Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

aus: blicke

Beitragvon OlafmitdemTraktor » Mo 31 Aug, 2009 09:27


auch die wärter/ schweigen/ jede nacht
zunehmende trockenheit/ gebetsfrei
am zungengrund/ würgt etwas wie du

schaut mich im trennenden glas/ so viel leben
in leichen/ entblößt die eltern waren
und zittern blind/ ins verstauben/ leiden sie

mangel an gutem fett/ und beizeiten
auf das steiffige auge gesetzt
ein flüchtiger blick /in leeren betten

fault das dazwischen/ bleibend/ ins gestern







Edit: Titeländerung von "fliegenglas VIII "in "aus: blicke"
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Re: im fliegenglas VIII

Beitragvon apnoe » Mo 31 Aug, 2009 17:55


lieber oodt,
da wir uns schon lange kennen, sag ich mal einfach schlicht: nein. zu deinem text.
warum, erklär ich dir gleich, obwohl ich weiß, dass deine geschliffene axt immer hinter der tür hängt und auf mich niedersausen könnte.
macht nichts. ein ausgekochtes landei bleibt trotzdem rund, du weißt. :)
also.
also.
also, ich mags gar nicht, wenn mir nichts vorschwebt nach dem lesen eines textes. schon gar nicht nach dem lesen deiner texte. ich kann mit der vielfältigkeit der ansätze hier nichts anfangen. zuviele assoziationen sinds, die hier breitgefächerte wege aufzeigen.

auch die wärter/ schweigen/ jede nacht
zunehmende trockenheit/ gebetsfrei
am zungengrund/ würgt etwas wie du
schaut mich im läufigen glas/ so viel leben
in leichen/ entblößt die eltern waren
und zittern blind/ ins verstauben/ bleiben wir/
mangel an gutem fett/ und beizeiten
unters steifige auge/gesetzt/
kein flüchtiger blick /in leeren hütten/
fault das dazwischen/ bleibend/ ins gestern

ich kann auch nicht so viel der form anfangen, geb ich zu. nach welchem muster hast du / gesetzt? ich habe versucht, demgemäß zu lesen, aber da komm ich nicht weiter und nun interessiert mich, was deine intention war.
zeilenweise versuchsideen:
es ist still, irgendwer ist unter aufsicht gestellt, es gibt wärter, keine kommunikation.
ist es heiß dort? trockenheit, die zunge am grund, gebete nützen nicht. es würgt einen
etwas wie du… (das klingt sehr abwertend, hm)
läufiges glas- (über den ausdruck bin ich gestolpert, läufig- brünftig?)- hm… soviel leben in leichen (gehört das zusammen? in vitro, nackte eltern, leichen?)
versteh ich nicht- lese ich falsch? oder waren die entblößten leichen eltern?
und blind und zittrig bis sie zu staub werden?
so…und der mangel an gutem fett?
fight clubs idee der seifenherstellung aus abgesaugten fettdepots… lässt hier grüßen.
das steifige auge. hm. wer wird hier steif beim glotzen?
warum?
er wirft ja gar keinen blick in die leere hütte
wo sowieso alles schon verwest ist…
die ganzen nackten eltern, die läufigen leichen…oder so.


igittth nochmal, olaf, was hast du in deinem heuschober gemacht, was lagerte in deiner
gartenhütte?
mach da bitte mal schnell ordnung in meinem kopf, bevor hildegard mit dem messer auf mich losgeht, weil ich dir so sinnlosen „schweinkram“ unterstelle. g*
nu also, ich freu mich, wenn du mir beim springen hilfst.
lieben gruß, von old kangaroo apnoo
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Re: im fliegenglas VIII

Beitragvon OlafmitdemTraktor » Di 01 Sep, 2009 08:31


liebe herbstfrau,
igittth nochmal, olaf, was hast du in deinem heuschober gemacht, was lagerte in deiner
gartenhütte?

das hättest du nicht schreiben sollen. sie hat alles mitgelesen.
ich kann nun leider nichts mehr für dich tun, hildegard hat sich diese nacht mit dem traktor davongemacht, die axt hinter der tür fehlt und auf ihrem melkschemel liegen notizen und skizzen. entziffern konnte ich nur die worte "schnelle überquerung der alpen". :D

also.
du findest keinen zugang und alles scheint mehr als verworren.
natürlich ist für den autor alles klar. keine kunst,denn ich habe das erlösende, sinnstiftende wort, in dem sich das puzzle vereinen sollte im hinterkopf.
ich war bis jetzt im glauben, dass sich der text relativ einfach entschlüsseln ließe. vielleicht bin ich aber auch betriebsblind, weil die aufgezeigte versuchsanordnung "fliegenglas" aufgrund meiner broterwerbstätigkeit so sonnenklar daherkommt. (für mich :D )
von daher vielen dank für die klaren worte. hier muss ich nachbessern. im gegensatz zu manch anderen texten, wünschte ich mir hier schon, dass der leser zumindestens den spielplatz der ereignisse erkennen möge.

