Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

[klanggerät i]

Beitragvon Drehrassel » Mo 04 Jan, 2010 20:24


stimmfühlungsrufe

[size=85:112pb9c4]"Oft denk' ich, sie sind nur ausgegangen... "
[Rückert, Kindertotenlieder][/size]

||: nichts außerdem = EINFALLN. mitteilungsrest
unterm gefieder, der mutter ins mutterherz g' stanzt
lange nach AUA ornithologischem laut :||

o. trugwaldmetaphern, piepmatzenschwarm, weit bis
ab ins henochische (ihr ausströmn, ihr unsägliches, ihr
klein kleinen quellwölkchen sommertags, lieblos
ihr wieder ihr unterm brustfleisch entsorgte filetage ISO)

menschseininderwelt. mehr licht! o. textnester baun.
UM- als norm, nieseln wie umbraun, kieferngewürgs
überflugs: spreitet mich mit los, zellteilt die schwebn
den gesichte. dass es anschien, ein luftigs spektakel zu

verben durch rollsplitt o. elber mein, herzogn stunden
, des lyrisch fertigen leichnams, schön konturiert, fehl-
geschaffen. kontrastwesen schnabelwetz, merkmal des
sterbegesangs FLATTERN und 1 globulus per os.
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Anna Lyse » Mo 04 Jan, 2010 20:45


drehrassel, ich bin jetzt echt fertig. gerade heute noch so ein etwas fragwürdiges fragment kommentiert und dann so ein 1a beispiel zum richtig gemacht , zumindest für mich. was hast du dir bitte dabei gedacht dass du jetzt hier meinen nerv so triffst, ich weiss nicht mehr was ich sagen soll.

ich erkenne einen wehenden faden, ja einen faden der sogar eindeutig spricht trotz der ausschweifungen oder wegen der ausschweifungen?

menschseininderwelt. mehr licht! o. textnester baun.


war das absicht? ich mein war das absicht mich hier hängen zu lassen an dieser strophe, weil so ist es...hing fest an den textnestern mit dem flattern im hinterkopf und so.

und hab ich hier:
ihr wieder ihr unterm brustfleisch entsorgte filetage ISO)

doch tatsächlich filettage gelesen und hmmm - eine ISO IM? filettag...was für ein gedanke.

und sry ich kann im moment nichts finden womit ich deine kritikgier irgendwie anheizen könnte :D ich find einfach nichts , das ist doch zum kotzen!! wie gut und bearbeitet ist das vielleicht nicht ins allerkleinste aber oha lass dir sagen solltest du noch was dran machen dann sprengt es wohl mein hirn.

gruß,
isa

sry für diesen strangen kommentar.
.
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Drehrassel » Mi 06 Jan, 2010 20:34


[quote="IsaG":yi9bngxv]drehrassel, ich bin jetzt echt fertig. gerade heute noch so ein etwas fragwürdiges fragment kommentiert und dann so ein 1a beispiel zum richtig gemacht , zumindest für mich. was hast du dir bitte dabei gedacht dass du jetzt hier meinen nerv so triffst, ich weiss nicht mehr was ich sagen soll.[/quote]

hallo isa. ich hoffe, du hast dich in der zwischenzeit etwas beruhigt, sodass du auf diesen text angemessener, heißt: nüchterner und weniger euphorisch blicken kannst. im übrigen halte ich dieses gedicht hier auch für sehr fragwürdig. und, abgesehen davon, dass dieses attribut in meinem sprachgebrauch zumindest kaum auschließlich negativ konnotiert vorkommt (fast im gegenteil, aber auf jeden fall ambivalent), würde ich diesem gedicht, dessen autorenschaft ich trage, zwar nicht allen wert absprechen wollen - wie käme ich auch dazu? ich habe es ja bloß geschrieben, viel mehr habe ich damit nicht zu tun - , aber seine literarische qualität, sagen wir mal, nicht allzu hoch ansetzen. falls dich mein ad hoc urteil interessiert. / dass die von mir oben gerne - aber auch mit einer gewissen nonchalance - gesampleten zeilen etwas in dir auslösen, etwas an- und berühren, gefühle, gedanken, assoziationen, fanstasien... nun, das beweist lediglich, dass es ein altes aber immer noch sehr virulentes vorurteil über die lyrische dichtung sein mag, davon auszugehen, dabei handele es sich in erster linie um einen vor- und/oder unbewussten akt des inspirierten (gleichsam mit über den dingen stehenden mächten in verbindung stehenden) und originär emotionalen redens, "weissagens" oder wie mit engelszungen konfessionen einer momentan entrückt supra-mondialer entitäten abzulegen. / nein. die "wahrheit" ist: ich fügte eben in ein paar minuten einige im arbeitsspeicher vorgefundene cluster und ver-s-atz-stücke aneinander und versuchte, so gut es mir möglich schien (mir war nicht wohl an diesem abend), ein bisschen mit dem zu spielen, was hugo friedrich die "semantischen obertöne" nannte. was die mühe und schlussendliche wirksamkeit des ergebnisses anbelangt, bleibt aber, da wiederhole ich mich, denke ich, eine menge luft nach oben. / ein clou des textes könnte allerdings darin bestehen, dass ja genau von diesen dingen, welche ich eben als faktoren meiner eigenen poetik ausschloss, im gedicht selbst die rede ist.
und ... jetzt weiß ich auch nicht mehr, was ich dazu noch sagen soll.



