Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

Re: lungn aufgebl

Beitragvon Antibegone » Fr 23 Apr, 2010 14:05


Liebes intimhirn :)

ich weiß, der Text ist jetzt schon etwas älter. Aber ich bin beim Stöbern darauf gestoßen und fand es eigentlich schade, dass er so unkommentiert dahin ging.

All das, was zwischen einem Atemzug steht, den jemand tut, der viel Luft braucht, um sich „aufzublasen“, sich nicht klein zu fühlen, sein „rückgrat hoch zu krempeln“, aufzurichten. Müdigkeit, Eintönigkeit, Bitterkeit. Dazu ein paar (leblose) Träume, die vl irgendwann einmal „sweet“ waren, aber vl. Falsch benutzt wurden. Eine unerfüllte Beziehung, in der ein Ich „schenkt“ und ein Du „einsteckt“, „es sich in die Taschen stopft“, ich mag hier fast eine Art Verstecken oder Horten von Gefühl sehen, aber auch eine Vergänglichkeit in der Beziehung vom Du zum Ich.
Alkohol, Todeswunsch, ein Nicht-aus-Brechen-Können. Aber auch: Die Forderung „sprich mich auch“, von der ich ausgehe, dass sie unbefolgt bleibt.
All das in einer stockenden, Silben verschluckende Sprache, die es als so nachdenklich, so eingängig ausweist. Dass es „Tag und Nacht wird“, ohne dass etwas geschieht, scheint hier Programm zu sein.

Ja, das sehe ich hier. Ich mag die Konsequenz, mit der du arbeitest. Das Gedicht „passt in sich“. Und: was ich noch gut finde: Ich bin beinahe versucht zu sagen: Also, intimhirn, jetzt hör mir mal zu: Findest du das Ganze nicht etwas dick aufgetragen? Etwas klischeehaft? Aber dann gucke ich in die zwei Zeile und finde die Entgegnung: „schwer schwere Jahre“ (ja, und das seufzende ach!). Das ist pathetisch, wie es kaum schlimmer ginge (also, vl. Doch, bitte keine Beispiele). Es ist so angelegt, geht auf, das Ich kann gar nicht anders als in Selbstmitleid versinken ob seiner ganzen schlimm schrecklichen Probleme. Ja, nein, mir gefällt nicht ganz, dass du eine so große Bandbreite menschlicher Lasten aufmachst; und ich frage mich, ob du nicht ein paar kürzen könntest, damit es sozusagen „realistischer“ wäre. Aber es würde wohl nur so funktionieren. Das Gedicht „kann nicht mehr“, muss zwangsläufig auch in den Grenzen bleiben, die du gesteckt hast.

Was ich auch mag, ist der Gedanke, der mir beim Lesen gekommen ist: Ob es nicht besser wäre, atmete er mal weniger Luft ein (und spräche sich tatsächlich aus) – oder ob es nicht das einzige ist, was ihn abhält aufzugeben und wirklich zu sterben (ja, mit Leben – Sterben macht man immer so eine doofe Kiste auf, gerade in Abgrenzung zu existieren – aber ich meine hier wohl nur physisch sterben).

Noch kurze Anmerkungen:

„und schlafn die luft ist liquid ist bald dezember
stopf’s in die taschn was ich dir schenk alle rosn
stell ins wasser oder deine milch in die wird
abends schal“

I hatt ma Lust auf det Blau, hehe. Soll zeigen, auf was ich mich beziehe.
Die Konstruktion ist irgendwie „schief“, vl. Gewollt, sonst „stockt“ es ja auch. Aber es tut ein bisschen weh beim Lesen, mir zumindest. Erst einmal syntaktisch ziemlich gruselig. Zweitens: Man muss ja zwangsläufig „stell ins wasser oder deine milch || in die | wird“ lesen. Ich find das grausam. Das ist kein Stocken mehr, sondern ein Stolpern und sich auf die Fresse legen. Du kannst dir halt überlegen, ob du das deinem Leser antun willst, weil gewollt. Oder halt lieber nicht.


Ein kleiner Eindruck,
von Traumi,
mit lieben Grüßen.
Drehrassel: "Als Lyriker sollte man eine ahnende Checkung haben, von dem, was man da macht."
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