es ist still, irgendwer ist unter aufsicht gestellt, es gibt wärter, keine kommunikation.
ist es heiß dort? trockenheit, die zunge am grund, gebete nützen nicht. es würgt einen
etwas wie du… (das klingt sehr abwertend, hm)
läufiges glas- (über den ausdruck bin ich gestolpert, läufig- brünftig?)- hm… soviel leben in leichen (gehört das zusammen? in vitro, nackte eltern, leichen?)
versteh ich nicht- lese ich falsch? oder waren die entblößten leichen eltern?
und blind und zittrig bis sie zu staub werden?


du liegst mit deiner deutung sehr nahe am gesamtgeschehen, kannst aber leider den zusammenhang nicht entdecken.
ja, irgendwer ist unter aufsicht gestellt. es findet keine kommunikation statt. das wort "wärter" beinhaltet "warten" und "aufsicht halten", "aufpassen".

ausgetrocknete münder, hier versagen die gebete.

"etwas wie du." der sterbende, schwer erkrankte, hat sich verändert, ist nicht mehr 100%ig derjenige, wie man ihn kannte, er hat sich schon entfremdet. in der rückkoppelung ebenso der betrachter. die verbindung reißt langsam ab. etwas wie du.
"so viel leben in leichen."- wird zusammengelesen und dürfte nun mit den folgenden erklärungen klarer werden.

ein wort zum "steifigen auge" - apoplektischer insult mit hemiparese
und noch ein wort zum "läufigen glas". genauso war es gedacht, wie du es schreibst. brünftig, verschlingend, vereinnahmend... intensivstation. hier herrscht die dominanz der glatten, durchsichtigen glasigkeit, in welcher sich der beobachtende, der trauernde, der am krankenbett sitzende verliert, sich widerspiegelt, und sich, in dieser ihm fremden welt, ein stückchen seiner sicherheit, stärke, macht beraubt sieht. etwas wie du.
"mangel an gutem fett" nimmt einerseits bezug auf die diagnostische seite der erkrankung und andererseits auf den abgemagerten zustand des leidenden der einer generation entstammt, in welcher fett oder fette nahrung als pures, pralles leben, als überlebensgarantie in schlechten zeiten angesehen wurde.

nun stehe ich in der überlegung den titel zu verändern, um einen besseren blick auf das gesamtgeschehen zu ermöglichen. obwohl im wort "fliegenglas" ein wenig das modell der versuchsanordnung mitschwingt, was es ja nüchtern betrachtet auch ist.
beim schreiben war ich im zweifel, ob ich im vorletzten vers statt leerer hütten von leeren betten sprechen sollte. der verweis auf "betten" wäre vielleicht ein besseres indiz zur entschlüsselung.

Edit: die gedankenstriche" / " habe ich entfernt, verwirren wahrscheinlich mehr, als dass sie hilfreich sind.

liebe grüße an dich von hier nach dort. OlafmitdemTraktor

p.s. hildegard ist zurück, sie war nur kurz beim bäcker. die axt hatte sie nur mitgenommen, um das nicht immer frische brot zu spalten.
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Re: im fliegenglas VIII

Beitragvon apnoe » Di 01 Sep, 2009 15:44


ah und okay und puuhhhhh. bin ich froh, dass hildegard nicht meinen leib spalten wollte.
danke für die erklärenden ansätze.
die idee mit dem fett, das der alten generation pralles leben und überleben sicherte, hatte ich sogar auch. es schien mir nur so gar nicht mehr zusammenzupassen, da ich eigentlich in einer mischung aus labor-leichen-geheimversteck-gefängnis-pathologie-szenario daheim war.
nun verstehe ich besser.
die ausdrücke steifiges auge und läufiges glas mag ich trotzdem nicht besonders.
ich finde, sie stolpern einem vor die füße und bringen das gedicht dadurch zu fall. man ist zu sehr mit ihnen befasst.
lieben gruß an dich und die räusper* liebe hildegard
a
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Re: im fliegenglas VIII

Beitragvon OlafmitdemTraktor » Di 01 Sep, 2009 21:56


hallo apnoe, danke nochmal für die kurze rückmeldung. ich denke, dass das "läufige glas" wohl doch zu weit hergeholt erscheint. dem "steifigen auge" hingegen verpasse ich noch ein "f". der starre, steife blick bei halbseitenlähmung, augen wie bei steiff-tieren, adjektiv und firma, würde sich darin vereinen.
und ja, fliegenglas als titel muss nicht sein.

lg OlafmitdemTraktor
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Re: aus: blicke

Beitragvon apnoe » Di 01 Sep, 2009 23:56


die idee: steiffiges auge mag ich- gute assoziationsfolge.
die anpassung ist, finde ich, in richtung verständlichkeit gelungen.
freu mich, dass du was mit meiner kritik anfangen konntest.
titel? viel besser, weil individuell zu text passend.

hey, und prost auf eine neuerlich gedeihliche zusammenarbeit!
sagt es und schwingt den krug milch von babette, der besten kuh der alpen*

:]
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Re: aus: blicke

Beitragvon hginsomnia » So 06 Sep, 2009 23:06


Hallo OlafmitdemTraktor,

da ich noch recht neu hier bin und noch nicht sehr viel gelesen habe, ist meine Einschätzung naturgemäß mit Einschränkungen verbunden. Zumindest aber ist dieses Gedicht das erste, welches mich erreichen konnte. Dies ist nicht zuletzt der konstruktiven Kritik von apnoe zu verdanken.

