Beschreibung von Natur und Umwelt

Die Erfindung der Liebe

Beitragvon Janus Winter » Mo 02 Nov, 2015 02:55


In meinen schlimmsten Zeiten, und davon gab es weißgott genug, hat mich der Film gerettet. Kein Buch oder sonstwelche Ablenkungsmanöver. Der Film hat mich herausgeschoben - aus einer Welt, die ich zuweilen nicht ertragen konnte.

Meine erste verblüffende Erfahrung dieser Art hatte ich einen Tag vor Schulbeginn. Ich war zwölf, dreizehn und sah JENSEITS DER STILLE. Und über die Angst vor dem nächsten Tag legte sich eine Schicht aus Schnee, ein behaglicher Mantel, der mich groß fühlen ließ und gleichgültig gegenüber der Einsamkeit unter meinen Klassenkameraden, die Freundschaften pflegten, an denen ich nur zum Schein interessiert war. Ich brauchte meine Klassenkameraden nur, um Dinge zu erledigen. Tischtennis spielen, Zeit außerhalb der vier Wände rumzukriegen, Teil von irgendwas zu sein, das größer war als ich selbst, mich normal zu fühlen. Denn es war ja normal, Teil von irgendwas zu sein. Alle waren Teil von irgendwas. Ich ja auch, zumindest bis zu einem gewissen Alter, wo sich alles eher zufällig ergab. Man kam in eine Klasse, da waren Gleichaltrige und es war dann halt so, dass man Zeit miteinander verbrachte, ohne darüber nachzudenken, warum man das tat. Je länger und vertrauter ich mit Jemandem war, um so angenehmer war für mich der Kontakt. Aber schon recht früh wurde dieses gute Gefühl getrübt von allem, was als Fremdes in das vertraute, eroberte Terrain hineinplumpste wie ein fauler Apfel auf eine schöne aufgeräumte Wiese.
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Re: Die Erfindung der Liebe

Beitragvon rivus » Mi 04 Nov, 2015 13:23


hallo janus,
einsamkeit sattelt mitunter die phantasiepferde. sie können auch dazu beitragen etwas zu erfinden, um einem ein gefühl näher zu bringen, das einem das gleichzeitig ausbrechende wie einbrechende ausseitige erklärt, was sich im extremfall wenigstens in filmen spiegeln und inszenieren konnte: im alltag verstört es eher die ebene des vertrauten umgangs mit einem du. die angst vor einem gefühl für ein du, das über die grenze der freundschaft hinausgeht, kann vom ich nicht wirklich assimiliert werden. es bleibt etwas fremdes, sogar faules, etwas, was in einem nur zum schein aufgeräumten selbst nicht dazugehören kann, weil womöglich die unbewusst abgewehrte identifikation mit einem verletzbaren ich in gefahr gerät entlarvt zu werden? die erfindung der liebe bleibt die option, wenn sich ein ich nicht traut, sich einem du unaufgeräumter und mit narben zu öffnen. aber wird die sehnsucht nach einem zustand der liebe über das pragmatisch erzählte und statisch wirkende im ich fuß fassen? und was wird es auslösen, wenn die kraft und die lebendigkeit der phantasie nachlässt? reicht es aus, liebe zu erfinden?


es grüßt
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Re: Die Erfindung der Liebe

Beitragvon Janus Winter » Mi 04 Nov, 2015 17:58


Puh. Das muss ich erst einmal zerteilen und verdauen. Moment...
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