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Frühlingsspaziergang

Beitragvon schreibhexe » Mi 07 Apr, 2010 20:10


FRÜHLINGSSPAZIERGANG

Ein herrlicher Sonnentag im Mai, genau richtig, um mit meiner kleinen Tochter den Heimweg zu Fuß durch den Park anzutreten statt mit der Straßenbahn.
Die Kleine jauchzt in ihrem Kinderwagen, und ich genieße es, durchs Gras entlang der Hecken zu gehen, und nicht auf den asphaltierten Wegen. Ich schnuppere Blütenduft und den Geruch jungen Buchenlaubes. Frisch entfaltet sind die Knospen, lichtgrün und zart scheinen die Blätter gegen die Sonne. Maikäferduft..... Die Bäumchen sind klein und biegsam und leicht zu schütteln. Aber kein Maikäfer fällt ins Gras.
Die Häuser der Stadt liegen weit abseits, grün und kurz geschoren wellen sich die Parkwiesen vor uns. Bei einer Bank rasten wir. Mein Töchterchen sitzt m Gras auf meinem Mantel und rupft Gänseblümchen aus. Ich hocke mich zu ihr, wir spielen und lachen.
Den Mann habe ich kaum bemerkt. Plötzlich steht er mit seinem Schäferhund vor uns, sucht Kontakt, lobt das Kind. Eine unangenehme Gestalt, abgerissen, aufdringlich, riecht nach Schnaps. Seltsam beklommen bleibe ich einsilbig, will ihn loswerden, will meine Ruhe. Schließlich geht er. Gott sei Dank!
Auch wir wandern weiter. Der Park endet, Brachland beginnt. In diese Gegend hat mich mein Weg noch nie geführt. Aber schön ist es hier. Brombeergewirr mit unzähligen weißen Blüten besetzt, hohe Gräser noch aus dem Vorjahr, gelbe Huflattichsterne frisch durch Geröll an der Böschung gesprossen. Ein Amselmann schmettert ein Lied für seine Liebste, Kohlmeisen schlagen und in der Ferne hören wir einen Kuckuck rufen.
Der asphaltierte Weg ist längst einem steinigen Trampelpfad gewichen. Ein weites, ebenes steppenartiges Gelände voller Sonne, niedriger Sträucher und Tümpel vom letzten Regen liegt vor uns. Seitlich rechts abseits ... ich werde verrückt! Eine Schafherde! Mitten in der Stadt!
Das muss ich meiner Kleinen zeigen. Zielstrebig steuere ich darauf zu.
Wir stoßen auf einen heckenumsäumten Fahrweg. Hinter der Kurve liegt vor uns eine merkwürdige Ansammlung kleiner, einförmig gebauter, weißer Häuser: Spitzgiebel bis fast auf die Erde, ineinander verschachtelt. Adrett sieht das aus. Aber fremdartig. Ist das die Zigeunersiedlung, von der ich einmal gelesen habe? Seinerzeit waren hier für eine Gruppe Roma eigene kleine Wohnhäuser gebaut worden, damit ihnen das Sesshaftwerden leichter falle, weit draußen in sicherer Entfernung von der heimischen Bevölkerung. Die alte Angst trennt immer noch. Ich glaube, das ist die Siedlung. Nett sieht das aus. Fast romantisch.
Ein Stück weiter, verdeckt durch die Hecke, weidet die Schafherde. Das Gelände ist umzäunt mit hohem Maschendraht. Ich finde den Eingang, muss aber sachte fahren, denn es geht über holpriges Gelände.
Der Schäfer ist ein alter Mann, eine Bilderbuchgestalt: Mit langem weißen Bart, buschigen Augenbrauen, dichtem weißen Haar, von dem das wettergegerbte, runzlige Gesicht umrahmt wird. Drei Hunde umkreisen die Herde. Die Lämmer blöken. Als wir kommen, weichen die Schafe zurück. Wir stören.
Schwerfällig kommt ein Gespräch in Gang. Ich verstehe den Mann schlecht. Er ist Spanier und spricht gebrochen und undeutlich. Ja, die Schäferei ... Das wirft nicht viel ab. Er kann das auch nur zusammen mit seinem Kameraden machen. Während er die Schafe hütet, arbeitet der in der nahen Autofabrik. Später, nach Schichtende werden sie sich abwechseln. Die Siedlung da drüben? Ja, das sind Zigeuner. Pack, das zu faul ist zum Arbeiten. Und dreckig. Mit denen wolle er nichts zu tun haben.
Die Sonne strahlt nicht mehr ganz so hell.
Ich verabschiede mich. Im Südwesten wird es dunkler. Ein Gewitter droht, ich muss mich beeilen.
Zurück zur Zigeunersiedlung. Hinter einer Häuserecke, riesige Lettern an einer fleckigen Hauswand, poppig aufgemacht: Sozialzentrum. Verein katholischer Männer.
Vor mir Hundegekläff. Der Mann aus dem Park steht auf der Straße, um ihn herum tanzen zwei Schäferhunde. Einer der beiden rast pfeilgerade auf uns zu, mein Töchterchen stößt einen spitzen Angst-schrei aus. Ich versuche, das Kind zu beruhigen, der Hund spielt verrückt, rennt zurück, jagt wieder auf uns zu.
„Rufen Sie den Hund zurück!“ herrsche ich den Mann an.
„Er tut Ihnen nichts.“ kommt die Antwort. „Das ist ein guter Hund, der gehorcht aufs Wort. Komm, komm her!“
Der Hund umtanzt den Mann, umtanzt uns und wieder den Mann. Der andere Hund ist längst von einem Zigeunerjungen zurückgepfiffen worden und wird nun von ihm am Halsband festgehalten. Vor ihm sind wir sicher. Der Junge, sechzehn, siebzehn Jahre alt, ruft:
„Zeigen Sie ihn doch an! Der hat hier nichts zu suchen!“
Ich beeile mich, wegzukommen. Im Zurückschauen sehe ich, wie der Junge den Mann angreift. Ihn mit Ohrfeigen traktiert, mit Fußtritten. Der Mann schwankt, hat keine Chance. Mitleid und Zorn er-fassen mich. Doch mein Impuls einzugreifen wird durch Angst erstickt, Angst vor dem Hund und um mein Kind.
