Welche Prosa gedeiht am besten?

Umfrage endete am Mi 13 Jul, 2011 22:08

Liebes Tagebuch,
2
20%
Voll die Dramatik
2
20%
variation in c-dur
2
20%
Ich rieche Dich.
2
20%
ohne Titel
2
20%
 
Abstimmungen insgesamt : 10

Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon rivus » Do 14 Jul, 2011 23:39


hi esb, nochmal: p.s.:

nun gut. ich lasse revue passieren. mir gingen beim titel viele assoziationen durch den nüschel, so die sehr intellektuellen beethovenschen bemühungen um ein einfaches thema, seine unzähligen variationen in c-dur u. schlußendlich kam mir auch der alte nietzsche in den sinn, ohne musik wäre das leben ein irrtum.

in diesem sinne las ich deine variation in c-dur und hörte nur irrtümliches. die verkettung dieser tümlichkeiten führte am ende in meiner leseweise zur auflösung der c-dur. der automatische schlüsselreiz für eine textflucht in variationen wurde für mich gekonnt in den anfangssatz gesetzt. mit der enttäuschten affinität zur erwarteten musik wird der text ohne reibungsverluste vorangetrieben zu einem außerordentlichen stufenlosen treppensturz für eine metaphantasierte gudrun. ihre krux, ihre verwundbare affinität zum c-dur-kokon, die sie möglicherweise in der kellerphantasie eines intriganten pseudoprotagonisten führt und vervariiert, weil sie ihren sehnsinnen nachgab. am ende offenbart sie sich mit und nach ihrem muttermal. das muttermal symbiotisiert sich nun mit dem nicht entblößten, so sichtbaren irr-c-dur-gang, um sich am ende selbst, als variation einer phantasie, aufzulösen. was für mich bleibt, ist das muttermal. es scheint mir das muttermal eines antagonisten zu sein, der so attributierte schuld, in einer ganz andren variation von c-dur, ja, in ihrer eigenen aufhebung, mit hilfe von "gudrun", abzutragen versucht.

grüße, der rivus
Zuletzt geändert von rivus am Fr 15 Jul, 2011 00:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon struktur-los » So 17 Jul, 2011 12:02


... lustig ... Stimmenanzahl durchweg homogen. :D

Danke für eure Kommentare. Ich find' s nach wie vor sehr schwer, Prosa in so kurzer Zeit zu verfassen, aber irgendwie auch spannend. Es bleibt einfach keine Zeit, das Ganze hinterher nochmal zu überdenken bzw. zu überarbeiten. Und irgendwie finde ich das gut. Die Worte werden spontaner formuliert - Assoziationen nicht weiter hinterfragt - es kommt, wie' s kommt. :D

Der letzte gefällt mir sehr gut, fast hätte ich den gewählt, phantasievoll, unaufgeregt, gedankenreich. Eine gelungene poetische Betrachtung, die auf den letzten Metern leider derart kippte, dass ich den Text doch nicht wählen konnte. Schade.

@ cube: Vielen Dank für' s Kommentieren. Warum kippte er deiner Meinung nach?
"ohne Titel" haut mich auch nicht von den Socken. Aber immerhin läd er durch seinen Ernst dazu ein, sich mit ihm zu beschäftigen. Es gibt einen Willen zur Gestaltung, Motive, die ineinandergreifen. Ärgerlich ist wirlich das "Nirgendwo". Einfacher Anschluss hätte genügt. "Ein Saxophonist trägt mich sanft ins Zerflißen, ich fließe zu dir"

@ Anti: Auch Danke für deine Worte. Musste erstmal drüber nachdenken, warum ich dieses "Nirgendwo" einsetzte. Zu allererst fand ich deinen Einwand mehr als berechtigt, doch, um so mehr ich mich wieder in dieses Bild legte, umso offensichtlicher wurde mir dieser "Ort". Wenn du den ersten Satz der Geschichte liest, dann verstehst du vll., warum ich es so beschrieb.
Etwas viel "alles". Das mit dem Feuer, das man hat, aber nicht dabei, das ist zu albern bzw.sehr arschlochmäßig,was sind wir doch luschtich - vom Ton her passt das nicht. Wieso der Wechsel von "Ein Mann" -> "Der Alte", wenn vom Alter nichts angedeutet wurde? Ansonsten ganz okay, vor allem, weil auf Reißerisches verzichtet wird.


@ esb: Danke dir! Zu viel "alles" - ja, mag sein.