So habe ich zunächst die bereits editierte Gedichtfassung gelesen, und mir ist der Beschreibungsort 'Krankenhaus' sofort zugänglich gewesen. Erst danach habe ich den Thread weiter verfolgt, und habe verstanden, warum dies so war:

Es sind die beiden Änderungen von "läufigen" zu "trennenden glas" und von "hütten" zu "betten", die meiner Meinung nach den Zugang zum Gedicht erleichtern.
Die "wärter" der ersten Strophe können zunächst auch andere, als die von dir beschreibenen 'wartenden Aufpasser' sein, etwa Gefängniswärter eines Strafgefangenenlagers, in dem unmenschliche Zustände herrschen (,wie der Wasserentzug als Foltermittel).
Diese Interpretation wird dann aber in der zweiten Strophe mit dem "trennenden glas", hinter welchem augenscheinlich die "eltern" liegen, mindestens in Frage gestellt, im Grunde genommen bereits negiert.
Die "leeren betten" der dritten Strophe schließlich lassen mich das Krankenhaus deutlich assoziieren. Vor allem diese geringfügige Änderung zum Originaltext, bei dem ich die "hütten" wenn überhaupt, dann mit viel Mühe entschlüsseln hätte können, sie definitiv deplatziert fände, skizziert die Beschreibungsplattform sehr genau.

Probleme bereitet mir lediglich die Textpassage: "jede nacht zunehmende trockenheit".
Wieso zunehmend und wieso nachts?
Soweit ich mich an Krankenhäuser erinnere, ist dort immer reichlich Wasser vorhanden, um trockene Kehlen zu füllen. Auch die Luft im Krankenhaus ist meines Erinnerns nach alles andere als trocken (- meiner Meinung nach manchmal sogar schon zu kühl).
Ist die "zunehmende trockenheit" in Zusammenhang zu bringen mit dem "verstauben"? Das würde für mich Sinn ergeben, quasi als Metapher für das Sterben.

ausgetrocknete münder, hier versagen die gebete.


Deine Erklärung(?), angewendet auf die "zunehmende trockenheit" könnte ich vage mit 'zunehmender Hoffnungslosigkeit' übersetzen, wobei ich darauf sonst nicht gekommen wäre.
Bleibt die "nacht", vor allem "jede": Hier komme ich nicht weiter; das ist mir nicht klar.

Ansonsten aber halte ich dein Gedicht für schlüssig und gelungen. Auch, vielleicht gerade das Spiel mit der Form durch (/) und das Aufbrechen der Strophen mit dem letzten Vers finde ich sehr beeindruckend.

Meiner Meinung nach kann man an diesem Beispiel sehen, wie aus einem ausbaufähigen Ansatz mithilfe gezielter Kritik ein gelungener Text entstehen kann.

lg
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Re: aus: blicke

Beitragvon OlafmitdemTraktor » Mo 07 Sep, 2009 17:12


hallo hginsomnia, zunächst ein begrüßungshallo und danke für die beschäftigung mit dem text.

Meiner Meinung nach kann man an diesem Beispiel sehen, wie aus einem ausbaufähigen Ansatz mithilfe gezielter Kritik ein gelungener Text entstehen kann.

ja, das sehe ich in diesem fall auch so(ich meine die kritik, der text bleibt ja immer noch auch geschmackssache)
die krankenhausebene ist nun auf jeden fall sichtbar, obwohl ich zunächst nicht nur direkt darauf abzielte, deshalb der höhere verschlüsselungsgrad.
"verstauben" und "trockenheit" zielen, wie du schon schreibst, auf das thema sterben und vergehen.
menschen, die mit geöffneten mund atmen, leiden sehr schnell unter mundtrockenheit. tagsüber wird in den krankenhäusern eher noch mundpflege betrieben als nachts. früher starben die alten menschen, indem sie nahrung und flüssigkeitszufuhr allmählich einstellten, dies darf heute nicht mehr sein, ein relikt davon ist die sichtbare mundaustrockung bei somnolenten oder präfinalen patienten.
die frage nach "jede nacht" : eine nacht wie tausend jahre. eintönige, abwechslungslose, scheinbar immerwährende qual, wobei das eigene zeitempfinden relativ schnell verschwindet. jede nacht ist wie alle nächte ist wie die nacht der nächte, in der gestorben wird.

der vergleich krankenhaus und strafgefangenenanstalt entwickelt durchaus charme.

lg OmdT
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