[quote="IsaG":yi9bngxv]
ich erkenne einen wehenden faden, ja einen faden der sogar eindeutig spricht trotz der ausschweifungen oder wegen der ausschweifungen?[/quote]

ich erkenne keinen wehenden faden. kannst du mir näher erläutern, was du damit meinst? ich erkennen ein rollendes knäuel. oder, moment! das ist eher... wie 'n rollen / der stein im textgebirg... *hehe
/ ausschweifungen? jaja. leider. immer wieder. woher weißt du das? bitte per pn.


[quote="IsaG":yi9bngxv]
menschseininderwelt. mehr licht! o. textnester baun.





war das absicht? ich mein war das absicht mich hier hängen zu lassen an dieser strophe, weil so ist es...hing fest an den textnestern mit dem flattern im hinterkopf und so. [/quote]


klar war das absicht. äh. zumindest kam mir das zu diesem zeitpunkt noch so vor. / absicht, dich hängen zu lassen? nö. - würde mich aber trotzdem sehr interessieren, wieso du ausgerechnet, an dieser stelle nicht folgen konntest, sonst aber schon.



[quote="IsaG":yi9bngxv]und hab ich hier:
[quote]ihr wieder ihr unterm brustfleisch entsorgte filetage ISO)[/quote]
doch tatsächlich filettage gelesen und hmmm - eine ISO IM? filettag...was für ein gedanke. [/quote]

finde ich auch immer witzig und manchmal fast das spannendste an einer lektüre, wenn ich plötzlich merke, dass eine stelle, die mir besonders gut gefällt, auf einem lesefehler beruht. allerdings, vorsicht! es gibt auch dichter, die mit einer polysemie aus klang und rechtschreibung zu spielen sich erdreisten!



[quote="IsaG":yi9bngxv]
und sry ich kann im moment nichts finden womit ich deine kritikgier irgendwie anheizen könnte :D ich find einfach nichts , das ist doch zum kotzen!! wie gut und bearbeitet ist das vielleicht nicht ins allerkleinste aber oha lass dir sagen solltest du noch was dran machen dann sprengt es wohl mein hirn.[/quote]

stimmt. das ist zum... sprich bitte nicht vom kotzen! das weckt bei mir erinnerung ans wochenende. / nee, mal im ernst, rück doch mal raus mit der sprache, isa! wieso sagst du jetzt, da müsse wohl noch dran gearbeitet werden? ich meine, du hast recht. sehr sogar. aber en detail! ich werde mich auch bestimmt nicht daran halten, versprochen! trotzdem bin ich ganz spitz drauf zu erfahren, was genau du dir darunter vorstellst. egal was. formale dinge. vokabular. metaphorik. satz- und zeilenbau... was auch immer. texte mich doch mal mit verbesserungsvorschlägen zu. das würde mich freuen.


[quote="IsaG":yi9bngxv]sry für diesen strangen kommentar.[/quote]

also hör mal! wenn wir damit erst anfingen, uns vor "strange" beiträge hier im forum zu entschuldigen, du... also, dann...

[quote="IsaG":yi9bngxv]gruß,
isa[/quote]

gruß, rassl
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Anna Lyse » Do 07 Jan, 2010 13:27


hallo rassl,

du schaffst mich immer weiter. ich habe mich was die euphorie angeht wieder beruhigt, man glaubt es kaum. ich will versuchen dein text etwas anders zu sehen. du zwingst mich ja dazu :D


"Manchmal denk' ich, sie sind nur ausgegangen... "
[Rückert, Kindertotenlieder]


hier muss ich mich fragen warum du hier ein zitat eingesetzt hast. aus spass aus gefallen oder gibt es zu diesem thema wirklich eine textliche verbindung? wenn nicht dann ist es doch nur überfluss oder? auch wenn es nett zu lesen ist.

||: nichts außerdem = EINFALLN. mitteilungsrest
unterm gefieder, der mutter ins mutterherz g' stanzt
lange nach AUA ornithologischem laut ||:


die erste strophe nun sie wirkt etwas zerhackt auf mich und ein wenig wirr weil ich mit den satzzeichen " ||:" nicht viel anzufangen weiss ausser dass ich an eine musikalische wiederholung denken muss. doch dies ist kein notenblatt![size=85:3cj6lqe4](auch wenn vorher noch von kindertotenliedern die rede ist)[/size] die wiederholung würde in so fern auch passen zum mütterlichen laut "AUA" der nur am rande vermerkt ist. tut das mitteilen und das behalten von etwas wirklich weh? oder ist das AUA hier nur ein geschickt platziertes wort welches den leser mit seinen großbuchstaben anspringen soll ? zwischen dem "EINFALLN." und dem "AUA" bestand zumindest in meiner leseart eine gewisse verbindung, als da etwas nennenswertes versteckt wäre. das mutterherz eine metapher für ein schreiberherz der schon wieder dem schmerz nahe ist sich irgendwelche zeilen aneinander zu dichten. der schmerzhafte prozess?