Es ist finster geworden. Dunkle Wolken überziehen den Himmel. Bald wird es regnen.
Weiter, nur weiter. Ich biege um die Ecke und – pralle zurück. Schrottplätze umgeben mich und rechts der Bahndamm. Hohe, windschief in den Angeln hängende verrostete Blechwände grenzen die Straße von ihnen ab und werden überragt von riesigen Halden zerstörter, zerquetschter, aufgerissener Autoleiber, alles Wracks vergangener Karambolagen. Gegenüber kreischt und donnert ein Güterwagen vorbei, knallen rangierte Waggons aneinander, beladen mit Tanks voll Benzin.
Links entfalten Fliederbäume ihre Pracht zwischen vergammelten Baracken. Schrebergärten unterbrechen die endlose Reihe der Autoverwertungsanlagen. Eine Orgie von Grün und Blüten steigert den Kontrast, so dass es schmerzt. Zwischen Autoskeletten hängen Wäscheleinen, stehen Wohnwagen. Und überall Hundegebell, überall Schilder mit der Aufschrift: „Vorsicht, bissiger Hund!“
Das Misstrauen gegeneinander lässt sich fast körperlich spüren. Die Ausgestoßenen stoßen sich gegenseitig aus. Neugierige Blicke verfolgen uns. Was haben wir hier zu suchen?
Ich friere. Längst habe ich das Kinderwagenverdeck aufgespannt und meinen Mantel um meine Kleine gewickelt. Wir müssen weg hier, schnell. Am Horizont das erste Wetterleuchten. Donnergrollen mischt sich in die Kakophonie des Rangierbahnhofs. Mein Kind schreit.
Zwischen zwei Schrottplätzen ein Sandweg. Kopflos folge ich ihm, er könnte ja eine Abkürzung sein, aber er endet in einer Kiesgrube und ich muss umkehren. Diesigdunkel ist es jetzt. Böen erheben sich, wirbeln auf dem Weg kleine Kreisel aus Sand auf, die Baumkronen rauschen und biegen sich bedrohlich. Erste Blitze zucken nicht mehr weit. Die Abstände zwischen Blitz und Donnergrollen werden kleiner und die Straße am Bahndamm ist noch lang.
Wir können nicht weiter, müssen nach Obdach suchen. Im Winkel einer Hütte für die Kiesgrubenarbeiter finden wir Unterstand. Gerade so viel Schutz, dass die Böen uns nichts anhaben können und wir halbwegs trocken bleiben, wenn es regnet. Ich sehe die Regenfront schon kommen und leicht fängt es an zu tröpfeln.
Wieder hocke ich mich zu meiner Kleinen, doch diesmal nicht zum Spielen, sondern um ihr etwas von ihrem Schrecken zu nehmen. Das Donnern ängstigt sie. Ich halte sie im Arm, singe ihr ein Kinderlied nach dem anderen ins Ohr und wiege sie hin und her. Dabei zittere ich vor Kälte.
Der Wolkenbruch lässt sich nun nicht mehr aufhalten. Riesige Tropfen prasseln aufs Dach, auf den Boden, schlagen kleine Krater in den Sand, der im nächsten Augenblick zu dickem Brei verschmilzt und augenblicklich in kleinen Rinnsalen, dann Bächen den leicht abschüssigen Weg hinunter gespült wird.
Den Kinderwagen habe ich ganz dicht zu mir mit dem Rücken zum Wetter gestellt. Eine kleine Trutzburg. Was jetzt wohl der Schäfer mit seiner Herde macht? Einen Unterstand hatte ich bei ihm nicht gesehen.
Die Regenstreifen stehen schräg im Wind, vom noch warmen Boden dampft es neblig. Ein würziger, erdiger Geruch steigt auf. Der Himmel ist jetzt schwefelgelb geworden, keine Wolken mehr zu unterscheiden, und im Westen scheint es heller zu werden. Erinnerungen steigen auf, während es so prasselt und der Regensturm Blätter und Blüten von den Zweigen fetzt. Wie ich als Kind dieses Wetter liebte. Diesen Aufruhr der Elemente. Wie ich mit Robert aus dem Struwwelpeter vom Sturm durch den Himmel getragen und in einem ganz anderen Land abgesetzt werden wollte. Wie meine Mutter sagte „Meine fliegende Roberta“ und „Es heitert sich auf zum Wolkenbruch.“ Und wie wir Kinder nach Besänftigung des Gewitters mit klatschnassen Haaren und Kleidern durch den rauschenden Sommerregen tanzten.
Auch jetzt werde ich nass, wenn auch unfreiwillig. Allmählich entfernt sich das Gewitter nach Osten, der Sturm lässt nach, der Regen verrinnt, die ersten Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken und glitzern in all den Regentropfen, die an den Zweigen, im Laub, an der Dachrinne hängen. Und tatsächlich werden wir belohnt mit dem prächtigsten doppelten Regenbogen, der je zu sehen war. Staunend sieht ihn mein Töchterchen und möchte ihn greifen. Ich verspreche ihr, dass ich sie zu ihm fahre und wir machen uns schnell auf den Weg, die lange Straße am Bahndamm entlang bis zu den ersten Hochhäusern, die wieder Leben anzeigen, wie ich es gewöhnt bin.
Den Anfang des Regenbogens haben wir nicht finden können, doch am nächsten Tag fand ich eine Notiz in der Lokalzeitung. Ein Mann mittleren Alters war tot in der Nähe des Bahndamms aufgefunden worden, ertrunken in einer Regenpfütze, in die er in alkoholisiertem Zustand wohl während des Unwetters gestürzt war. Das Gesicht war angeschwollen und wies dunkelrote Blutergüsse auf. Die Todesursache waren sie jedoch nicht. Wahrscheinlich ein Obdachloser. Sein Hund hatte die ganze Zeit bei ihm gesessen und niemanden an den Toten herankommen lassen, bis er durch einen Schuss niedergestreckt wurde.
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Re: Frühlingsspaziergang

