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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Drehrassel » Fr 13 Feb, 2009 21:42


[quote="Jo":21z32xnr]
und ob ein chatgespräch dann literatur ist oder nicht, betrifft eher eine andere diskussion. kommt halt drauf an, was man als kriterien von literatur sieht.[/quote]

ja. sehr richtig. danke, jo.
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Drehrassel » Fr 13 Feb, 2009 22:34


[quote="Jo":50m9zscb] aber trotzdem haben sätze nicht kein metrum, nur weil sie kein regelmäßiges metrum haben.[/quote]

da scheint es mir nicht nur um die lyrik zu gehen, esb, sondern darüber hinaus um literarische formen im allgemeinen und auch die frage nach rhyhthmisch-metrischen elementen gesprochener sowie geschriebener sprache... ein weites feld also... worüber sich gedanken zu machen wohl mal lohnen kann. wie ich finde.
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Drehrassel » Sa 14 Feb, 2009 01:32


[quote="Jo":fo9knpsw] jedes wort "hat ein metrum".[/quote]

nein. jedes wort hat einen wortakzent. metrum aber ist ein phänomen, das sich erst ereigen kann, wenn sich mehrere worte strukturieren zu gruppen rhyhthmischer und syntaktischer bezüge. wenn sich kola bilden und sätze. sätzte im spannungsfeld mit versen oder vers-ähnlichen gebilden. wenn man ein einzelnes wort heraus nimmt, wie z.b. "hochhaus, kann man sagen, es sei trochäisch. es wäre also prädestiniert um in einem alternierenden schema an einer exponierter stellen zu stehen. also in einem auftaktigen vers (jambus) z.b. an einer stelle wie: "das hochhaus steht gerade wie der spargel" (5-hebiger jambus). in einem trochäischen vers:"hochaus! wohnen heißt nicht immer leben"...
eine andere möglichkeit wäre es, da es sich um ein kompositum handelt aus zwei hauptwörtern, zu sagen: man versuchte hiermit einen versfuß zu verwirklichen, der in der prosododie deutscher literatur nicht wirklich ganz nach zu bilden ist, nämlich den spondeus (zwei direkt aufeinander folgenden hebungen), also HOCH/HAUS... / um aber das metrische schema aber zu bestimmen, braucht man sowieso mindestens zwei verse. mal abgesehen davon, dass "vers" von "versus" kommt und also ein einzelner vers nicht eigentlich für sich stehen kann.

wir können ebenso das wort "abend" nehmen. auch trochäisch für sich genommen, wenn man will.
5-hebiger jambus: "der abend kommt, ich kotze aus dem fenster".
5-hebiger trochäus: "abend heißt: ich weiß, ich muss verdämmern".
("hinter fenstern, die verdunkeln, flimmern" im nächsten vers etwa... :D sorry wegen der bescheuerten beispiele)
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Ruelfig » Sa 14 Feb, 2009 02:07


" hat jede art von text ein metrum oder nicht"?
Ja. Und nein. Kommt drauf an, aber eher nicht. Wenn natürlich die Idee des Metrums eher eng gefasst ist, wäre die eher weit gefasste Idee eines wie auch immer gedachten Metrums eher so weit gedacht, dass von einer metrischen Idee kein Gedanke mehr übrig bliebe als "egal".
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Drehrassel » Sa 14 Feb, 2009 02:08


bescheiden, dein kommentar, ruelfig, bescheiden...
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Drehrassel » Sa 14 Feb, 2009 02:25


du stellst eine frage, esb, die klingt wie:" o.k. - die erde dreht sich in 23 stunden und 56 minuten um die eigene achse... so what?" -

ja... wenn du es so willst... so what? / "tell me a story / maybe i believe it" (iggy pop)
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon Ruelfig » Sa 14 Feb, 2009 03:13


