Für alle Gedichte, die zwischenmenschliche Beziehungen behandeln - mit Ausnahme der Liebeslyrik

Steppenfuchs

Beitragvon Exe » Sa 28 Mär, 2009 19:44


Dein Gebell zu wider
stehlich auch die Gunst
die schleichend schrillt

gleich dem Marder der
die Dichtung Nacht für
Nacht in Fransen
legt und so weich

das Gold, das schwarze
unter Gullydeckel hebt
eine Trauerfliege an
zum Jungfernflug
[size=90:2gycpw5q]die welt wird umso eckiger, je mehr wir daran feilen[/size]
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Re: Steppenfuchs

Beitragvon Drehrassel » Mo 04 Mai, 2009 11:32


[quote="evilsuperbitch":18226evi]ich würde 'eine trauerfliege' zu 'die trauerfliege' ändern. liest sich dann nicht mehr holprig. [/quote]

ich find grade den hebungsprall an dieser stelle gut. somit wird der sprachfluss gestaut und das "anheben" zum flug der trauerfliege wird rhyhtmisch ohrenfällig, ja nahezu körperlich spürbar gemacht. starke stelle, so. würd ich beibehalten, anstatt es im alternierenden geplänkel untergehen zu lassen...
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
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Re: Steppenfuchs

Beitragvon Drehrassel » Mo 04 Mai, 2009 11:58


ich wollte damit nur sagen, dass die beiden zeilen in diesem enjambement durch den hebungsprall (also zwei aufeinander folgende betonungen) nicht synaphisch gestaltet werden, also nicht gefugt (heißt: keine über die versgrenze hinweg sich fortsetzende alternation)... was ich an dieser stelle gelungen finde. man ist somit gezwungen, dem wort "hebt" eine drastische atempause folgen zu lassen, was mir schon wie eine körperliche nötigung vorkommt - zudem netter gimmick! diese so exponierte hebung anzusetzen im wort "hebt" - , die sich dann endlich löst im folgenden vers, ausgerechnet im "trauerflug"... nett! keine weltliteratur jetzt, ne? klar. aber ganz nett.
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Re: Steppenfuchs

Beitragvon Exe » Do 07 Mai, 2009 01:07


Hallo esb, hallo dreh,

vielen Dank für Euren kleinen, analytischen Exkurs. Auch ich mag die Stauung recht gerne und möchte sie beibehalten. (@dreh: *lach* keine Sorge, so leicht verliere ich nicht die Bodenhaftung).

@esb: Du hast zielsicher die schwächste Stelle enttarnt. Dem unter fehlt ein m - und auch wieder nicht. Ich entschied mich dagegen, weil ich inhaltlich lieber das Gold unter den Gullydeckel hebe, anstatt es dort schon angekommen sein zu lassen, was dann diese (dumme) kleine m-Diskrepanz mit der Trauerfliege zur Folge hat (argh!), für die ich zugegebenerweise noch keine Lösung fand.

Seid herzlichst gegrüßt
exe


PS: esb, danke für's Einspannen in Deine Aktion! :D Ich möchte mich gerne an der LiFo-Belebung beteiligen, bin aber die nächsten Wochen noch unter Termindruck und hoffe, dass ich danach endlich mal wieder Zeit und Inspiration zu regerem Austausch finden werde.
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Re: Steppenfuchs

Beitragvon Drehrassel » Do 07 Mai, 2009 19:55


also, wenn ich auch noch mal meinen senf dazu abgeben darf... ich fände eingentlich sogar dieses formal alogische bild:

das Gold, das schwarze
unter Gullydeckeln hebt
eine Trauerfliege an
zum Jungfernflug


recht schick. und zwar wäre das meiner meinung nach mehr als nur ein billiger kompromiss, um das syntaktisch-grammatische problem, das durch die doppelte lesart [welche du ja angestrebt zu haben scheinst, sonst hättest du ja mehr satzzeichen gesetzt, wie etwa entweder ein komma hinter "das schwarze", um nur eine möglichkeit von vielen zu nennen] entstanden ist, namentlich durch das doch anvisierte vexierspiel um das an dieser stelle handelnde subjekt, den eigentlichen agens dieser textpassage. / nein, gerade durch den plural der gullydeckel, den gleichzeitigen singular aber der trauerfliege - angezeigt durch ihren unbestimmten artikel - käme ihr, der trauerfliege, ihr eine überwirklich ort- und zeit gleichsam übersteigende präsenz, damit eine symbolkraft zu, welche wiederum in eine sehr reizvolle spannung träte zu ihrem sie sonst als so beiläufig präsentierenden unbestimmten artikel. / es wären also somit nicht nur syntaktische strukturen geöffnet für doppelte ebenen, sondern auch das bildmaterial selbst, der latente hang zur chiffre sozusagen in der funktion eines grammatisch unmöglichen ausdrucks, nämlich einer fliege unter einer mehrzahl von gullydeckeln, selbst fadenscheiniger - und! - und das ist das paradoxe dabei: plastischer gemacht... auf diese weise erführe deine sprachbehandlung für meinen geschmack einen deutlichen zug ins gewollte vehemente, stark stilisierte. was mir persönlich gefiele. /

kannst du mir folgen, exe?

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