Zum "Mann" und "der Alte" - wollte nicht zweimal "Mann" schreiben, zudem, warum nicht eine Altersaussage treffen?
sehr arschlochmäßig
... gefällt mir... bin ich nicht gewohnt zu hören bzw. zu lesen. Man lernt sich doch immer wieder neu kennen. ;)

---------

@ Old Gil: Deine Geschichte hat mich am stärksten in ihren Bann gezogen. Stell' sie doch mal zum Kommentieren ins Forum. :)

Liebe Grüße
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Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon cube » So 17 Jul, 2011 12:44


"Willkommen" steht an der Tür. Nun gut. Ich trete ein. Ein Saxophonist trägt mich sanft nach Nirgendwo. Ich zerfließe, fließe zu dir - und du nimmst meine Hand und bestellst mit meiner Stimme einen "Sommernachtstraum".


Nach dem Willkommen lese ich, wie der Text in wenigen Sätzen zu einer naiven Idealvorstellung wird. Das ist meine Sache nicht :) PS: wenn das nicht gewesen wäre, hätt ich ihn gewählt, das Davor ist auf jeden Fall sehr gut.
Zuletzt geändert von cube am So 17 Jul, 2011 14:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon struktur-los » So 17 Jul, 2011 22:04


Danke cube! :)

Nach dem Willkommen lese ich, wie der Text in wenigen Sätzen zu einer naiven Idealvorstellung wird.


... Ich glaube daran, dass Naivität ein gutes Mittel ist, um über seinen Schatten zu springen und seinen Bedürfnissen einen Gefallen zu tun. Es ist nicht abwegig, zu zerfließen - Energie fließt - in unterschiedlichster Form. Ich gebe zu, es ist ein Idealbild, das in meinen Augen sehr schlüssig und wünschenswert ist... und genau dazu ist Literatur ja u. a. auch da, um "Fantasie" und "Realität" eins werden zu lassen, sich in andere, neue, tiefere Gefilde zu begeben - den Weg fürs Unterbewusstsein frei-zu-räumen - sich darin zu erkennen und daran zu wachsen.

Aber ok - ist nicht dein Ding. Das akzeptiere ich.

Liebe Grüße
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Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon cube » So 17 Jul, 2011 22:18


finde es auch nicht abwegig, von Fließen oder gar Zerfließen zu schreiben; aber in diesem Text hätte ich eine konsequente Fortschreibung besser gefunden. Natürlich ist das subjektiv, freut mich, dass dus nicht persönlich nimmst. Unabhängig von literarischer Verarbeitung halte ich eine gewisse Naivität für wichtig, um die Schönheit der Welt sehen zu können. :)
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Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon struktur-los » So 17 Jul, 2011 22:48


... Das haste schön gesagt ... :) ... Ok, ich dank' dir!
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Re: Wettbewerbstexte vom 6.Juli 2011

Beitragvon Old Gil » Di 19 Jul, 2011 00:37


Ein bisschen spät bin ich hier, aber bei meinem Job als Bäcker bleibt manchmal einfach nicht viel übrig, für das meiste andere ;)
Was mir allgemein aufgefallen ist: 45 Minuten (für mich ist das wenig) schreiben ist eine verdammt tolle Sache. Ich schreibe sehr gerne, versuche auch "gut" zu schreiben, nur immer seltener mit den Gedanken bei einem wirklichen Publikum; eher für mich. Und, ich weiß nicht mehr wer, aber es war jemand hier aus dem Forum, der hat sinngemäß gesagt:
[quote="irgendwer aus dem Forum"]Mit Texten im stillen Kämmerlein ist das wie mit Krokodilen in einem engen Glaskasten - irgendwann werden sie viereckig.[/quote]
Mein Text kommt mir ziemlich viereckig vor, fast eher wie etwas, das ich als einen persönlichen Tagebucheintrag verfassen würde. Weiter: Das Thema ist eher mittelmäßig gut eingepasst, schätze ich, wobei wahrscheinlich besser als ich zunächst dachte… Der Text hat im Übrigen keinen Titel, aber indem der erste Satz so abgetrennt da steht ergibt sich diese schicke optische Untergliederung, fast wie ein klassischer Fünfakter, das gefällt mir jetzt irgendwie. Dass er mindestens zwei Leuten richtig zugesagt hat, freut mich jedenfalls :)
"Das ist ein sehr schlechter Satz. The Human Centipede?" - :eek: Wowowowow… wtf, das war bestimmt nicht meine Intention, und ich weiß auch nicht woher die Assoziation mit The Human Centipede kommt. Im Nachhiein ist sie vielleicht gar nicht so weit hergeholt - ein Versuch, maximale Nähe zu erreichen (im einen Fall auf gesellschaftlich tolerierte, im anderen auf gesellschaftliche nicht tolerierte Art und Weise), der natürlich scheitert. Ich finde die Assoziation also ziemlich geil. (Aneinander Drücken - sehe da nicht das Problem, da man sich das nicht nur vorstellen sondern auch recht einfach praktizieren kann, wenn man jemanden ganz einfach umarmt.)
"Einschübe wie "Löffelchen" bitte unterlassen.", Yo, sorry. Also eigentlich… hm… also. Hm, wahrscheinlich hast du recht.
American Psycho, leider nie gesehen, aber mein Protagonist soll auch nicht gruselig wirken, vielleicht wirklich eher debil, so gesehen: Ziel erreicht. Ich sollte das aber auch tatsächlich wie meine Intention wirken lassen, würde es im Nachhinein anders schreiben, wenn es wie ein Fehler wirkt.
Und jetzt mein Sorgenkind: Das Staccato. Ich weiß nicht, ich bin so verwirrt - werden durch Kommata getrennte Sätze wirklich länger? Ich meine: Ich persönlich mache beim Lesen immer eine kurze Pause, wenn ich an einen Punkt komme. Bei Kommata husche ich hingegen weiter. Ich werde bald mal einen Thread aufmachen, einfach um mich zu erkundigen, ob Kommata wirklich den Lesefluss stärker verlangsamen als Punkte, bin mir da tatsächlich unsicher.
"unumgänglich"!? - Ja, unumgänglich, Gott sei Dank.