Da reihe ich mich gerne ein in bescheidene Bescheidungen. Aber was immer es ist, ich bin dagegen, oder was? Natürlich hat nicht jede Art von Text ein Metrum, sonst hätte jede Art von Text ein Metrum und dann gäbe es kein Terrain mehr, von dem aus man beurteilen könnte, wo es überhaupt noch Metrum gibt. Dann gelangen wir zu Blablabla wie: jeder ist ein 5minutenkünstler und alles ist Kunst und Kunstgibtesnichtmehr und allesistegal. Dann reicht es aber auch, Seitenzahlen aufzuschreiben. 1,2,3,4, den Rest kann man sich denken. Scheiße, nein, wenn der Leser keinen sonstwie gearteten ästhetischen Gewinn ziehen kann aus dem Text, der meinetwegen nicht mal mehr ein Metrum hätte, wäre der Text vielleicht gelungen auf die eine oder andere Weise, aber so was von tot.
Edith ach was
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Re: hat jede art von text ein metrum oder nicht?

Beitragvon blaue_Raupe » Sa 14 Feb, 2009 14:01


Wahrscheinlich ist es ein weites Feld (, Luise).

Hier ein Gedankenansatz aus dem Kellergebäude. Der Begriff der Metrik scheint meist Hand in Hand mit dem "Phänomen" Muster zu gehn.
In der kleineren Sache gibt es z.B. das Set an Basisfüßen, 4 Bekannte, ihre Variationen und das Aufsteigen in Monometer, Dimeter etc., was die Anzahl von Füßen in einem gesetzten Vers betrifft.
Die Basisfüße zeigen "blank" und auch im gestalteten Vers meist bloß 2 unbetonte Silben vor einer Betonung (Ausnahmen gibt es natürlich).
Damit scheinen sich metrische Konventionen daran orientiert zu haben, wie sich der Herzschlag und die Atmung eines Menschen verhält. Manche behaupten, metrische Aufbauten zum Gedicht würden nicht zuletzt deswegen als "harmonisch" empfunden, weil sie den Zeitrahmen und manchmal den Takt eines jeden Herzschlag nicht sprengen, sondern sich ihm in Variationen angleichen.
Denkbar, wenn man ansieht, dass Texte in metrischen Aufbauten mal ein Vortragsmedium waren, nicht still gelesen wie heute, dessen "Träger/Sprecher" es möglichst mit dem gewünschten Effekt rezitieren musste, bzw. den Rezipienten erstmal auf eine Linie einpendeln, die bestimmt nicht nur auf ein Pendeln abzielte, aber auch Regelmäßigkeiten benutzte, um nicht zuletzt vielleicht zu überraschen und damit zu brechen. Im zuhören etwa im Drama, das sich dessen auch bedient, ein Effekt, den man evtl mehr benötigt als im konzentrierten Lesen allein. Möglich.

Die Wortakzente des noch "uneingesetzten Wortes" wurden sich evtl eher zunutze gemacht, als dass man sich im Verfestigen der Versfüße zur Konvention an ihnen orientiert hätte.
Somit hat nicht jedes Wort, jeder Text (auch, wenn man's auf literarische Texte beschränkt), ein Metrum.

"Metrik" & "Muster" meint im herkömmlichen Sinne wohl eine bewusste Ausgestaltung von Klopfen, Atmung, Abfolge, Spannung in Einzelvers und Gesamttext.
Im strengen Sinne ist der Begriff der "Strophe" für manche bzw. nur dann angebracht, wenn sich metrische Bauten abschnittsübergreifend wiederholen. Andernfalls spräche man dann lediglich von "Abschnitten" o.ä. (was für manche oder sog. viele Texte gelten würde, die wir im lifo haben).

Sicher spielen Betonung, Atmung, Abfolge und Wortakzent, Mittel aus der Rhetorik in der Epik auch eine Rolle, aber nicht bewusst an den Füßen orientiert oder im Beachten von Füllungsfreiheiten, wenn man einen Text schreibt (die allermeisten legen die Priorität in der Epik anders, wie es aussieht).

Ein "Text" wäre nun letztlich ja auch ein Kochrezept, und dort geht die Zutat vor der Dauer des Herzschlages und dem Überlegen, wie man ihn modifizieren könnte, um die Wirkung zu erzielen, die der Text haben soll.
you cannot unscramble scrambled eggs.[links:3fqyydm7][/links:3fqyydm7]
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