Beitragvon Garfield » Do 08 Apr, 2010 23:20


Moin Schreibhexe,

erstmal herzlich Willkommen im LiFo! :)

Und nun zum Text:
Ehrlich gesagt hat mich der Text etwas gelangweilt. Diese vielen Beschreibungen im Vergleich zu der wenigen Handlung. Auch das Fehlen einer tatsächlichen, durchgängigen Handlung hat dazu geführt, dass es mich nicht gefesselt hat. Das ist vllt auch Geschmackssache, manche mögen ausufernde Beschreibungen ja.
Sprachlich fand ich den Text aber gelungen, souverän geschrieben.
Inhaltlich gibt er irgendwie nicht so viel her. Die Tatsache, dass sie mit Kleinkind und Kinderwagen solche Touren unternimmt halt ich für fragwürdig. Auch scheint mir das Kind etwas zu alt für einen Kinderwagen zu sein, eher im Sportwagen Alter, wo die Kinder drin sitzen und nicht liegen.
Der angedeutete Rassismus des Schäfers und die Konflikte des Penners mit dem Jungen, das sind nette Ansätze, die aber im ganzen untergehen.
Vllt solltest du den Fokus mehr auf die wichtigen Dinge legen, falls du gewisse Aussagenabsichten verfolgst. So plätschert das alles vor sich hin.

Zwei Bindestriche, vllt noch von früheren Formatierungen, solltest du noch löschen:
Zwischen Autoskeletten hängen Wä-scheleinen, stehen Wohnwagen.

