Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

im steigen begriffen

Beitragvon Perry » Di 06 Jul, 2010 13:31


vierzehn stockwerke, spiegelnd verglast und du bist allein
in der chromverschalten kabine. noch einmal durchatmen,
bevor der knopf gedrückt, die seile stoßgedämpft anrucken.
der blick hängt an der leuchtanzeige, entspannt sich erst,
als es aufwärts geht. kellergeschosse beklemmen dich,
du kennst das gewicht von beton in seiner kantigen höhe.
mit leichtem ziehen im magen, der schwerkraft entfliehend,
geht es nach oben, vom schacht geführt wie eine rakete.
einmal die erde von oben sehen, hochhäuser degradiert
zu statistiksäulen, die gegen unerheblich tendieren.
vom einsetzen der bremsdüsen wachgerüttelt, suchst du
halt an der wand, während dein gehirn noch weiter steigt,
bis es sanft an die schädeldecke stößt, die türen sich
pagenlächelnd öffnen, dein schwankendes ich ausspeien.

bevor du die treppe nach unten nimmst, ein letzter rundblick.
bist froh, dass deine bewerbung abgelehnt worden ist.



1. Fassung:

im steigen begriffen

d verglast und du bist allein
in der chromverschalten kabine. noch einmal durchatmen,
bevor der knopf gedrückt, die seile stoßgedämpft anrucken.
der zuckende blick zur leuchtanzeige entspannt sich erst,
als es aufwärts geht. kellergeschosse beklemmen dich,
du kennst das gewicht von beton in seiner kantigen höhe.
mit leichtem ziehen im magen, der schwerkraft entfliehend,
geht es nach oben, vom schacht geführt wie eine rakete.
einmal die erde von oben sehen, hochhäuser degradiert
zu statistiksäulen, die gegen unerheblich tendieren.
vom einsetzen der bremsdüsen wachgerüttelt, suchst du
halt an der wand, während dein gehirn noch weiter steigt,
bis es sanft an die schädeldecke stößt, die türen sich
pagenlächelnd öffnen, um dich schwankend auszuspeien.
für den weg nach unten nimmst du die treppe.
Perry
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Re: im steigen begriffen

Beitragvon violett » Di 06 Jul, 2010 17:22


Hallo Perry,

das ist mal wieder so ein Text, bei dem ich mich frage, ob es das pure Einfügen von Zeilenumbrüchen ist, das die Lyrik von der Epik unterscheidet. Also eigentlich hättest du auch Fließtext schreiben können und für mich würden weder Bedeutungen noch Bilder verschwinden. Vielleicht, weil sie auch vorher schon fehlten, also im Prinzip jetzt gerade. Da fährt wer mit dem Fahrstuhl nach oben und findet das ganze etwas beklemmend, naja, kenn ich auch, ist aber weder als Sache an sich interessant, noch ist es deine Wortwahl. Und die Erkenntnis auf dem Weg nach unten die Treppe zu nehmen kommt mir irgendwie auch zu pseudo daher und rechtfertigt die Existenz des Textes nicht.

lg
vi
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Re: im steigen begriffen

Beitragvon Perry » Di 06 Jul, 2010 23:04


Hallo Violett,
das nennt man wohl einen misslungenen Einstand, oder was soll ich von so einem Kommentar halten, den man getrost als "Lyrikkiller"" bezeichnen kann.
Wer so an einen Text rangeht, hat entweder keine Ahnung oder er will einfach nur polemisieren.
Du wirst verstehen, dass ich auf dieser Ebene keine Lust habe mich mit dir auszutauschen.
Also versuchs nochmal etwas konstruktiver oder verschone mich solchen Platitüden.
LG
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Re: im steigen begriffen

Beitragvon violett » Mi 07 Jul, 2010 16:04


Oh ja, ich glaube ich war ein böses Mädchen, dass ich deinen Text ohne jegliche professionell anmutende Rechtfertigung einfach so gedisst habe. Da frag ich mich doch fast, was gewesen wäre wenn – aber so weit will ich mal gar nicht gehen.
Literarisch bin ich leider etwas ungebildet, aber weißt du, meine Eltern haben mir als Kind nie ein Gedichtband geschenkt, immer nur so komische volkstümliche Liederbücher, und an die guten Sachen kam ich leider nicht ran, die standen immer ganz oben im Regal. So etwas prägt ungemein.
Aber ich reiß mich jetzt mal am Schlüppergummi, bis es weh tut, und analysiere mal den Grund (oder sind es gar mehrere?) für mein Nichtgefallen.

vierzehn stockwerke, spiegelnd verglast und du bist allein

Okay, die Anzahl der Stockwerke ist schon relativ ausreichend, spiegelnd verglast ist auch nett und Alleinsein ja sowieso, es könnte also auch spannend werden, wenn ich mir jetzt wirklich 14 Spiegelstockwerke vorstelle, aus denen das LI nicht herausfindet und sich dem Wahnsinn hingibt.

in der chromverschalten kabine. noch einmal durchatmen,
bevor der knopf gedrückt, die seile stoßgedämpft anrucken.

Und ab da ist der Zauber schon vorbei, denn jetzt holt mich eine Beschreibung ein, die bei mir ohne Umschweife dazu führt, dass ich damit einen langweiligen Fahrstuhl assoziiere. Klinisch rein, ohne Aufkleber von ungemein wichtigen Organisationen, oder vielleicht einer kurios anmutenden Beschränkung von 20 Personen auf 2m².

der zuckende blick zur leuchtanzeige entspannt sich erst,

Hm, wie stell ich mir jetzt einen angespannten zuckenden Blick vor... ich gebe zu, dass fällt mir in der ganzen Fahrstuhlumgebung ziemlich schwer. Eigentlich starrt man doch eher auf die Anzeige, dachte ich.

als es aufwärts geht. kellergeschosse beklemmen dich,
du kennst das gewicht von beton in seiner kantigen höhe.
mit leichtem ziehen im magen, der schwerkraft entfliehend,
geht es nach oben, vom schacht geführt wie eine rakete.