o. trugwaldmetaphern, piepmatzenschwarm, weit bis
ab ins henochische (ihr ausströmn, ihr unsägliches, ihr
klein kleinen quellwölkchen sommertags, lieblos
ihr wieder ihr unterm brustfleisch entsorgte filetage ISO)


ich hätte in dieser strophe nach "henochische" einen zeilenumbruch gesetzt ,

"o. trugwaldmetaphern, piepmatzenschwarm, weit bis
ab ins henochische
(ihr ausströmn, ihr unsägliches, ihr
klein kleinen quellwölkchen sommertags, lieblos
ihr wieder ihr unterm brustfleisch entsorgte filetage ISO)"

aber nur der leserlichkeitshalber, dann könnte ich auch besseres mit dem text anfangen der so schön kompakt in den klammern steht (bin ja schon froh dass es diesmal keine mathematischen klammern sind.)
das ganze liest sich wirklich wie ein schreibprozess, der aber so schnell vorangeht das es einem schon schwindelt, vor allem der ständig wechsel der bilder. die "unterm brustfleisch entsorgten filettage" können auch in dem hirn liegende ideen und/oder werkzeuge sein, denken als ein werkzeug, ob die erinnerung sich dabei ausschaltet oder wie du sie in den hintergrund drängst, so ein bisschen nach wegdrängen hat sich das schon gelesen.

menschseininderwelt. mehr licht! o. textnester baun.
UM- als norm, nieseln wie umbraun, kieferngewürgs
überflugs: spreitet mich mit los, zellteilt die schwebn
den gesichte. dass es anschien, ein luftigs spektakel zu


dieser appell, hat mich zum lachen gebracht. was braucht man denn nun zum meinseininderwelt? nur mehr licht oder textnester baun? ich habe gerade mal mit der zeile gespielt und rausgekommen ist
"menschseininderwelt. textnester baun. o. mehr licht!"
ich fände das wäre doch auch nicht schlecht, das licht weiter nach hinten zu verlagern, als ein symbol dafür das es hier eher um die textnester geht und dann das licht welches ja zwangsläufig benötigt wird. das "UM" wird zur norm? so wie ich das lese schon, warum ist das in großbuchstaben geschrieben? mir fällt nur ein du könntest der vielseitigkeit von um. mehr nachdruck verleihen wollen. ein bisschen aufdringlich ist es aber. mir ist gerade aufgefallen wie sparsam du mit dem "ich" umgehst, und das gefällt mir, hier fällt die ganze strophe ziemlich aus dem rahmen wenn man bedenkt dass das lyr.Ich auf einmal hereinplatzt, wenn auch sehr unscheinbar. dabei dachte ich du hast vorher schon in lyr.Ich form geschrieben, interessant das mir dies erst jetzt so richtig auffällt. wage gar keine vermutung über was das bedeuten könnte hier niederzuschreiben, ausser das ich das mit den Ich gelassen hätte. dieses uneindeutige nicht in der ich form geschriebene war weitaus angenehmer und nicht wirr zu lesen wie diese strophe mit dem gesprenkelten ich. und dem spektakel welches wohl noch kommen soll, spektakel im denken im passenden wort finden, was auch immer. die schwebenden gesicher , wenn ich das mal so platt sagen darf, kann ich hier nicht zuordnen ausser ich verwende sie als ein metapher für herumirrende buchstaben, eine buchstabensuppe ja, das kam mir gerade recht.

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hier musste ich wieder an dein anfangszitat von rückert denken. wohl einzig und allein wegen dem sterben. ein wenig wirr die zeichensetzung, aber die ist ja durchgehend nicht so ganz im einklang, fällt mir hier nur wieder an den kommas auf, mit den punkten kann ich gerade noch was anfangen aber die kommas, und dann wieder ein "mein"! dies kann meiner auffassung aber bleiben. nur warum überhaupt in der ersten zeile ein komma ist, verstehe ich net. das ist für den lesefluss nicht angenehm, doch ich glaube sowieso das darauf nicht sonderlich viel wert gelegt wurde wohl eher eine beabsichtigtes umwerfen von normen. was für zwänge eben der leser sowie der schreiber unterliegt.