Gera-de so viel Schutz


Gruß Garf
Kurz, er bewies eine Geduld, vor der die hölzern-gleichmütige Geduld des Deutschen, die ja auf dessen langsamer, träger Blutzirkulation beruht, einfach gar nichts ist.
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Re: Frühlingsspaziergang

Beitragvon schreibhexe » So 11 Apr, 2010 17:42


Vielen Dank,
lieber Garfield, für Deine sehr aussagefähige Kritik. Sie ist für mich sehr wertvoll. In anderen Foren habe ich nur begeisterte Reaktionen erhalten, die mich aber immer etwas zweifelnd zurückgelassen haben. Nun habe ich etwas Fundiertes von Dir gehört.
Danke!
PS: Ja, die Mutter hat so ausgedehnte Spaziergänge mit ihrem Töchterchen gemacht. Sie hat nicht damit gerechnet und hat sich verlaufen, was ihr aber nichts ausmachte, auch aus einer gewissen Neugierde heraus.

Vielleicht schaust Du Dir mal meine Kurzgeschichte "Gefangen im Skilift" an. Da findest Du, was Du im "Frühlingsspaziergang" vermisst hast, nämlich eine durchgehende Geschichte mit wachsener Spannung ausschließlich auf das Wesentliche bezogen.

Ich bin gespannt auf Deine Kritik!

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Re: Frühlingsspaziergang

Beitragvon Struppigel » Di 31 Aug, 2010 10:30


Hallo Schreibhexe,

mich hat die Geschichte nicht gelangweilt, im Gegenteil. Wie Garf sagte, ist das offenbar auch Geschmackssache. Die Beschreibungen sind anregend. Wenig Handlung und Ziellosigkeit passt zum Thema Spaziergang und eigentlich ist es viel mehr das Ende, das mich da stört.

Die Tatsache, dass sie mit Kleinkind und Kinderwagen solche Touren unternimmt halt ich für fragwürdig. Auch scheint mir das Kind etwas zu alt für einen Kinderwagen zu sein, eher im Sportwagen Alter, wo die Kinder drin sitzen und nicht liegen.

Sehe ich ebenso.

die Konflikte des Penners mit dem Jungen, das sind nette Ansätze, die aber im ganzen untergehen.

Genau deshalb stört mich das Ende. Es passt für mich nicht zur Geschichte. Angedeuteter Rassismus - in Ordnung. Aber tatsächliche Gewalt und sogar ein Toter? Die Geschichte braucht diese Dramatik nicht. Sie hat das Potential, viel subtiler zu agieren. Aber wenn man so stark pfeffert, ist die gekonnte Brise Salz nicht mehr zu schmecken.
Ich nehme an, dass das der gleiche Punkt ist, der zu Garfs Kritik geführt hat. Du hast einen Text erschaffen, der weder Fisch noch Fleisch ist. Darum wird der Fokus nicht klar. Garf will ihn nur gern in der anderen Richtung sehen und die dramatischen Momente, die Geschichte um den unangenehmen Obdachlosen ausgebaut wissen, während ich mich auf die gelungene Beschreibung des Spaziergangs an sich konzentrieren möchte. Es liegt an Dir zu beurteilen, was Dir wichtig ist.

Maikäferduft.....

Auslassungspunkte sind diese hier: …

Den Mann habe ich kaum bemerkt. Plötzlich steht er mit seinem Schäferhund vor uns, sucht Kontakt, lobt das Kind. Eine unangenehme Gestalt, abgerissen, aufdringlich, riecht nach Schnaps.

Der Mann lässt sich noch besser beschreiben. "unangenehm" ist zu oberflächlich. Versuchs hier mit dem Prinzip "Show, don't tell". Beschreibe das, was unangenehm ist, anstatt ihn als unangenehm zu beschreiben. Auch das "aufdringlich" lässt sich doch prima durch eine Beschreibung der Situation selbst darstellen.
"sucht Kontakt, lobt das Kind"– was genau sagt er?

„Rufen Sie den Hund zurück!“ Komma herrsche ich den Mann an.
„Er tut Ihnen nichts. kein PunktKomma kommt die Antwort.

Schau Dir noch mal die Rechtschreib-Regeln zur direkten Rede an.

Angst-schrei
er-fassen

Hier hast Du offenbar manuell Trennstriche eingefügt, die nach dem Kopieren natürlich nicht mehr passen. Besser weglassen und Word automatisch machen lassen.

