater und Tochter anbelangt, war das eigentlich nicht so gemeint, aber jeder liest es so wie er es empfindet.

Danke fürs Hineinspüren und LG
Perry


Zuletzt geändert von Perry am Mo 22 Jul, 2013 17:51, insgesamt 5-mal geändert.
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