weisst du mit "wehendem faden" meinte ich viel eher das ich hier durchaus ein thema erkennen kann, ein ziemlich nüchternes beispiel der textzusammensetzung. ob es nun ein sterben , welches ich hier eher mit schlecht schreiben gleichsetzte oder hier doch eher der prozess an sich beschrieben wird, ich hab keine ahnung. ob hier überhaupt von der wortfindung gesprochen wird, selbst da bin ich mir nicht mehr sicher jetzt wo ich das ganze mit der verlassenen euphorie betrachte :D

nun habe ich zwar ein paar sachen zum kritisieren gefunden, wie die ungewöhnliche zeichensetzung und das auf einmal verwenden des ICHs und naja eine kleine änderung der zeilenumbrüche der ersten strophe aber für mehr hat es gerade nicht mehr gereicht. was soll ich noch sagen?

was ich jetzt aber noch loswerden wollte, falls du meinst das du der einzigste der bist der nüchtern ein paar worte zu einem großen und ganzen zusammensetzt, sich dabei nicht auf erinnerungen oder gefühle stützt dann glaube mir bist du sicherlich nicht der einzigste. denn was gibt es besseres als etwas zu erschaffen das noch nichtmal tatsächlich bzw greifbar existiert hat und erst seinen platz im erinnerungsteil des gehirns gefunden hat sobald man es zu papier bringt.
mein gefühlsausbruch galt nur dem lesen deiner worte, die wie ich weiss, nichts mit meinen assoziationen zu tun haben, wie auch??!! von daher ist das hier nun mal wieder ein guter beweis dafür das lyrik, die nicht mit offensichtlichen gefühlswörtern arbeitet durchaus aber einen gefühlten anklang finden können. oder gar keinen :D

ich grüße dich,
isa
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Drehrassel » Sa 09 Jan, 2010 23:43


"stimmfühlungsrufe" also, aha. hier wohl am ehesten rufe des verlassenseins. tonspur rückert, kindertotenlieder. textblatt notenblatt. alles ein äußerst "luftigs spektakel". ein "piepmatzenschwarm", mitteilungsreste unterm gefieder und flatterhafter sterbegesang, das ist drehrassels poetologische gleichung: ornithologischer laut = ab ins henochische. eine magische sprache des 16. jahrhunderts. diktat eines sich in trance befindlichen mediums, welches vorgab, sie von ENGELN empfangen zu haben. - derlei lexikalische bezirke nun: vogelkunde, vergleichsweise billig billigend heran gezogen (ebenso wie das rückert-zitat), reflektionen über das dichterische, abseitig chaotisch und doch formal strenge linearität vortäuschend. das ist zu offensichtlich, um nicht programmatisch angelegt worden zu sein. komponierte architektur vs. darin waltende privat- ja, geheimsprache. gemäß drehrassel selbst, ein achelzuckend ironischer versuch über diverse ihm spontan opportun scheinende "semantischen obertöne" zu improvisieren. aber dürfen wir ihm das glauben? ich glaube ihm nicht. der gewollt pathetische - besser: pathetisierende, pathos bewusst inszenierende - duktus der poetischen rede, bei gleichzeitiger ironisierung desselben durch einerseits techniken der "konstruktion einer komplexen sprechhaltung" (daniel falb) - die antikisch anmutende klage bricht in syntaktisch-grammatischer uneindeutigkeit allenthalben! - und andererseits bemühungen eines schnoddrig-nonchalanten vokabulars bis hin zu das textbild selbst in den performativ-oratorisch-oral angelegten sound der langzeilen mit einbindenden GAGS wie das wiederholt "o." abgekürzte "oder", das sich, im offen strömenden weit ausholenden rhythmus, ebenso plausibel als einfaches epigonales dichten thematisierendes O! lesen lässt, oder wie versteckte autorenkommentare anmutende fügungen: AUA (als ein spöttisches pendant zum - ansonsten hier überstrapazierten WEH oder ACH. - *ächz*); /

was aber wäre wohl mehr küknglück als ein unvermitteltes, der "mutter" per filetage "entsorgtes", "ausströmn"... sagen wir mal, erst mal, [fast] egal wohin... ? diesmal aber in begeisterte gefilde, fernab jeden "menschsein(s)inderwelt". hier bricht dann auch das metaphorische zeigfeld im ersten vers des mittleren quartetts (wenn man den trotzig-hilflosen kehrreim zu beginn außer acht lässt) - vorbereitet in der strophe zuvor ("[ihr] / klein kleinen quellwölkchen": "um mitternacht": "[...] klein kleiner knabe...") in eine epochenübergreifende intertextualität. werden nämlich die worte: "mehr licht" gemeinhin dem sterbenden goethe in den mund gelegt, so mahnen die "stanzen" (la stanza, die stanze, gedichtform, außerdem ital. = das zimmer) nebst unüberseh- und lesbarer morphologie an den autobiographisch als früh zu erachtenden tod des dichters thomas kling ("wenn das die fraumutter wüsst, das herzimleib tät ihr zerspringn"), von welchem wiederum überliefert ist eine sentenz:"es tut mir leid, gedicht ist schädelmagie". - hierauf und den damit untrennbar verbundenen diskurs seit der literarischen moderne (hugo friedrich: fest - oder zerstörung des intellekts) rekurrieren drehrasssels verse.