Jetzt Kommentare zu zwei Texten / Textstellen, zu denen mir Ad Hoc etwas eingefallen ist:

cube, deinen Text hätte ich nach dem ersten Satz eindeutig ruelfig zugeordnet. Nun gut.
"Gibt auch nichts besseres, als sich den Dummheiten hinzugeben, ist doch unsere entgrenzte Existenz ein einziger seifiger Untergrund mittlerweile, da geben klischierte Vorstellungen Halt. Kann da nichts schlechtes dran sehen, vielleicht ist das mein blinder Punkt: Ich."
Wohl der zentrale Satz des Textes. Verstehe ich nicht wirklich, irgendwie Existentialismus, gefällt mir auf der einen Seite, auf der anderen vielleicht etwas blatant und mit schlecht verwischten Spuren: Der Protagonist klingt hier sehr bewusst, weiß nicht, aber ein schulabschlussloser Stricher wird sich kaum solcherlei Gedanken über so flachtiefe Fragen nach seiner Existenz machen, das hätte man gerne, aber es ist ziemlich unwahrscheinlich. Ich schiebe das, was mir nicht gefällt an dieser Stelle mal auf die kurze Zeit, und das, was mir gefällt, auf dein Können - muss gerade an Peaches und "Fuck the Pain Away" denken, ist aber eine gute Assoziation, imo.

esb,die meisten Sachen von dir sind mir zu schwierig. Auch hier: Die Thematik nicht ganz leicht zu fassen, für meine Verhältnisse, aber ein Text, der unheimlich viele Assoziationen aus mir rauszerrt. "Man hat sie nie gefunden." - Eine Schwachstelle des Textes? Ich weiß nicht so ganz. Wahrscheinlich ja, aber ich muss dazu sagen (rein subjektiv): Du hast so eine ganz eigene Art, zu schreiben, die einige Wort…arten, vor allem die "großen" Worte (alles, nichts, nie, Welt, Zeit, bleiben, etc.) vermeidet, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das gut ist. Der Versuch, *irgendetwas* schriftlich zu transzendieren kann nicht durch diese Worte gelingen, in diesem Fall durch das Wort "nie" - und doch muss ich sagen, dass dieser letzte Satz rein strukturell notwendig ist, um diese Kürzestprosa zu einem runden Ding zu machen. Sorry, ich bleibe hier sehr vage, aber es ist auch spät, für meine Verhältnisse. Ich hätte beinahe für deinen Text gestimmt, aber du hast es mir versaut, mit deiner Selbstkritik, denn ja: So ein kurzer Text darf eigentlich keine schon auf den 2. Blick erkennbare "Makel" haben, da muss jedes Wort seine Berechtigung haben. Vielleicht sind so kurze Sachen deshalb auch für diese Art Wettbewerb nicht besonders geeignet, auch, wenn man es meinen müsste, denn so etwas hier auszufeilen braucht einfach lange, lange Zeit. Trotzdem einer meiner Favoriten.

[quote="IsaG"]ja old gil ist mein held.[/quote] :D

grüße,
gil
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