Beschreibung von Natur und Umwelt

Leben ohne Überschrift

Beitragvon Alcedo » Di 16 Feb, 2010 09:29


Leben, du bist ein totes Wildschwein am Wegrand
und ich fass dir in Bauch mit bloßen Händen,
entreiß dir die fettesten Maden mit Leber
und werf sie mit spitzen Widerhaken versehen
in deine dunkelsten Fluten, Leben.

Der bärtige Wels bist du, den ich aus der Tiefe hole,
mit dem Beifang Frischling in seinem Magen,
den ich mit angeschwemmtem Wurzelholz erschlage,
mit dem Hemd durch die Kiemen auf den Rücken werfe
und beim glücklichen Heimweg durch den Auwald
wedelst du mit der Schwanzflosse
bei meinen Schritten,
Leben.
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Re: Leben

Beitragvon maxx » Di 16 Feb, 2010 12:06


Hallo Alcedo,

Ich bin mir nicht sicher ob dein Gedicht das Leben befürwortet oder nicht. Jedoch spricht es mich an. Es hat etwas kraftvolles, etwas herbes. So wie schwerer würziger Wein. Eindringlich. Müsste es jedoch nicht "in den Bauch" heißen?
Grüße
maxx
Gegen den Körper gings zur Schlacht,
Doch der gewann; geht aufrecht fort.

Dann war sein Herz als Gegner dran;
Friede, Unschuld waren hin.

Er rang darauf mit seinem Geist;
Ließ sein stolzes Herz verwaist.

Wo nun sein Krieg mit Gott beginnt,
Schlägt´s Mitternacht, und Gott gewinnt.
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Re: Leben

Beitragvon Alcedo » Do 18 Feb, 2010 12:25


hallo maxx

danke für das Lob.
beim Indenbauchfassen habe ich die verknappte Schreibweise gewählt. dachte aber nicht dass es stören würde.

Gruß
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Re: Leben

Beitragvon Wolfgang » Sa 20 Feb, 2010 14:29


Hallo Alcedo,

besonders gut gefällt mir der Schluss, weil ich den Einfall mit dem schwanzwedelnden Fisch ironisch finde. Ein Fisch ist kein Hund. Wedelt ein Hund mit dem Schwanz, ist das ein Ausdruck von Freude, aber beim Fisch heißt das nur, das er flieht. Und es ist dieser Bedeutungsunterschied, der mich anspricht.

Deine Definition von Leben mag mich allerdings nicht überzeugen. Du erhebst zwar nur den Anspruch, Deine Meinung zu äußern, aber sie ist sehr krude.

Das lyr. Ich erscheint als Jäger, der Erfahrung besitzt und keine Hemmungen kennt. Das merkt man daran, das er die Maden des toten Schweins als Köder benutzt und seinen Fang, den Wels, dann kurzerhand erschlägt.

Bei Dir erscheint das Leben als Tier und der Mensch als Jäger. Durch den ironischen Schluss, machst Du Deine Position deutlich: Du hast Mitleid, mit dem Leben. Der Antangonismus von Jäger - Wild und Täter - Opfer, bleibt aber trotzdem Deine Sicht der Dinge. Leben ist nicht schwarzweiß. Aber das ist meine Sicht der Dinge.

Dass Du dreimal Leben erwähnst, stört mich nicht. Vielleicht könnte man stattdessen Synonyme verwenden. Das ist eine Frage die ich nicht beantworten kann. Trotzdem gefällt mir das Gedicht als solches.

Viele Grüße

Wolfgang
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Re: Leben

Beitragvon Alcedo » So 21 Feb, 2010 19:52


hallo Mo

bei diesem Text habe ich ja deshalb extra keine Überschrift gewählt (die Threadüberschrift zählt für mich nicht). somit wäre es schon ein Leben weniger, ok?. vielleicht sollte ich den Text aber trotzdem optisch noch ein Stück absetzen. kann ich machen.

meine innere Lesestimme betont nur das erste Leben sprechstimmig. die anderen beiden sind mir geflüsterte Anhängsel. gut, aber das kann der Leser nicht wissen, da hast du recht. merci für den aufmerksamen Hinweis.
was kann ich also machen? die zwei Wörter kursiv absetzen? sie collageartig hinkleben? eine kleinere Schriftgrösse wählen?
ich probiers mal aus:

kursiv:

Leben, du bist ein totes Wildschwein am Wegrand
und ich fass dir in Bauch mit bloßen Händen,
entreiß dir die fettesten Maden mit Leber
und werf sie mit spitzen Widerhaken versehen
in deine dunkelsten Fluten, Leben.

Der bärtige Wels bist du, den ich aus der Tiefe hole,
mit dem Beifang Frischling in seinem Magen,
den ich mit angeschwemmtem Wurzelholz erschlage,
mit dem Hemd durch die Kiemen auf den Rücken werfe
und beim glücklichen Heimweg durch den Auwald
wedelst du mit der Schwanzflosse
bei meinen Schritten,
Leben.

_____________________


kursiv + kleiner:

Leben, du bist ein totes Wildschwein am Wegrand
und ich fass dir in Bauch mit bloßen Händen,
entreiß dir die fettesten Maden mit Leber
und werf sie mit spitzen Widerhaken versehen
in deine dunkelsten Fluten, [size=85:2n5mmkpi]Leben[/size].

Der bärtige Wels bist du, den ich aus der Tiefe hole,
mit dem Beifang Frischling in seinem Magen,
den ich mit angeschwemmtem Wurzelholz erschlage,
mit dem Hemd durch die Kiemen auf den Rücken werfe
und beim glücklichen Heimweg durch den Auwald
wedelst du mit der Schwanzflosse
bei meinen Schritten,
[size=85:2n5mmkpi]Leben[/size].

____________________________

und?
wie kommt es an? wirkt es besser?


hallo Wolfgang

danke für deine Rückmeldung.
dieser Wels flieht ja nimmer. er ist tot. erschlagen, wie du ja richtig erkannt hast. ich versuchte den Wallerfischer, also mein lyrisches Ich hier, mit dem Fisch auf dem Rücken bildlich in den Wald laufen zu lassen. der Fischer kann sich ja selbst nicht von hinten sehen. er könnte höchstens den Schwanz des Fisches abwechselnd an den Waden spüren beim schreiten. ich hoffte den Lesern würde diese Pendelbewegung bildlich vor den Augen hin und her schwappen bei jedem Schritt. aber vielleicht beschreibe ich die Szene noch nicht gut genug. oder vielleicht muss man es gesehen haben.

freut mich, dass dir der Schluss dennoch gefallen hat.

Grüße
Alcedo
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