... über literatur lässt sich angemessen nur literarisch reden. von meiner seite aus wird es niemals eine rück-übersetzung ins sogenannte allgemeinverständliche geben. kalkül, ja. aber keine logisch ins sich schlüssige sinnhaftigkeit, welche sich nicht schon im eigentlichen text ereignet hätte. - fragment. - to be (dis-) continued -
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Drehrassel » So 10 Jan, 2010 17:33


hi alan,

dafür dass du ständig konstatierst, keinen durchblick zu haben, verwirrt zu sein und "krise im kopf" zu erleiden, hast du dich doch, finde ich, prima in den text ein zu fühlen versucht und eine nett zu lesende, witzig geschriebene und teilweise auch überzeugende kritik/deutung hingelegt. allerdings kann es bei einem solchen text nicht darum gehen, ob man ihn etwa "richtig" verstanden habe. mit dieser deiner abschließenden frage enttäuschst du mich etwas. ich war davon ausgegangen, dass dir das klar ist. mal abgesehen davon, dass mich persönlich sowohl primärtexte, die auf unnötig verrätselte aber im grunde sehr viel einfacher ausdrückbare inhalte und aussagewerte basieren, als auch deren auslegung, welche wiederum die texte behandeln als etwas mit beliebigem, einem selbstgefälligen ramsch aus der mottenkiste poetischer blufferei, technisch-handwerklicher taschenspielertrix und protzig-kautziger wort-rankenwucherungn versehenes versteckspiel um einen nur seines schillernden pfaunkostüms zu entledigenden nackten SINN, welcher unbedingt darunter zum vorschein kommen müsse, da es sich doch ansonsten kaum um literatur handeln könne, gleichermaßen zu tode öden... , ist dein kommentar selbst doch ein beispiel für eine ganz andere art und weise, sich einem gedicht zu nähern. sehr schön hast du dabei einige der im text vorkommenden themen ausfindig machen können; und es spielt für mich diesbezüglich überhaupt keine rolle, ob du dabei auch nur ansatzweise etwas davon getroffen haben magst, was etwa "meine intention" gewesen sein sollte. viel interessanter als ein rätselraten, ob jemand (du z.b.) zu entdecken glaubt, was ich mir im einzelnen während der niederschrift des textes gedacht haben mag, finde ich - im gegenteil! - , mit wieviel fantasie ihm (dem text) begegnet wird. mögliche gedanken, intentionen, gefühle usw. des autors werden meiner meinung nach bei der rezeption von literatur sowieso maßlos überschätzt. ich betreibe als dichter doch keine kokette scharade! überhaupt macht man es sich, denke ich, zu einfach, wenn man sagt: so, kunst, das ist wenn ein kunstproduzent etwas hinwirft und dem ganzen rest, welcher damit vielleicht noch etwas zu tun bekommen mag, darf sich höchstens noch darüber hermachen und versuchen, zu entschlüsseln, was (wir kennen alle diese furchtbare phrase) "der künstler sich dabei wohl gedacht habe"... das ist nicht meine auffassung von kunst (literatur). / ich möchte andererseits nicht dem acht- und lieblos zusammengeschwurbelten kitsch das wort reden; aber gedicht - es tut mir leid - ist nun mal keine einbahnstraße. hoffe ich zumindest. wir schreiben alle an einem großen text. als dichter und als rezipienten. als leser. als tote und als lebende autoren. jeder einzelne von uns ist eine spinne, die eine ganze welt von text-netz um sich herum spinnt. und alle alle diese netze hängen miteinander zusammen, verknäulen zu einem sie wiederum umwabernden text. du schreibst mein gedicht mit deinem kommentar ebenso mit und weiter, wie ich ohne eine schier unüberschaubare anzahl anderer autoren zu diesen paar versen oben niemals nie gelangt wäre. usw. usf.
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Perry » Di 12 Jan, 2010 12:52


Hallo Drehrassel,
jetzt weiß ich wieder, warum ich so gut wie nie einen deiner Texte kommentiere. ;)
Was du da so alles in "stimmungsfühlrufe" hineinpackst oder besser presst ist wirklich atemberaubend, sprich es bleibt einem stellenweise die Luft weg.
Dass du was drauf hast, zumindest was Verknappung und Verwortung anbelangt scheint unbestritten, nur was soll diese Zeichentollwut bewirken, außer ?( . Aber gut, jedem sein Steckenpferd. Inhaltlich halte ich mich mal zurück, da wurde ja bereits genug spekuliert, aber an einigen Ausdrücken möchte ich doch etwas innehalten:
"der mutter ins mutterherz g' stanzt" -> ja ins Vaterherz wäre wohl knapp daneben gewesen.
"nieseln wie umbraun" -> gelungene Umschreibung für "Scheißwetter?"
"zellteilt die schwebn" -> verflucht, jetzt vermehren sie sich auch noch, die allseits bekannten "Schwebn." Natürlich weiß ich, dass du das im Zusammenhang mit "den gesichte" gedacht hast, aber auch einzeln gelesen sollte ein Enjambement m.M. lesbar sein.