Naja, das sind eben Beschreibungen, die mir leider nix geben.

einmal die erde von oben sehen, hochhäuser degradiert
zu statistiksäulen, die gegen unerheblich tendieren.

Auweia, da hast du mich, Hochhäuser degradiert zu Statistiksäulen ist durchaus nett.

...
für den weg nach unten nimmst du die treppe.

Warum? Ist ja nicht einmal irgendwas passiert währenddessen, und wenn man etwas klaustrophobisch veranlagt ist, dann weiß man das doch vorher und nimmt es in Kauf, weil man zu faul ist die ganzen Stufen nach oben zu steigen. Da tendiert meine Überraschung über diesen waghalsigen Entschluss auch gegen unerheblich.

Klar gibt es sicher ganz viele Leser, die diesen Text mögen, vielleicht gerade deswegen, weil er so alltäglich ist und sich diese Gedanken und Gefühle in Jedem abspielen könnten. Aber ich mache von meinem Recht Gebrauch, nicht zu diesen Lesern zu gehören.

Und, da ich ja weiß, dass ich nur ein paar Zeilen aus deinen Texten googeln muss um seitenweise Ergebnisse zu erhalten:
Irgendwer hat irgendwo dazu geschrieben, dass 14 Stockwerke und 14 Zeilen plus Kehrtwende über die Treppe eine tolle Idee ist (also ich geb das mal sinngemäß wieder).
Ja, jetzt, wo ich mir das durchzähle, finde ich es auch nicht schlecht, aber mal ehrlich, bei deinem Output, und das ist jetzt mitnichten negativ gemeint, zähl ich doch nicht auch noch jede Zeile.... sollte ich vielleicht mal, wenn ich Zeit hab.
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Re: im steigen begriffen

Beitragvon Perry » Mi 07 Jul, 2010 23:39


Hallo Violett,
na siehst du, mit etwas guten Willen gibt es ja durchaus etwas zu dem Text zu sagen.
Du hast dich soweit ganz ordentlich durch die Realebene nach oben gekämpft und fragst dich, was soll ich da.
Hier hilft einem vermutlich nur eine übertragene Lesart weiter.
Ein Weg könnte sein die beschriebenen Gefühle auf sich wirken zu lassen.
Da ist zuerst diese hochtechnisierte Umgebung, spiegelnd, chromglänzend, stoßgedämpft, das LI bräuchte also keine Angst zun haben. Es ist auch eine eher urwüchsige Angst in die Tiefe zu fahren und von dem Beton darüber erdrückt zu werden. Sobald sich der Lift nach oben bewegt, entspannt sich das LI und seine Gedanken vollführen einen Höhenflug und es sieht die Welt als das was sie ist, eine Unerheblichkeit. Wieder zurück in der pagenlächelnden Realität entschließt sich das LI vorerst wieder die Treppe zu nehmen.
Da du in deinem erstem Komm die Form als prosaisch bezeichnet hast, will ich dir gerne meine lyrischen Ansätze erläutern.
Da wäre die verdichte Bildsprache, die eingestreuten Alliterationen und Enjambements, sowie die Möglichkeit einer übertragenen Lesart.
Zum Schluss noch etwas zu deinem etwas säuerlichen Zugeständnis, der Vergleich mit den Statistiksäulen wäre nett, kann ich nur sagen, ich bin stolz darauf. Mal sehen was du lyrisch so zu bieten hast.
LG
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Re: im steigen begriffen

Beitragvon OlafmitdemTraktor » Sa 10 Jul, 2010 10:50


Perry schreibt:
Zum Schluss noch etwas zu deinem etwas säuerlichen Zugeständnis, der Vergleich mit den Statistiksäulen wäre nett, kann ich nur sagen, ich bin stolz darauf

Vierzehn Stockwerke geht es hinauf im "Raketenschacht". Schon während der Fahrt in diese gigantische Höhe (immerhin vierzehn Stockwerke) werden die Hochhäuser zu degradierten Statistiksäulen. Die Bildsprache lädt nicht ein mitzugehen, ich mag und kann das nur konkretistisch lesen.

kellergeschosse beklemmen dich,
du kennst das gewicht von beton in seiner kantigen höhe.


Es sind die vierzehn Zeilen, die dem Leser als Last auf der Schulter liegen. Zu dick aufgetragen.
Die letzten beiden Zeilen sollen die nachträglich eingeführte Pointe darstellen, als hätte der Architekt vergessen die Nasszellen eines Neubaues zu planen und erst nach Bauende wird der Fehler offenbar, so dass man von außen im nachhinein ... du verstehst, was ich meine.


OlafmitdemTraktor.
Der Schlüssel zum Glück ist auf jeden Fall ersteinmal ein Schlüssel. (Gregor Libkowsky)
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Re: im steigen begriffen

Beitragvon Perry » Sa 10 Jul, 2010 18:20


Hallo Olaf,
hatte deine besondere Sicht der Dinge schon fast vergessen. ;)
Nun ich schreibe durchaus konkrete Vergleiche, meine übertragene Aussage liegt zwischen den Zeilen, bzw. hinter den Bildern. Ich verstehe nicht was du mit der nachträglichen Pointe meinst. Ich gebe meine Texten meist einen "Austieg", hier ist es der Abstieg vom gedanklichen Höhenflug.
LG
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