Hohe, windschief in den Angeln hängende Komma verrostete Blechwände


Der Wolkenbruch lässt sich nun nicht mehr aufhalten. Riesige Tropfen prasseln aufs Dach, auf den Boden, schlagen kleine Krater in den Sand, der im nächsten Augenblick zu dickem Brei verschmilzt und augenblicklich in kleinen Rinnsalen, dann Bächen den leicht abschüssigen Weg hinunter gespült wird.

Ein Beispiel, das ich hervorheben möchte, weil ich die Beschreibung wirklich für gelungen halte. Da macht es Spaß zu lesen.
Auch, dass Du verschiedene Sinne einbeziehst, macht die Sache rund:
Die Regenstreifen stehen schräg im Wind, vom noch warmen Boden dampft es neblig. Ein würziger, erdiger Geruch steigt auf. Der Himmel ist jetzt schwefelgelb geworden, keine Wolken mehr zu unterscheiden, und im Westen scheint es heller zu werden.

Schwefelgelb passt in dem Zusammenhang sehr gut. Gerade war man beim erdigen Geruch und dann folgt diese Assoziation zu Schwefel, mit der man auch Geruch verbindet.

Viele Grüße
Struppi
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Re: Frühlingsspaziergang

Beitragvon schreibhexe » Di 31 Aug, 2010 11:16


Liebe(r) Struppigel,

danke für Deine Kritik, vor allem die Kritik an den Interpunktionsfehlern. Da muss ich tatsächlich noch einmal nachlesen.

Dass ich den Obdachlosen so oberflächlich beschrieben habe, liegt daran, dass die Mutter sich aus instinktiver Ablehnung gar nicht mit dem Mann befassen wollte. Ich habe eher das Gefühl der Mutter beschrieben als die Ausstrahlung des Mannes. Sie hätte sich dann auf ihn einlassen müssen, was Weiterungen nach sich gezogen hätte, was sie keinesfalls wollte. Ganz im Gegensatz zum Schäfer. Für den interessiert sich die Frau, wird allerdings enttäuscht.

Den Kinderwagen habe ich inzwischen zum "Buggy" gemacht.

Was spricht dagegen, dem Spatziergang eine dramatische Wende zu geben außerhalb des eigenen Erlebens? Latent hat sich die Dramatik ja schon beim Spatziergang angebahnt, nur was daraus werden wird, weiß die Erzählerin nicht. Sie erfährt das am nächsten Tag aus der Zeitung. Ich finde das durchaus stimmig.

Dass Dir die Beschreibung des Gewitters so gut gefällt, freut mich sehr. Wie findest Du den Übergang zu eigenen Kindheitserinnerungen in diesem Zusammenhang?

LG
Schreibhexe
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Re: Frühlingsspaziergang

Beitragvon Struppigel » Di 31 Aug, 2010 11:53


Was spricht dagegen, dem Spatziergang eine dramatische Wende zu geben außerhalb des eigenen Erlebens? Latent hat sich die Dramatik ja schon beim Spatziergang angebahnt, nur was daraus werden wird, weiß die Erzählerin nicht. Sie erfährt das am nächsten Tag aus der Zeitung. Ich finde das durchaus stimmig.

Ich versuche es noch mal anders zu erklären (zugegeben fällt es mir etwas schwer, das richtig auszudrücken).

Es gibt Geschichten, die leben nur von Sensationen. Da muss es Tote geben, da muss Gewalt herrschen. Alles unterhalb dieses Sensations-Levels reißt dann auch keinen vom Hocker.

Es gibt andere Geschichten, die arbeiten vornehmlich subtil. Es passieren keine Sensationen, sondern die "Dramatik" entsteht schon über kleine Dinge: ein Gewitter, eine bedrückende Stimmung, deren Ursache nicht deutlich benannt wird, der Verlust eines Gegenstands …

Beide sprechen unterschiedliche Lesarten und Leser an. Du hast es jedoch auf unglückliche Weise vermischt. Warum unglücklich? Du siehst es bei Garf. Der will mehr Action, ihn langweilen die seichten Szenen zwischendurch.
Die subtileren Szenen kommen nicht zur Geltung, weil Du sie mit sehr groben Szenen mischst. Das meinte ich mit dem zu stark Pfeffern. Das Gewitter und der hübsche Regenbogen seind neben einem Mann, der verprügelt wird und am Ende stirbt, nicht mehr aufregend genug, geradzu belanglos geworden. Die Wirkung verpufft.

Ich denke, Du verschenkst hier Potential.
Wie findest Du den Übergang zu eigenen Kindheitserinnerungen in diesem Zusammenhang?

Da gibt es nichts zu meckern.

Grüße
Struppi
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