Insgesamt ist mir dein Text zu überfrachtet, zu sehr nach dem Effekt schielend, als dass er irgendeinen positiven "stimmungsfühlruf" auslösen könnte. Aber vermutlich sollte er das ja auch gar nicht. ;)
LG
Perry "
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Drehrassel » Di 12 Jan, 2010 14:06


hallo perry,

danke für deinen kommentar und die faire kritik, die du hier anbringst. ich kann deine einwände nachvollziehen. darum möchte ich auch im grunde gar nicht groß disputieren; wir sind wohl schlicht zwei vollkommen unterschiedlich motivierte autoren. poetische rede, dichterische sprache ist in jedem einzelnen fall, in jedem einzelnen autor (sofern um die erschließung eines möglichst originären resonanzraums aus aussageweisen und-möglichkeiten bemüht) vollkommen als ein einzigartiges und unwiederholbares angelegt, meiner meinung nach sogar so sehr, dass sich im vergleich dazu die unterschiede zwischen (nationalen) fremdsprachen - selbstverständlich graduell differierend, aber doch alles in allem, lass es mich einmal so plakativ sagen - geradezu als vernachlässigbar darstellen. wir kennen das aus der arbeit der übersetzer(innen): es gibt texte, und nicht in den seltensten fällen handelt sich dabei um lyrische gedichte, die schlicht als unübersetzbar gelten. und das liegt ja wohl kaum daran, dass es an vokabular fehlte...

in meinen gedichten geht es um etwas völlig anderes als in den deinigen; ich schreibe nie von einem gedanken, von einer geschichte, einer stimmung oder einem gefühl aus. mir geht es in der lyrik nicht um darstellung eines bestimmten sachverhalts, vermittlung von bestimmten empirischen realia, persönlichen daten oder dergleichen, und seien sie aus zweiter oder dritter hand. das sprachliche material, dessen ich mich bediene, besteht selbstverständlich formal aus solchen elementen. aber die informierung des lesers über eigene und/oder fremde lebensumstände, biographisches detail, besondere schicksalhafte begenheit oder dergleichen, sind weder mein poetischer antrieb noch sein ziel, ganz egal wie sprachlich einverwandelt, egal wie poetisierend das auch geschehen sollte. - ich will damit übrigens nicht sagen, dass es meiner meinung nach nicht auch eine solche gelungene dichtung geben könnte. mein persönlicher literarischer kanon ist stark angereichert an allerlei autorInnen und texten, deren sprachlicher modus auf ein dem leser zu vermittelndes, außerhalb ihrer eigenen selbstbemächtigung liegendes verweist. das nur als kleinlicher eitler vermerk, falls du vielleicht glauben solltest, ich mochte nur irgendwelche sachen, die man so landläufig als "experimentell" bezeichnet. nö nö... du würdest dich wundern, wenn du wüsstest, was ich so teilweise alles gern lese. -

[quote="Perry":2qc9edon]"nieseln wie umbraun" -> gelungene Umschreibung für "Scheißwetter?"[/quote]
das ist ein lustig. :D hast du mich mit zum lachen gebracht. danke. - hm, nein. ich "umschreibe" in meiner lyrik nichts. nie.

[quote="Perry":2qc9edon]"zellteilt die schwebn" -> verflucht, jetzt vermehren sie sich auch noch, die allseits bekannten "Schwebn." Natürlich weiß ich, dass du das im Zusammenhang mit "den gesichte" gedacht hast, aber auch einzeln gelesen sollte ein Enjambement m.M. lesbar sein.[/quote]

aus deiner logik heraus, müsste doch ebenso der folgende vers-eingang ungelungen sein. denn: "DEN gesichte"? das ist grammatischer kokolores! - aber, ich weiß, was du meinst. und ich halte das für bedenkenswert. danke, dass du mich auf diese problematik (wieder) aufmerksam gemacht hast. zwar heißt das nicht, dass ich meine zeile in zukunft völlig anders bauen werde, aber diese kritik deinerseits im hinterkopf zu haben, schärft das bewusstsein.

