Lyrik rund um das Thema Liebe

laub mir

Beitragvon apnoe » Sa 22 Nov, 2008 22:15


das blatt zu lüften ohne zu wenden steigt er
auf und über den wind stolpern wir
leise liegt seine hand in den umwegen vor mir
bricht sich die sichel am unruhigen fels den hals
über kopf zu grunde gerichtet die augen
die wangen wissen noch
vom glühen
es gibt augenblicke, in denen eine rose wichtiger ist als ein stück brot. (rilke)
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Re: laub mir

Beitragvon exmaex » So 23 Nov, 2008 01:44


hey apnoe,
der titel lässt viel anklingen. laub ist etwas ehemals grünes, vom leben durchströmtes, das im begriff ist abzuklingen. frisches laub kann noch die letzten farben vom baum tragen, altes hingegen schon zu einem braungrauen matsch zusammengeschmolzen sein.
"laub mir" klingt nach "glaub mir" oder nach "erlaub mir". diese varianten kommen nicht zum tragen und haben mich anfangs etwas verwirrt, deswegen stehe ich dem titel zwiespältig gegenüber.
ich lese: der winter hält einzug, kommt auf, langsam, fast behutsam; frost bricht sich die zähne am fels und zu grunde gerichtet spüren die glaszapfen noch den letzten herbst.
die bilder gefallen durchweg. durch die enjambements muss man ab und an mehrmals hinlesen.
insgesamt mag ich die zeilen als belebendes wintergedicht sehen; die letzen beiden verse bleiben noch länger ich hinterkopf; das letzte glühen der farben bleibt erhalten.

gruß maex
irgendwie
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Re: laub mir

Beitragvon apnoe » So 23 Nov, 2008 09:43


danke maex, das ist fein, dass du es so rein naturbezogen für dich lesen kannst...das sollte auch drin stecken.
der titel ist eher dem erlaub mir gewidmet und bezieht sich ein wenig auf das sich erinnern und die glühenden wangen in einer abgekühlten zeit.

danke fürs kritik verfassen und mögen,
lieben gruß,
apnö
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Re: laub mir

Beitragvon Franz » So 23 Nov, 2008 10:07


Hallo Apnoe,

schön finde ich den ersten Vers, denn das blatt zu lüften ohne zu wenden birgt schon irgendwie etwas
kleines-feines geheimnisvolles in sich. Auch Vers drei leise liegt seine hand in den umwegen vor mir malt
sich mir schön auf die Synapsen: ein zartes herantasten, das noch unsicher, seinen Weg über Umwege
ans erhoffte Ziel zu suchen scheint. Etwas erwartendes gibt sich als Beigeschmack, denn ein leises Liegen
an sich kann man ebenso als 'Lauern' werten, und dieses fügt sich ebenfalls in den Kontext ein.
Das Geschehen um die Sichel nehme ich salopp als den Mond der sich am (vielleicht) fernen Felsen bricht, hinter ihm hervorschaut,
oder oder oder. Interessant finde ich die vermeintliche Wendung im vor-vorletzten Vers (über kopf zu grunde gerichtet die augen),
speziell das zu grunde gerichtet. Einer deiner Protagonisten scheint den Kopf zu Grunde zu richten, wobei hier
das 'etwas zu Grunde richten' als negativer Beigeschmack anhaftet. Rückschließend könnte man auf die Sichel
im vorherigen Vers steuern, was dem Ganzen etwas endliches anverleibt. Das Endliche würde sich dann z.B.
in den letzten beiden Versen vollenden, denn diese sprechen von vergangenem.

Dein Gedicht gibt sich (mir) als echt schönes Stück Erinnerung, das es versteht auf der ganzen Linie zu beeindrucken!
Den Titel kann ich jetzt, wo ich deinen zweiten Post gelesen habe, erst richtig einordnen, finde ihn aber ehrlichgesagt nicht besonders. Da ich eh kein Freund von Titeln bin, würde ich einfach den ersten Vers als solchen nehmen.

Besten Gruß, sans
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[size=85:1uy1zthl]Oskar Pastior *1927 †2006[/size]
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Re: laub mir

Beitragvon apnoe » So 23 Nov, 2008 11:44


danke, sanskryt!
da freut sich jetzt eine über deine schöne interpretation und die gute kritik.
mit titeln hab ichs ja auch nicht so...ich finde immer, dass die das allerschwierigste sind.
da er euch beiden nicht so recht gefällt, werde ich mal darüber nachdenken und in den skripten der hundertfachen textbearbeitung suchen, ob ich da noch was anderes brauchbares dabei hatte.
ich danke dir herzlich für die ausführliche beschäftigung.
lieben gruß, a
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