Beschreibung von Natur und Umwelt

Frühlingswind

Beitragvon wüstenvogel » Sa 17 Mär, 2012 21:31


Lasse mich streicheln
umschmeicheln
genieße deinen warmen Hauch
den Geruch nach feuchter Erde
spürst du sie auch
diese Energie und Kraft
die immer wieder
neues Leben schafft.

Wehe stärker, Frühlingswind
trage mich geschwind
dorthin
wo der Frühling der Menschen
endlich beginnt
wo der lange Winter
voller Angst und Not
seine Macht verloren hat
niemanden mehr bedroht
wo die finstere Nacht
voller Leid und Unrecht
für immer vorbei
da möchte ich hin
da wären wir frei.

Kannst uns den Weg nicht zeigen
in dieses helle, milde Land
in dem der Frühling regiert
mit sanfter, liebevoller Hand.

Noch gibt es diesen Ort
nur in uns'rer Phantasie
doch nach jedem Winter
kommt ein neuer Frühling
vergiss das nie!
Zuletzt geändert von wüstenvogel am So 18 Mär, 2012 21:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Frühlingswind

Beitragvon struktur-los » So 18 Mär, 2012 14:05


Hallo Wüstenvogel,

ich erlese in deinem Gedicht die Sehnsucht nach Wärme und Liebe, einen Zustand frei von Kälte, Angst und Not.
Was stünde da nicht am nächsten, als der Frühling (der hier wohl auch als Gleichnis fungieren darf), den sich das Lyr_Ich herbeiwünscht, ja, geradezu herbeiruft – so prägnant, dass er immer wieder, frei jeglicher Metaphern und Umschreibungen jede einzelne Strophe bestückt – und nicht nur das, der FRÜHLING spielt sich auch im Titel auf:

"Frühlingswind"

Nun ist er da, dieser Wind, und wird gefragt, ob ihm bewusst sei, dass sein eigen Wesen mit dem Frühling verwoben, ihn erst zu dem macht, was er zu sein scheint:

Lasse mich streicheln
umschmeicheln
genieße deinen warmen Hauch
den Geruch nach feuchter Erde
spürst du sie auch
diese Energie und Kraft
die immer wieder
neues Leben schafft.


Das Lyr_Ich kann den sich herbeigesehnten Zustand selbst scheinbar nicht erreichen, oder glaubt, nur durch und mit dem Wind glücklich zu werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass du damit ausdrücken möchtest, dass ein jeder nur dann gut leben und zufrieden sein kann, wenn er selbst und alles, was ihn umgibt und darüber hinaus, miteinander agiert, im Gemeinsam harmonisiert - etwas (er)schaffen möchte und dies auch tut...
Dennoch habe ich das Gefühl, dass das Lyr_Ich nicht genug an sich selbst glaubt:

Wehe stärker, Frühlingswind
trage mich geschwind
dorthin
wo der Frühling der Menschen
endlich beginnt


Auch mir gibt u. a. der Frühling Energie, Freude, Mut und Inspiration. Letztendlich ist es jedoch wie mit allen Dingen um mich herum – ich kann sie nur spüren und Energien aus ihnen beziehen, wenn sie bereits zuvor in mir wohnten – und immer noch wohnen, wenn ich sie wahrnehme und eins mit ihnen bin. Das mag ja aber jeder anders empfinden - das nur kurz, weil ich denke, dass hier der Frühling im Lyr_Ich nicht bewusst zuhause ist.
Das Lyr_Ich möchte, dass der Wind ihnen, dem Lyr_Wir, den Weg zeigt:

Kannst uns den Weg nicht zeigen
in dieses helle, milde Land
in dem für immer der Frühling regiert
mit sanfter, liebevoller Hand.


Geht nicht jeder seinen eigenen Weg, auch, wenn er ihn nie vollkommen allein bestimmen kann _______ ? und, was bedeutet "Frühling" für den ein oder anderen? - Wo "herrscht" schon ewiger Frühling? Würde sich ein immerwährender Zustand positiv auf unsere Seele auswirken? Ist es nicht der Wechsel der Gefühle und Emotionen, der stetige Wandel, der uns lebendig und aufmerksam macht?

Dennoch ist' s der Frühling, der diesem Gedicht ein Gesicht verleiht - ein Aufruf, ihn sich bewusst zu machen - oh doch, im Ganzen betrachtet mag ich, was du hier sehr sanft, wenn auch sehr bestimment, gedanklich verpackt hast. :)

Liebe Grüße
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Re: Frühlingswind

Beitragvon wüstenvogel » So 18 Mär, 2012 21:08


Hallo struktur-los,

erstmal vielen Dank für deine sehr ausführliche Besprechung.

Ja, der Frühling ist eine schöne Metapher für einen Neubeginn, für die Sehnsucht nach einer menschenwürdigen Welt (Stichwort: Arabischer Frühling).

In der ersten Strophe geht es um den Frühlingswind in der Natur, um das, was er mitbringt und zu versprechen scheint.

Das Lyr-Ich möchte sich dem Wind anvertrauen, sich ihm öffnen, sich von ihm davontragen lassen - wenigstens in seinen Gedanken. Es stimmt, irgendwie erbittet es Kraft und Schwung von diesem Wind, möchte sich von ihm den Weg zeigen lassen in ein Land, das es (noch) nicht gibt.
Gleichzeitig ist ihm aber auch bewusst, dass der Frühlingswind damit "überfordert" ist, dass er es nicht kann, denn er weht, wo er will.

Natürlich muss jeder seinen eigenen Weg finden und gehen, seine eigenen Kräfte und Fähigkeiten entfalten und gestalten. Jeder Mensch trägt seinen eigenen Frühling in sich.
Der Ausdruck "für immer" ist missverständlich. Auf deine Anregung hin habe ich diese beiden Wörter gestrichen. "Ewiger Frühling" könnte auch etwas Furchtbares sein.

LG w[stenvogel
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