[quote="Perry":2qc9edon]Insgesamt ist mir dein Text zu überfrachtet, zu sehr nach dem Effekt schielend, als dass er irgendeinen positiven "stimmungsfühlruf" auslösen könnte. Aber vermutlich sollte er das ja auch gar nicht. ;) [/quote]

ja, mir auch. da ist was dran, glaube ich. der text ist tatsächlich etwas "vollgestopft" mit themen, bruchstückartigen bildern und anspielungen... hm... andererseits passt das wieder meiner meinung nach zu seiner formalen gestaltung, dem montiert gebrochenen pseudo klage sound, korrespondierend auch mit den in ihm angelegten semantischen bezirke (die magische geheimsprache, das amalgamierende verfahren - sprachklebe, thomas kling - , das flatterhafte, das luftige spekatakel usw. usf.) - aber wie gesagt, dein einwand hier ist dennoch berechtigt. ich beschäftige mich damit.
"nach effekt schielend"? - ja, sicher! dazu bekenne ich mich hier mal flugs. ich bin ein dichter, der auf effekte aus ist. vielleicht sogar: nur auf effekte zielt. auf was auch sonst? wenn ich schon stimmung, gefühl, autobiographie, gedanke und all das ausgeschlossen habe? wie aber ließe sich diese diskussion vertiefen? welche effekte sollten das im besonderen sein? und, wie lassen sie sich legitimisieren? mit welcher notwendigkeit wurden sie zu erzielen versucht? - auch hierüber werde ich mir immer weiter gedanken machen (müssen)...
danke für deine anregungen.

liebe grüße,
dreh
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Ruelfig » Di 12 Jan, 2010 17:47


Hallo Drehrassl,
inhaltlich geh ich da gar nicht bei, ich schau nur, was der Text mit mir macht. Ähnliches erlebe ich morgens im prallvollen Bus, aus dem Hintergrundrauschen stechen einzelne Worte und Satzteile heraus und manchmal gelingt es mir, das "einfach so" zu lassen, wirken zu lassen, ist aber stimmungsabhängig, kann auch nerven, vor allem beim Lesen. Und beim Lesen deines Textes geht es mir genauso, manchmal klappt es und manchmal nicht. Heute war so ein "klappt es" Tag, Scheiß auf Bedeutung, aber morgen? Frage ich vielleicht: ab wann gerät diese Methode ins Beliebige, so dass eigentlich komplett jedes Wort egal ist und da auch ein Dauerton stehen könnte, so ähnlich wie bei abstrakter Kunst, da ist dann eine blaue Leinwand und mal denkt man: blaue Leinwand, aha, und ein andermal: ist die Leinwand BLAU!
Aber da ich bekennender Konsumist bin und mich gerne unterhalten lasse, das hat mich schon unterhalten, heute amüsiert und morgen? Que sera, sera.
piepmatzenschwarm...textnester baun :D
LG,
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Drehrassel » Mi 13 Jan, 2010 12:52


hi rüelfig,

danke auch dir für deinen kommentar. -
frage an dich: wie kannst du einerseits konstatieren, du gingest inhaltlich "da gar nicht bei", außerdem über bestimmte ausdrücke aus dem text lachen, wenn du andererseits diagnostizierst: scheiß auf die bedeutung! und "... jedes wort egal"?
nun, ich gab zwar selbst an, dass ich meine motivation zu dichten nicht bezog aus einem willen zur gedanklichen sentenz, zum gefühlsausdruck, mimetischer darstellung eines in der empirischen welt vorfindbaren gegenstandes oder raums, zur nacherzählung und poetisierung einer persönlich erlebten oder anderswie erfahrenen geschichte, ... dass es mir nicht darum gegangen sei, einen bestimmten sinnkern als ausgangspunkt literarischer verrätselungs- und umschreibungstechniken heran zu ziehen; aber (!) - entschuldige - als bedeutungslos würde ich den text mitnichten bezeichnen.
in diesem gedicht steckt, so meine ich, eine menge mehr an bedeutsamkeit, als es offensichtlich den anschein hat. und, zwar habe ich hier montiert (und an späterer stelle das klingsche stich-wort der "sprachklebe" diesbezüglich hinzugefügt), offene und versteckte zitate teilweise collagiert und das alles in eine syntaktische form übergehen lassen, welche einerseits pathetische rhetorik mimt (ja, "mimt"!), andererseits - trotz des am sound antikischer odenstrophen angelegten rhythmischen gefüges (es wurde kein! tradiertes schema bemüht und erfüllt, aber metrische anklänge, wechsel aus einfachen und doppelten senkungen und festen harten zäsuren, sollten doch auf spielerische weise erinnern an verse im elegischen maß) - und andererseits parataktische gefüge mit diversesten grammatischen funktionen. der einfache aussagesatz gleich zu beginn - meinem widerwillen zum hilfsverb gemäß mit einem gleichheitszeichen versehen - , die apostrophe (exclamatio), bild an bild reihende, grammatisch unvollständige sätze einer des zentralen zeigfelds (eines unversehrten subjekts in ihrer mitte) abhanden gekommenen deixis, überblendungen eines als rein mechanisch bewegten panoramas mit metaphorischem (rück-)bezug auf sich selbst, dem gedicht. - das vokabular besteht aus einer fein abgewogenen balance aus substantiven, verben und attributen und speist seine semantik, seine sinnbruch-segmente aus inkohärentesten bezirken, die sich aber treffen im gestus des "trennungsschmerzes", der zwar formal den hohen ton der klage anzustimmen versteht, von seinem eigentlichen leid aber nicht mehr sinnvoll reden kann. an dieser stelle finde alan j. v. madoxx' interpretation sehr gelungen ("ich will fühlen, was mich stimmt"). dabei werden immer wieder gegensatzpaare ("EINFALLN" / "ausströmn") gesucht und verfremdundstechniken jeglicher art angebracht (es heißt nicht: der laut eines vogels, sondern "ornithologische[m] laut", der laut der vogelkunde also). - auf objekt bezogener ebene ist von lebewesen jeder form die rede, mensch (die mutter etwa), tier (die piepmatzen, als vögel) und pflanze. wobei einzig dem menschen in dieser umkehrung der natürlichen ordnung, von der "niedersten" bis "zur" höchsten" lebensform die passive rolle zukommt: der mutter wird ins mutterherz "g' stanzt" (und selbst diese mutter ist noch - höchstwahrscheinlich, aber das geht aus dem text nicht hervor, eine vogel-mutter). angenommen, das artikulierte ich (wie isa schon richtig beobachtet, nur aus dem grundsätzlich rhetorischen gestus zunächst erahnbar und spät im gedicht erst tatsächlich - und auch dort bloß in form eines zweifachen possesivpronomens, also wieder bar eigener identität, sich nur über seine ohnehin schon verletzte sinnlichkeit selbst vergewissern könnend) sei ein mensch, so ruft er seine "stimmfühlungsrufe" wie unerhörte hilfrufe richtungslos in eine als pandämonium erlebte um-welt. kiefern würgen (oder ist es sein kiefer, sein sprech- und fress-werkzeug), junge vögel schwärmen auf, irgendwohin, und hierein bricht sein bitterster seufzer: "menschseininderwelt!". / was ihm am ende bleibt, ist eine sprache der engel. und ein so bezeichnetes "kontrastwesen" (die urmonade seiner verlorenen existenz), schnabelwetz genannt...

ich glaube, rulfig, dass das gedicht nicht die hohe kunst ist. und ich glaube auch zu verstehen, was du meinst, wenn du sagst, es hafte ihm etwas "abstraktes" und meinetwegen auch beliebiges an; aber... nein! ohne bedeutung ist es nicht. ganz bestimmt nicht. in diesem gedicht gibt es sehr viel zu deuten. es ist geradezu ein füllhorn an bedeutsamkeiten, ein fest für jeden, der sich gern mit der auslegung und DEUTUNG von gedichten beschäftigt.

meint,
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Ruelfig » Mi 13 Jan, 2010 18:42


Mein Bester,
danke für deine umfassenden Erläuterungen. Ich habe nicht gemeint (und versucht, es auch so zu schreiben), dass nicht DIESES Gedicht bedeutungslos ist. Ich habe versucht, dir mitzuteilen, in welcher Verfassung ich mich beim Lesen befand und dass mir in dem Zustand Bedeutung egal war, ich wollte gar nicht auf Streife gehen und Verdächtige verhaften, sondern das Teil als Klanggerät nutzen und mich daran ergötzen. Das ist mir auch gelungen, ich wollte dir nur ein paar grundsätzliche Gedanken zu dieser Art zu schreiben mitteilen, dass nämlich solche Werke von mir als Leser (auch wenn ich, als Leser, genau so tot sein sollte (hallo exmaex) wie der Author), man hat ja nicht immer Lust zum Aufdröseln. Also, was ich eigentlich sagen wollte, dass dein Text jenseits irgendeiner Bedeutungsebene rein sprachklanglich für mich eine Freude zu lesen war und dafür muss ich mich nicht schämen, woll? Und das meinte ich mit "Scheiß auf Bedeutung".
LG,
r
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Re: stimmfühlungsrufe

Beitragvon Drehrassel » Mi 13 Jan, 2010 20:35


oh, rülfig, nein nein. "schämen" hast du dich in keinem fall sollen. wenn ich dich wohl auch missverstand, so bezweckte ich mit meinen "umfassenden erläuterungen" - auch wenn es sich vielleicht so liest - eine verteidigung etwa meines gedichts (nun sage ich es also doch einmal, und noch einmal: meines gedichts... da fühle ich mich erleichtert, dass ich es doch als mir zugehörig ansehen darf... etwa wie ein kind, ein unwiederbringlich "ausgegangnes"... oder ein ganzer schwarm kükken wie kokkenwolkn durch meine septische seele, sinn-pixel-segel eines trunkenen schiffs, bis auf bis auf ins hirn-och-ich-sche - ). ausgehen hast du ganz bestimmt sollen von einer ganz und gar unrhetorisch gemeinten frage, jener nämlich, welche dem folgenden (deckmäntelchen darüber!) eben voraus ging. -
du hast es dir mit dem "klanggerät" (netter ausdruck) dieses textleins eine weile hübsch gemütlich machen können, hast du lediglich sagen wollen? - na, dafür hat es sich doch allein schon gelohnt, finde ich. -

drehrassl


edit: keine verteidigung ;) :D
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